Der BGH hat mit Beschluss vom 10. 7. 2012 – II ZR 212/10, DB 2012 S. 2157 entschieden, ob eine Zahlung im Rahmen einer Kapitalerhöhung zur Erfüllung der Einlagepflicht führt, wenn die Einlageleistung im ersten Versuch nicht wirksam erbracht wurde und im Anschluss an den zweiten Versuch der fehlgeleistete Betrag an den Gesellschafter zurückgewährt wird. Der BGH wertete dies als eine verdeckte Sacheinlage in Form des „Hin- und Herzahlens“.Eine Gesellschafterin einer GmbH hatte noch vor der Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses einen Geldbetrag mit dem Vermerk „Stammkapitalerhöhung“ auf das Gesellschaftskonto eingezahlt. Das Geld stammte aus einem Darlehen, das sie zur Finanzierung aufgenommen hatte. Als der Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst wurde, hatte die Gesellschaft das Geld nahezu verbraucht.
Die Gesellschafterin zahlte den Einlagebetrag daraufhin mit dem Vermerk „Stammeinlage“ erneut an die Gesellschaft. Am selben Tag überwies die Gesellschaft diesen Betrag zugunsten der Gesellschafterin an deren erste Darlehensgeberin zur Tilgung der Darlehensforderung zurück. Nachdem die GmbH mittlerweile insolvent ist, machte der Insolvenzverwalter einen Anspruch auf erneute Leistung der Einlage geltend, da die Gesellschafterin ihre Einlage nicht wirksam erbracht habe.
Der BGH stellt zunächst klar, dass die zeitlich vor Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses erfolgte Einzahlung nicht zum Erlöschen der Einlageforderung führte. Die Gesellschafterin hat nach der ersten fehlgeschlagenen Einzahlung einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung gegen die Gesellschaft.
Auch mit der zweiten Zahlung habe die Gesellschafterin ihre Einlagepflicht nicht erfüllt, da der Betrag noch am selben Tag an sie bzw. ihre Darlehensgeberin zurückgeflossen sei, um den bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch der Gesellschafterin gegen die Gesellschaft zu erfüllen und gleichzeitig die Verbindlichkeit der Gesellschafterin aus dem Darlehen zu tilgen.
Den Rückzahlungsanspruch gegen die Gesellschaft könnte die Gesellschafterin zwar unter gewissen Umständen als „offene Sacheinlage“ in die GmbH einbringen. Unterbleibt dies, liegt allenfalls eine „verdeckte Sacheinlage“ i. S. des § 19 Abs. 4 GmbHG vor, die nicht zu einer Befreiung von der Einlagepflicht führt. Der Gesellschafter kann sich aber im Fall der verdeckten Sacheinlage zumindest den Wert des eingebrachten Gegenstandes auf die Einlageforderung anrechnen lassen, soweit dieser werthaltig ist.
Eine Sonderregelung enthält § 19 Abs. 5 GmbHG für das sog. „Hin- und Herzahlen“, wenn vor der Einlage eine Leistung an den Gesellschafter vereinbart wurde, die wirtschaftlich der Rückzahlung der Einlage entspricht. In einem solchen Fall kann der Gesellschafter von seiner Einlagepflicht frei werden, wenn die Gesellschaft wegen ihrer Leistung einen vollwertigen Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter erlangt. Effektiv findet dann nämlich kein Rückfluss, sondern ein Aktivtausch statt.
Der BGH sah jedoch die Voraussetzungen, unter denen ein „Hin- und Herzahlen“ gem. § 19 Abs. 5 GmbHG Erfüllungswirkung hat, vorliegend als nicht gegeben an. Die Gesellschaft habe durch die Rückzahlung bloß eine Altverbindlichkeit gegenüber der Gesellschafterin tilgen wollen, aber gerade keinen Rückgewähranspruch gegen die Gesellschafterin erworben. Das Gericht sah darin den Versuch der Gesellschafterin, mit der (effektiv an sie zurückgeflossenen) zweiten Einzahlung zu verdecken, dass sie eigentlich bloß den bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch gegen die Gesellschaft aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung auf die Kapitalerhöhung eingebracht hat („verdeckte verdeckte Sacheinlage“).
Nach den Regeln zur verdeckten Sacheinlage kommt eine Anrechnung des Geleisteten auf die Einlageforderung nur infrage, wenn die Gesellschafterin nachweisen kann, dass ihre Bereicherungsforderung gegen die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung durch entsprechendes Vermögen der Gesellschaft gedeckt, die Forderung also vollständig werthaltig war. Dieser Nachweis kann aber bei Insolvenz der Gesellschaft i. d. R. nicht erbracht werden. Die Einlage ist daher erneut zu leisten.
Der Beschluss verdeutlicht, wie gefährlich die Nichteinhaltung des gesetzlich vorgesehenen Prozedere der Kapitalerhöhung sein kann. Bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche können sich im Zusammenhang mit der Einlageleistung zum Minenfeld entwickeln, das erst zündet, wenn die Gesellschaft insolvent wird und ein Insolvenzverwalter die Wirksamkeit der Einlageleistung untersucht.