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Die Europäische Kommission hat am 7. 12. 2011 einen ersten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Regulierung von europäischen Managern von Venture Capital Fonds veröffentlicht. Der Vorschlag soll als lex specialis der jüngst verabschiedeten AIFM-RL gelten und EU-Manager von Venture Capital Fonds erfassen, die den Schwellenwert von 500 Mio. € zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vorschlags nicht überschreiten. Es ist ein Vorschlag zur Einführung eines optionalen aufsichtsrechtlichen Regelwerks für Manager von Venture Capital Fonds (unterhalb des Schwellenwertes), die bestimmte Anforderungen erfüllen und im Gegenzug in den Nutzen eines europäischen Vertriebspasses kommen. Der europäische Vertriebspass ermöglicht es, den Fonds in anderen Mitgliedstaaten zu vermarkten und dort institutionelle Investoren anzusprechen, ohne lokale Prospektregistrierungs- oder sonstige Erlaubnispflichten in dem anderen Mitgliedstaat zu erfüllen. Manager dieser Fonds, die als „EU Risikokapitalfonds“ firmieren, unterliegen damit einer Aufsicht in ihrem Heimatstaat, die allerdings nicht so hohe Anforderungen stellt wie die AIFM-RL, welche am 21. 7. 2011 in Kraft getreten und bis zum 22. 7. 2013 in nationales Recht umzusetzen ist. Die Kommission reagiert damit u. a. auf die Kritik der Branche an dem „one size fits all“-Ansatz der AIFM-RL. Die Branche fürchtet, dass infolge der Umsetzung der AIFM-RL und der dadurch geschaffenen neuen Maßstäbe institutionelle Investoren nicht mehr in unregulierte Fondsstrukturen investieren werden. Der in der AIFM-RL vorgesehene Opt-in für kleine Manager läuft aber in der Praxis leer, da die Richtlinie gleiche Anforderungen für alle setzt, unabhängig von der Größe und Investmentstrategie der Fonds.
Die Europäische Kommission weist in ihren Erläuterungen darauf hin, dass ein einheitliches Regelwerk – basierend auf einer einheitlichen Definition von Venture Capital – nicht nur das grenzüberschreitende Fund Raising erleichtern, sondern auch wichtige Impulse für die Entwicklung anderer Bereiche geben kann. Sehr erfreulich ist insbesondere der Hinweis, dass die Europäische Kommission die Auswirkungen überprüfen wird, die die vorgeschlagene Verordnung auf die Kapitaladäquanzanforderung gem. Solvency II und Basel III mit Bezug auf Investment in Venture Capital haben kann. Solvency II und Basel III stellen eine der größten Herausforderungen für die Private Equity- und Venture Capital-Branche dar. Es steht zu befürchten, dass diese Richtlinien ein Erliegen der Anlagetätigkeit aller mittelgroßen und kleineren institutionellen europäischen Investoren für das Private Equity- und Venture Capital-Segment zur Folge haben werden. Nur große Versicherungsunternehmen und institutionelle Investoren aus Drittstaaten werden demnach noch in Private Equity/Venture Capital investieren können. Dies könnte dramatische Konsequenzen für dieses Segment haben. Eine Regulierung auf Fonds-/Managerseite, die zur Folge hat, dass die Regulierung auf Investorenseite angepasst wird, ist daher sehr zu begrüßen. Darüber hinaus hofft die EU-Kommission, dass ein EU-einheitlicher Begriff von Venture Capital Fonds (EU-Risikokapitalfonds) ein guter Ausgangspunkt sein wird, um an einer Lösung der derzeit in den Mitgliedstaaten bestehenden Steuerproblemen zu arbeiten.
Um als europäischer Risikokapitalfonds zu qualifizieren, muss der Manager des Venture Capital Fonds sicherstellen, dass wenigstens 70% des nicht abgerufenen und investierten Zeichnungskapitals in „Venture Capital“-Investments investiert werden. Hierzu gehören nach der Verordnung nur Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Instrumente, die von „qualifizierenden Venture Capital-Portfoliogesellschaften“ ausgegeben werden. „Qualifizierende Venture Capital-Portfoliogesellschaften“ sind Gesellschaften, die nicht an einem regulierten Markt notiert sind, weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und entweder einen jährlichen Umsatz von 50 Mio. € oder eine Bilanzsumme von 43 Mio. € nicht übersteigen. Fonds können selbst keine qualifizierenden Venture Capital-Portfoliogesellschaften sein, womit Dachfonds leider ausgeschlossen sind, obwohl auch sie eine wichtige Finanzierungsquelle für Venture Capital-Segment ausmachen. Fremdfinanzierungen sind nicht gestattet. Als Investoren kommen nur professionelle Investoren i. S. der MiFID in Betracht sowie sonstige wohlhabende Privatpersonen, die Investitionszusagen von mindestens 100.000 € eingehen und in der Lage sind, ihre Anlageentscheidungen unter Berücksichtigung der damit verbundenen Risiken sachgerecht zu beurteilen.
Die Initiative der Europäischen Kommission ist sehr zu begrüßen. Venture Capital Fonds sind sehr stark von ausländischen Investoren abhängig. Grenzüberschreitendes Marketing gehört daher zum täglichen Geschäft. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Platzierung von geschlossenen Fonds in den einzelnen Mitgliedstaaten stellen aber in der Praxis eine große Herausforderung dar. In einigen Mitgliedstaaten ist ein aktives Ansprechen selbst von institutionellen Investoren ohne ein aufwendiges und kostspieliges Prospektzulassungsverfahren nicht einmal erlaubt. In anderen befindet sich der Fondssponsor, der institutionelle Investoren anspricht, ständig in einem rechtunsicheren Graubereich. Auch eine optionale verhältnismäßige Aufsicht für Venture Capital-Manager ist sehr zu begrüßen: Internationale Investoren unterliegen selbst strengen Risikomanagementanforderungen, die im Zuge von Solvency II noch weiter verschärft werden. Auch kleinere Manager müssen daher die realistische Möglichkeit haben, sich einer Regulierung zu unterwerfen, um so weiter für institutionelle Investoren interessant zu bleiben. Jede Förderung des Venture Capital-Segments ist in Zeiten, in denen Banken als Finanzierer kaum noch zur Verfügung stehen, unabdingbar. Hierzu gehört auch die Phase des Auflegens von Venture Capital Fonds, denn Fonds stellen eine wichtige Finanzierungsquelle für dieses Segment dar. Investoren verfügen nur selten über ausreichend Expertise, um die Risiken von Venture Capital Investments abzuschätzen und haben daher nur über Fonds die Möglichkeit, hier zu investieren. Die Erleichterung des Fundraisings für Venture Capital Fonds ist daher ein sehr wichtiger erster Schritt der EU-Kommission in die richtige Richtung.