Am 29. 11. 2011 hat der BGH (II ZR 306/09, DB 2012 S. 394) entschieden, dass die Einräumung von Unterbeteiligungen an einer Gesellschaft, die aufschiebend bedingt auf den Tod des Gesellschafters geschieht, eine Schenkung unter Lebenden darstellt und nicht in den Nachlass fällt, da die Zuwendung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages, durch den die jeweilige Unterbeteiligung entsteht, vollzogen ist i. S. von §§ 2301 Abs. 2, 518 Abs. 2 BGB.
Anlass für diese Entscheidung war der Streit über den Nachlass des Suhrkamp-Verlegers Siegfried Unseld. Dieser hatte im Jahre 2001 in einem notariellen Vertrag die folgende Regelung getroffen: Die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung wurde als seine Alleinerbin eingesetzt. Außerdem wurde einer weiteren Stiftung, der Siegfried Unseld Stiftung, unentgeltlich und aufschiebend bedingt auf seinen Todesfall diverse Unterbeteiligungen i. H. von je 30% an anderen zugehörigen Gesellschaften eingeräumt. Nach seinem Tode ein Jahr später kam es zum Streit darüber, ob es sich bei diesem Rechtsgeschäft um eine Schenkung unter Lebenden handelt oder eine Verfügung von Todes wegen, d. h. ob die Beteiligungen letztendlich in den Nachlass fallen und dementsprechend einen höheren Pflichtteilsanspruch auslösen.
Aus rechtlicher Sicht ist die Schenkung unter Lebenden in Form der aufschiebend auf den Zeitpunkt des Todes bedingten Zuwendung von letztwilligen Verfügungen wie Testamenten abzugrenzen. § 2301 Abs. 2 BGB sieht diesbezüglich vor, dass die Vorschriften über die Schenkung unter Lebenden Anwendung finden, wenn der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes vollzieht.
Was allerdings für den Vollzug bzw. die Vollziehbarkeit einer unentgeltlichen Einräumung einer Unterbeteiligung nötig ist, war zuvor stark umstritten. Vielfach wurde vertreten, dass eine solche Zuwendung mangels dinglicher Mitberechtigung des Unterbeteiligten am Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft nicht vollzogen werden könne. Die Einräumung der Unterbeteiligung erschöpfe sich in dem Eingehen der schuldrechtlichen Verpflichtung ohne dass eine weitere Verfügung zum Vollzug derselben stattfinde.
Der BGH kam in seiner Entscheidung vom 29. 11. 2011 nun allerdings zu dem Ergebnis, dass es sich um eine Schenkung unter Lebenden handelt, da sie bereits mit Abschluss der jeweiligen Gesellschaftsverträge vollzogen wurde.Er bestätigte zwar in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung, das Wesen einer Unterbeteiligung liege für gewöhnlich darin, dass eine reine Innengesellschaft ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen begründet wird und der Hauptbeteiligte lediglich schuldrechtlich zur Teilhabe verpflichtet ist. Damit erschöpfe sich die Zusage in einer schuldrechtlichen Verpflichtung, es komme gerade nicht zu einer Vermögensübertragung.
In dem vom BGH entschiedenen Fall sah der Vertrag nach Auffassung des Gerichts gerade nicht ausschließlich die Einräumung schuldrechtlicher Ansprüche auf Gewinnbeteiligungen und ähnliche Forderungen vor. Vielmehr waren auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung in Form von Unterrichtungs- und Anhörungspflichten vor Ausübung der aus der Hauptbeteiligung stammenden Mitwirkungsrechte geregelt. Darüber hinaus war sogar ein Zustimmungsvorbehalt für Handlungen, die über gewöhnliche Entscheidungen hinausgehen, enthalten.
Der BGH urteilte, im Falle einer so ausgestalteten Unterbeteiligung läge in der unentgeltlichen Zuwendung zwar keine Verfügung über das Gesamthandsvermögen. Es werde aber über Mitgliedschaftsrechte verfügt. Dadurch gehe die Einräumung der Unterbeteiligung in ihrer konkreten Ausgestaltung über einen schuldrechtlichen Anspruch hinaus und es könne von einem Vollzug der Zuwendung i. S. der §§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB, d. h. einer Schenkung unter Lebenden, gesprochen werden. Zeitpunkt des Vollzuges sei der Abschluss des Gesellschaftsvertrages, mit dem die Unterbeteiligung entsteht. Damit fielen die Unterbeteiligungen im Ergebnis nicht in den Nachlass und waren bei der Berechnung der Pflichtteilsansprüche nicht zu berücksichtigen.
Dieser Ansatz wurde zuvor bereits zum Teil in der Literatur vertreten und im Jahr 2008 ebenfalls vom BFH argumentativ aufgegriffen (Urteil vom 16. 1. 2008 – II R 10/06, DB0286749). Mit dem Urteil vom 29. 11. 2011 hat die rechtliche Behandlung für atypisch ausgestaltete Unterbeteiligungen nun auch Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH gefunden.