Gesetzlicher Schutz für Whistleblower

Die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der SPD haben in engen zeitlichem Zusammenhang einen Entwurf eines Gesetzes zum Schutz und zur Förderung der Tätigkeit von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (BT-Drucks. 17/6492) bzw. eines Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern – Whistleblowern (BT-Drucks. 17/8567) vorgelegt. Die Entwürfe werden gemeinsam in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags am 5. 3. 2012 mit Sachverständigen diskutiert werden.

Eine gesetzliche Regelung zum Schutz von Whistleblowern ist grundsätzlich zu begrüßen. Aufgabe einer entsprechenden Regelung muss es sein, die schon nach geltendem Recht bestehenden Rechte des Whistleblowers schärfer zu fassen und für einen effektiveren Schutz zu sorgen. Das derzeit in § 612a BGB verankerte Benachteiligungsverbot löst die sich in der Praxis stellenden Probleme nicht, da es voraussetzt, dass ein Arbeitnehmer „in zulässiger Weise seine Rechte ausübt“. Die Befugnisse eines Whistleblowers lassen sich dem kodifizierten Recht indes nicht hinreichend sicher entnehmen. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Ableitung eines Whistleblowerschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG bietet keinen Ersatz für eine wünschenswerte klare gesetzliche Regelung.
Obwohl das Grundanliegen Unterstützung verdient, sind die beiden aktuell vorgelegten Entwürfe zahlreichen Bedenken ausgesetzt. Während der Antrag der Fraktion DIE LINKE nur einige Eckdaten eines Gesetzes aufzeigt, hat die SPD-Fraktion einen ausformulierten Gesetzesvorschlag erstellt. Insbesondere der Vorschlag der Fraktion DIE LINKE zeichnet sich durch die Gewährung eines sehr weitgehenden Schutzes aus. Die Rechte der eventuell zu Unrecht angeschwärzten Arbeitskollegen werden zu wenig berücksichtigt. Verfehlt erscheint etwa der Vorschlag, „anonymes Whistleblowing“ zu ermöglichen. Eine derartige Regelung fördert geradezu vorsätzlich falsche Verdächtigungen von Arbeitskollegen. Nicht überzeugend ist es auch, die Hinweisgeber „frei zwischen interner und behördlicher Offenlegung ihres Wissens wählen“ zu lassen. Der EGMR hat in seiner viel beachteten Entscheidung vom 21.2.2011 (Fall der Berliner Altenpflegerin, DB0426287) zutreffend klargestellt, dass eine interne Klärung möglicher Regelverstöße aufgrund der Pflicht des Arbeitnehmers zu Loyalität und Vertraulichkeit grundsätzlich Vorrang hat.
Auch der – insgesamt ausgewogenere – SPD-Entwurf stellt in § 6 in bedenklicher Form die Hinweise gegenüber internen und externen Stellen vollständig gleich. Der Hinweisgeber soll das Recht erhalten, sich auch bei kleineren Regelverstößen direkt an externe Stellen zu wenden, selbst wenn die Verstöße offensichtlich auf einen Irrtum des Betroffenen zurückzuführen sind und nach einer internen Information aller Wahrscheinlichkeit nach abgestellt werden. Will man eine entsprechende weite Fassung, dann sollte zumindest der Begriff der zuständigen Stelle klarer gefasst werden, als dies in § 2 Abs. 5 des Entwurfs bislang geschehen ist. So gibt etwa in England, das eine Whistleblowerregelung bereits seit dem Public Interest Disclosure Act aus dem Jahre 1998 kennt, die Regierung eine Liste heraus, in der die zuständigen Stellen benannt sind (The Public Interest Disclosure (Prescribed Persons) Order).
Man darf gespannt sein, wie die Entwürfe von den Sachverständigen in der für den 5. 3. 2012 angesetzten Sachverständigenanhörung bewertet werden. Ob sich die Regierungskoalition der Initiative anschließen wird, erscheint allerdings fraglich. Die Bundesregierung hatte erst im Oktober letzten Jahres betont, dass sie keinen Bedarf für eine gesetzliche Regelung sieht.

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