Der Aufsichtsrat bei kommunalen Unternehmen ist immer wieder Gegenstand von Rechtsprechung und Literatur. So war im vergangenen Jahr die Weisungsgebundenheit von kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern Gegenstand der Rechtsprechung. In einer kürzlich verkündeten Entscheidung hatte der BGH über eine Satzungsbestimmung zu entscheiden, die die Berufung weiterer Aufsichtsratsmitglieder mit beratender Funktion vorsah.
Dem Beschluss vom 30. 1. 2012 – II ZB 20/11, DB 2012 S. 568 lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die alleinige Gesellschafterin der Beteiligten, eine Stadt, hatte eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dahingehend beschlossen, dass dem mitbestimmten Aufsichtsrat der Gesellschaft künftig neben den 20 stimmberechtigten Mitgliedern bis zu vier weitere Mitglieder mit beratender Funktion angehören sollten. Die beratenden Mitglieder sollten jeweils von den Ratsfraktionen, die im Aufsichtsrat noch nicht vertreten waren, benannt und dann vom Rat der Stadt entsandt werden. Das Registergericht beanstandete die beschlossene Erweiterung als unzulässige Satzungsänderung und lehnte die Eintragung ab. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte in keiner Instanz Erfolg.
Der BGH schloss sich dem OLG Hamm in seiner Argumentation an: die Erweiterung des Aufsichtsrates verstoße aus verschiedenen Gründen gegen gesetzliche Vorschriften, unter anderem gegen § 7 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetz (MitbestG). Diese Vorschrift setze die Maximalzahl der Mitglieder des Aufsichtsrates auf höchstens 20 fest. Abweichungen seien nicht zulässig, da § 7 Abs. 1 MitbestG lex specialis zu §§ 95 und 96 AktG sei. Trotz ihrer nur beratenden Funktion seien die weiteren Aufsichtsratsmitglieder solche i. S. von § 7 Abs. 1 MitbestG, damit wäre die zulässige Höchstzahl des Aufsichtsrates überschritten.
Auch § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG könne nicht zur Unterstützung der beanstandeten Satzungsvorschrift herangezogen werden. Dieser sehe nur die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen zur Beratung über einzelne Gegenstände vor, nicht jedoch eine ständige Teilnahme von bis zu vier beratenden Mitgliedern. Die gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG anwendbare Vorschrift des § 109 Abs. 1 AktG sei zwingendes Recht. Daher könne die Satzung über die in § 109 AktG hinaus genannten Fälle keine Erweiterung des Kreises der zu den Sitzungen zugelassenen Personen vorsehen. Ziel des § 109 Abs. 1 AktG sei es, den Aufsichtsrat klar von gesetzlich nicht vorgesehen Organen abzugrenzen sowie außerdem seine Arbeitsfähigkeit und die Erhaltung der Vertraulichkeit seiner Sitzungen zu sichern. Es solle verhindert werden, dass nicht dem Aufsichtsrat oder Vorstand angehörende Personen vergleichbare Einflussmöglichkeiten erlangen, ohne gleichzeitig dafür die Verantwortung entsprechend zu tragen.
Ferner spreche auch der Grundsatz der paritätischen Zusammensetzung des Aufsichtsrates sowohl durch Mitglieder der Anteilseigner als auch der Arbeitnehmer/innen gegen eine Erweiterung des Aufsichtsrates wie in der beanstandeten Satzungsregelung vorgesehen. Die vorgesehene Regelung gewähre nur der Alleingesellschafterin das Recht, weitere beratende Mitglieder zu entsenden. Den Arbeitnehmer(inne)n sei dies jedoch nicht zugestanden worden. Daher sei die Regelung mit dem Grundsatz der gleichberechtigten und gleichgewichtigen Teilhabe der Arbeitnehmer/innen nicht vereinbar und die gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit müsse deshalb zurücktreten.
Darüber hinaus sah der BGH einen Verstoß gegen den Grundsatz, dass alle Mitglieder des Aufsichtsrates gleiche Rechte und Pflichten haben sollen. Dieser Grundsatz sei auch in das Mitbestimmungsgesetz eingegangen, würde aber durch die Beschränkung auf beratende Tätigkeit nicht eingehalten.
Ausdrücklich offen lässt der BGH die Frage, ob die oben genannten Ausführungen auch dann gelten, wenn bei einer GmbH nur ein fakultativer Aufsichtsrat errichtet wurde. Diesbezüglich bleibt abzuwarten, ob hier zukünftig eine anderslautende Entscheidung gefällt wird. Da die oben genannten Argumente jedoch nur teilweise auf mitbestimmungsrechtliche Grundsätze zurückzuführen sind, bleiben die anderen Argumente auch beim fakultativen Aufsichtsrat bestehen, sodass eine rechtskonforme satzungsmäßige Erweiterung des Aufsichtsrates in der oben genannten Form auch für den fakultativen Aufsichtsrat eher unwahrscheinlich erscheint.