Am 26. 7. 2012 ist das Mediationsgesetz in Kraft getreten. Begleitend wurden Bestimmungen der verschiedenen Gerichtsverfahrensgesetze geändert. Mit dem Mediationsgesetz erhält das Verfahren der Mediation nun erstmals in Deutschland eine eigene gesetzliche Regelung.
Was sind die für die Praxis wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes?
Das Gesetz stellt klar, dass Mediationsverfahren vertraulich sind, ihre Inhalte also grundsätzlich nicht öffentlich werden dürfen. Das war auch bislang in der Praxis die Regel und war und ist häufig ein wesentlicher Grund dafür, dass gerade auch die an Wirtschaftskonflikten Beteiligten vor einem öffentlich ausgetragenen Rechtsstreit den Versuch einer Mediation unternehmen. Schließlich können sie so Lösungen ihrer Konflikte ohne Beteiligung der Öffentlichkeit erarbeiten und dadurch Betriebsgeheimnisse und andere vertrauliche Informationen schützen.
Weiter betont das Gesetz die Freiwilligkeit von Mediationsverfahren. So steht es nach dem Gesetz sowohl den Konfliktparteien als auch dem Mediator praktisch jederzeit frei, das Verfahren zu beenden. Auch das war schon immer ein wesentliches Charakteristikum der Mediation und ist ebenfalls häufig ein Kriterium für die Wahl dieses Verfahrens: Aufgrund der jederzeitigen Beendigungsmöglichkeit ist das mit einer Mediation verbundene Risiko verschwindend gering.
Nach dem Mediationsgesetz ist der Mediator unabhängig und neutral und allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er hat alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an seiner Neutralität wecken könnten, und darf als Mediator nicht tätig werden, wenn er zuvor in derselben Sache für eine der Parteien tätig war. In derselben Sache darf er auch nicht während oder nach der Mediation tätig werden. Auch diese Grundsätze sind nicht neu. Neu ist dagegen, dass der Mediator sich nach dem Gesetz nun zu vergewissern hat, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf der Mediation verstanden haben und freiwillig teilnehmen. Ferner hat der Mediator jetzt die Pflicht, im Falle einer Einigung darauf hinzuwirken, dass die Parteien die Einigung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Wie das im Einzelnen genau geschehen soll, bleibt offen. Sind die Parteien nicht fachlich beraten, hat der Mediator sie auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung durch externe Berater überprüfen zu lassen. Um sich hier keinen unberechtigten Vorwürfen und unnötigen Haftungsrisiken auszusetzen, sollten Mediatoren zukünftig gut dokumentieren, dass und wie sie diesen neuen gesetzlichen Pflichten nachgekommen sind und sollten sich das von den Parteien auch bestätigen lassen.
Zwingende Anforderungen an die Aus- oder Fortbildung von Mediatoren stellt das Gesetz nicht auf. Allerdings führt es die neue Möglichkeit der Bezeichnung als „zertifizierter Mediator“ ein. Dieses „Gütesiegel“ sollen Mediatoren zukünftig dann führen dürfen, wenn sie eine Ausbildung nach den Bestimmungen einer noch vom Bundesjustizministerium zu erlassenden Rechtsverordnung absolviert haben und sich nach diesen Bestimmungen fortbilden. Die Details werden erst nach Erlass dieser Rechtsverordnung feststehen. Eine Pflicht zur Führung der Bezeichnung als „zertifizierter Mediator“ etabliert das Gesetz nicht. Die Schaffung dieses zusätzlichen Titels ist also eher als ein Angebot des Gesetzgebers an Mediatoren zu verstehen, die sich durch ein definiertes und nachweisbares Maß an Aus- und Fortbildung von anderen Mediatoren positiv abheben möchten. Alle sonstigen bisherigen Bezeichnungen als Mediator können daneben wie zuvor weiter genutzt werden.
Für die allgemeine Praxis von Rechtsanwälten (und Richtern) sind die mit Erlass des Mediationsgesetzes in Kraft getretenen Änderungen der verschiedenen Gerichtsverfahrensgesetze von Bedeutung. So soll nach den Änderungen der Zivilprozessordnung (ZPO) der Anwalt, der zukünftig eine Zivilklage bei Gericht einreicht, in der Klageschrift ausführen, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist. Ferner soll die Klageschrift eine Äußerung dazu enthalten, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Ähnliche Regelungen gelten nunmehr in Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ob diese Regelung – wie vom Gesetzgeber wohl erhofft – zu einer noch stärkeren Verankerung der Mediation im Bewusstsein der Anwaltschaft (und ihrer Mandanten) oder doch nur zu einem weiteren standardisierten Textbaustein in Klageschriften führen wird, bleibt abzuwarten.
Den Richtern aller Gerichtszweige gibt das Gesetz nun ausdrücklich die Möglichkeit an die Hand, Parteien an einen nicht entscheidungsbefugten anderen Richter, den so genannten „Güterichter“, zu verweisen oder ihnen eine außergerichtliche Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorzuschlagen. Hier wird in der Praxis mit Spannung erwartet, ob Richter diese Möglichkeit vermehrt nutzen werden und wie sich dabei die bereits etablierten Modelle der gerichtsinternen Mediation (die nunmehr innerhalb des Güterichtermodells fortgesetzt werden können) neben den Angeboten der außergerichtlichen Mediation „schlagen“ werden.
Schließlich ermöglicht das Mediationsgesetz den Ländern, die Gerichtskosten in Fällen der Rücknahme von Rechtsmitteln noch weiter als bislang zu ermäßigen oder gar ganz entfallen zu lassen, wenn in der Klage- oder Antragsschrift mitgeteilt worden ist, dass eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung unternommen wird oder beabsichtigt ist, oder wenn das Gericht den Parteien die Durchführung eines solchen Verfahrens vorgeschlagen hat.
Im Ergebnis enthält das Gesetz keine für die Praxis bahnbrechenden Neuerungen. Die wesentlichen Inhalte wurden auch bislang schon durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Parteien und Mediatoren gelebt und waren auch zuvor in den Gerichtsverfahrensgesetzen zumindest angelegt. Das entscheidende Verdienst des Gesetzes ist es daher, durch seine bloße Existenz die Mediation noch stärker in das Bewusstsein der mit der Beilegung von Konflikten befassten Personen zu rücken und so ihre Nutzung weiter zu fördern. Mit Blick auf den großen Nutzen von Mediationsverfahren, der vor allem in einer zügigen, kostengünstigen, vertraulichen, selbst und freiwillig erarbeiteten und damit haltbaren einvernehmlichen Konfliktlösung liegt, und mit Blick auf den großen Erfolg dieses Verfahrens, welches in einer Großzahl aller Fälle zu einer Einigung führt, ist dieser Effekt des Gesetzes zu begrüßen.