Der Saisonhöhepunkt für die Hauptversammlungen 2012 ist erreicht. Kaum ist die Veranstaltung vorbei geht es schon an die Planung der nächsten. Eine Frage wird sein: Soll man an dem Aufwand festhalten, den Aktionären eine papierschriftliche Einladung (mit Formularen und Erläuterungen) zuzusenden? Der Druck und Versand kostet die Gesellschaft einen namhaften Betrag, er verbraucht nicht nur monetäre Ressourcen und vor allem: der Effekt einer solchen Mitteilung im Briefkasten ist überaus zweifelhaft. Die Annahme ist wohl nicht verkehrt, dass in den meisten Fällen damit der heimische Papierkorb befüllt wird. Daher wird zunehmend der elektronische Versand der Mitteilungen angestrebt. Mit einer entsprechenden Satzungsklausel (§§ 125 II 2, 128 I 2 AktG) steht dieser modernen Variante der Aktionärskommunikation an sich nichts mehr im Wege. Das ist die gute Nachricht. Gibt es auch eine schlechte?
Sie könnte darin bestehen, dass die Aktionäre der elektronischen Kommunikation zustimmen müssen, und zwar einzeln. Für börsennotierte Gesellschaften bestimmt § 30 III Nr. 1 d WpHG, eine Übermittlung „im Wege der Datenfernübertragung“ dürfe erfolgen, wenn „die zur Ausübung von Stimmrechten Berechtigten in die Übermittlung im Wege der Datenfernübertragung ausdrücklich eingewilligt haben oder einer Bitte in Textform um Zustimmung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums widersprochen … haben“. An dieser Norm, die auf die EU-Transparenzrichtlinie zurückgeht, scheint der ausschließlich elektronische Versand zu scheitern, denn es wird immer Aktionäre geben, die nicht einwilligen oder keine E-Mail-Adresse haben bzw. angeben.
Aber was ist die Folge der Verweigerung oder der E-Mail-Abstinenz?
Die WpHG-Norm schützt vor unerwünschter elektronische Post. Wer diese nicht erhalten will – bekommt eben auch keine. Aber er hat damit nicht etwa Anspruch auf eine andere, ihm genehmere Art des Informationsempfangs. Darüber äußert sich das WpHG nicht, sondern dies ist wiederum Sache des Aktienrechts. Wenn aktienrechtlich durch die Satzung der elektronische Versand festgelegt wurde, gibt es keinen weiteren Weg. Können oder wollen die Aktionäre die Mitteilung in statutarischer Form nicht empfangen, erhalten sie gar keine Mitteilung (Noack/Zetzsche, Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2010, § 125 Rn. 74; in den Rn. 78, 79 wird unterschieden zwischen Aktionären, die zurzeit der Beschlussfassung nach §§ 125 II 2, 128 I 2 AktG vorhanden sind und neu Hinzutretenden; erstere sollen die künftige Übersendung in Papierform trotz der Satzungsklausel erzwingen können, letztere nicht. Diese Differenzierung erscheint aus heutiger Sicht nicht geboten, wenn man § 30 III Nr. 1 d WpHG in dem vorstehenden Sinne als „Spam-Schutz“ versteht).