Bedarf die Zusage einer Sonderzahlung an einen stillen Gesellschafter, der wegen eines Jahresfehlbetrags der Gesellschaft keinen Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung hat, einer besonderen Form, um wirksam zu sein? Dies ist im Kern die Frage, die der BGH mit Urteil vom 18. 9. 2012 – II ZR 50/11, DB 2013 S. 45 zu entscheiden hatte.
Hintergrund war eine von insgesamt sieben Klagen von Sparkassen und Versicherungsunternehmen, die im Jahr 2008 mit einer Vermögenseinlage stille Gesellschafter der HSH Nordbank AG (HSH) waren. Im entschiedenen Fall stand der stillen Gesellschafterin laut Gesellschaftsvertrag eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 6,32% ihrer Einlage zu, soweit hierdurch bei der HSH kein Jahresfehlbetrag entstehen oder erhöht würde.
Im Dezember 2008 teilte die Bank der stillen Gesellschafterin schriftlich mit, dass sie die Vergütung der stillen Einlage im Wege einer Sonderzahlung vornehmen und keine Verlustteilnahme verlangen werde, selbst wenn im Geschäftsjahr 2008 ein Jahresfehlbetrag erwirtschaftet würde. Die Bank wollte damit auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise eine Verschlechterung ihres Ratings vermeiden, was wiederum zu existenzbedrohenden Refinanzierungsschwierigkeiten hätte führen können. Nachfolgend unterzeichneten die HSH und die stille Gesellschafterin einen Änderungsvertrag, der die einmalige Nichtanwendung der Verlustbeteiligung für 2008 vorsah, die zugesagte Sonderzahlung jedoch nicht erwähnt. Dieser Änderungsvertrag wurde – nach Zustimmung der Hauptversammlung der HSH – im Handelsregister eingetragen. Die Bank erbrachte die Sonderzahlung nicht, woraufhin die stille Gesellschafterin Klage erhob.
Das OLG Hamburg hatte die Klage abgewiesen, da die Zusage der Sonderzahlung formunwirksam gewesen sei. Das OLG Schleswig hatte in einem Parallelverfahren die Zusage als wirksam angesehen.
Der BGH hat nunmehr entschieden, dass es sich bei der Zusage zwar nicht um ein Schenkungsversprechen handelte, das gemäß § 518 BGB notariell zu beurkunden gewesen wäre. Auch bei einer stillen Gesellschaft wurzele nämlich eine freiwillige Leistung der Gesellschaft an einen Gesellschafter in der gemeinsamen Zweckverfolgung und Erfolgsteilhabe. Auch eine rechtlich nicht geschuldete Leistung ist danach nicht unentgeltlich, sondern eine Leistung auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses (causa societatis).
Damit erweitert der BGH die Anwendung der Rechtsfigur der Leistung causa societatis nicht nur, indem er sie erstmals auf eine stille Gesellschaft anwendet. Während es in früheren Entscheidungen um Leistungsversprechen eines Gesellschafters (z.B. BGH-Urteil vom 8. 5. 2006 – II ZR 94/05, DB 2006 S. 1370) oder eines Mitglieds eines Vereins (BGH-Urteil vom 14. 1. 2008 – II ZR 245/06, DB0283273) ging, wurde die Leistung auf den Gesellschaftszweck nun erstmalig auf die umgekehrte Konstellation – Versprechen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter – angewandt. Geschäftsleiter sollten in Zukunft, sofern sie eine Einordnung als Leistung causa societatis beabsichtigen, bei Leistungsversprechen auf das
Gesellschaftsverhältnis Bezug nehmen.
Die Zusage der HSH war – so die Karlsruher Richter – dennoch unwirksam, da sie nicht den rechtlichen Anforderungen an die Änderung eines Unternehmensvertrags genügte. Klar ist zunächst: Der stille Gesellschaftsvertrag stellt einen sog. Teilgewinnabführungsvertrag (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG) dar. Das Aktiengesetz (§§ 293ff. AktG) stellt hohe formale Anforderungen an den Abschluss und die Änderung eines solchen Vertrags. Diese sind nur dann wirksam, wenn (i) sie schriftlich erfolgen, (ii) der (geänderte) Vertrag von der Hauptversammlung genehmigt wird und (iii) der (geänderte) Vertrag in das Handelsregister eingetragen wird.
Überraschend ist, dass der BGH die Sonderzahlungszusage als Änderung des Teilgewinnabführungsvertrags qualifiziert hat, obwohl die Parteien dies offensichtlich nicht wollten. Die Parteien hatten in ihrem Änderungsvertrag ausdrücklich geregelt, dass das Entfallen der Gewinnbeteiligung im Falle eines Jahresfehlbetrages fortgelten soll. Die Sonderzahlung war in dieser Vereinbarung nicht erwähnt. Aus Sicht der Parteien handelte es sich bei der Zusage der Sonderzahlung daher offenbar um einen rechtlich selbständigen Vertrag, der neben der stillen Gesellschaft Wirkung entfalten sollte. Der BGH stellte fest, dass die Änderung eines Unternehmensvertrags dann vorliegt, wenn „durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung inhaltlich auf die nach der bisherigen Vertragslage bestehenden Rechte und Pflichten der Parteien eingewirkt wird“, und zwar selbst dann, wenn die Vertragsparteien der Ansicht sind, den Unternehmensvertrag nicht zu ändern. Es komme zudem nicht darauf an, ob die Änderung wesentlich oder unwesentlich ist.
Der Bundesgerichtshof erweitert mit dieser Feststellung – jedenfalls für Aktiengesellschaften – erheblich den Anwendungsbereich des streng formalen Unternehmensvertragsrechts. Jedes Rechtsgeschäft, das sich auf den Inhalt eines Unternehmensvertrags auswirkt (selbst wenn die Vertragsparteien eine eigenständige Regelung wollten), ist demnach nur wirksam, wenn es (i) schriftlich im Sinne von § 126 BGB abgeschlossen wird, (ii) die Hauptversammlung der verpflichteten Gesellschaft zustimmt und (iii) dieses Rechtsgeschäft als Änderung des Unternehmensvertrags im Handelsregister eingetragen (und damit öffentlich publik) wird. Der Praxis ist anzuraten, künftig insbesondere jede Absprache, die im Zusammenhang mit einem Unternehmensvertrag getroffen wird, genau auf deren inhaltliche Auswirkungen auf diesen Vertrag zu prüfen und erforderlichenfalls die formalen Voraussetzungen der Änderung eines Unternehmensvertrags gemäß § 295 AktG einzuhalten. Stets zu berücksichtigen ist, dass solche Absprachen durch Anmeldung zum Handelsregister für jedermann öffentlich zugänglich werden.
Dieses Problem stellt sich bei stillen Gesellschaftsverträgen, die mit einer GmbH abgeschlossen werden, jedoch nicht. Die überwiegende Ansicht lehnt eine analoge Anwendung der §§ 293ff. AktG auf stille Gesellschaftsverträge mit einer GmbH ab (vgl. OLG München, Beschluss vom 17. 3. 2011 – 31 Wx 68/11, DB 2011 S. 1912), so dass in diesem Fall weder die Schriftform noch eine Eintragung im Handelsregister erforderlich sind.