Am 26. 5. 2013 beschloss der Bundestag das CRD IV-Umsetzungsgesetz. Der Bundesrat wird am 7. 6. 2013 über die Einberufung des Vermittlungsausschusses entscheiden. Damit soll die grundlegende Neugestaltung des EU-Bankenaufsichtsrechts in deutsches Recht umgesetzt werden. Änderungen ergeben sich im Wesentlichen hinsichtlich der Höhe und der Anforderungen an die aufsichtsrechtlich bereitzuhaltenden Eigenmittel und der eigenmittelbezogenen Risikovorschriften. Zudem werden Vorgaben für die Zulassung und Beaufsichtigung von Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen sowie für die Struktur der mit der Leitung und Aufsicht von Instituten vorgesehenen Organe gemacht.
Bereits im August 2012 legte die Bundesregierung einen ersten Entwurf des CRD IV-Umsetzungsgesetzes vor, mit dem Ziel, der damals für den 1. 1. 2013 geplanten Umsetzung der Basel III-Vorgaben in Europa zu genügen. Erheblicher Verhandlungsbedarf auf europäischer Ebene verzögerte die Umsetzung jedoch zunächst. Erst im März dieses Jahres konnte eine politische Einigung über die neue Capital Requirements Directive (CRD IV) und die Capital Requirements Regulation (CRR) erzielt werden. Werden beide Regelwerke noch diesen Monat im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, treten sie zum 1. 1. 2014 in Kraft. Auf dieser Annahme beruht der von Bundestag beschlossene Entwurf des CRD IV-Umsetzungsgesetzes. Wird der Veröffentlichungszeitraum verfehlt, verschiebt sich der Zeitpunkt des Inkrafttretens auf den 1. 7. 2014. Das CRD IV-Umsetzungsgesetz wäre in diesem Fall entsprechend anzupassen.
Der im März gefundene politische Kompromiss weicht erheblich von der ursprünglichen Entwurfsfassung der CRD IV und CRR ab, wie sie dem Entwurf des CRD IV-Umsetzungsgesetzes von August 2012 zugrunde lag. Der daraus entstehende Anpassungsbedarf wurde – durchaus ungewöhnlich – nunmehr durch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses in das parlamentarische Verfahren eingebracht.
Mit Inkrafttreten des CRD IV-Umsetzungsgesetzes erhält das deutsche Bankenaufsichtsrecht eine weitgehend neue Gestalt. Große Bereiche der bislang im KWG geregelten Materien werden gestrichen und durch die unmittelbar geltenden, europarechtlichen Vorgaben der CRR ersetzt. Dies betrifft insbesondere die Definition der Eigenmittelbestandteile und die Errechnung des Gesamtforderungsbetrags. Auch die Bestimmung der Konsolidierungskreise und das Großkreditregime werden weitgehend in das Europarecht verlagert. Die im KWG verbleibenden Rechtsmaterien erfahren eine großflächige Umgestaltung. So wird etwa der BaFin ein Sammelsurium neuer Befugnisse eingeräumt, es werden Vorgaben über Kapitalpuffer ergänzt und Corporate Governance-Anforderungen präzisiert. Darüber hinaus nutzt der deutsche Gesetzgeber die Gelegenheit, europäisch nicht harmonisierte Regelungsmaterien nachzujustieren. Hierzu zählt z. B. eine Reduzierung der Meldeschwelle für Millionenkredite zum 1. 1. 2015 von 1,5 Mio. € auf 1,0 Mio. € und die Erweiterung des insoweit geltenden Kreditbegriffs.
Der auf europäischer Ebene erzielte Kompromiss begründet eine Vielzahl neuer Kapitalpuffer, die in den ursprünglichen Entwürfen nicht enthalten waren und in das CRD IV-Umsetzungsgesetz nachträglich integriert werden mussten. So wurden der von Anfang an vorgesehene Kapitalerhaltungs- (§ 10c KWG-E) und antizyklische Kapitalpuffer (§ 10d KWG-E) um Puffer für systemische Risiken (§ 10e KWG-E), für global systemrelevante Institute (§ 10f KWG-E) und für anderweitig systemrelevante Institute (§ 10g KWG-E) ergänzt. Flankierend kann die BaFin in einer Vielzahl von Fällen weitergehende Kapitalanforderungen stellen (z. B. §§ 48t, 10a Abs. 3, Abs. 4 KWG-E). Es ist damit zu rechnen, dass die nachträglich ergänzten Puffer und Befugnisse der BaFin langfristig zu Kapitalanforderungen führen, die erheblich über die zunächst geplanten Erhöhungen hinausgehen. Bei Unterschreitung der aus den Kapitalpuffern resultierenden Kapitalanforderungen ist ein Kapitalerhaltungsplan zu erstellen. Der Plan bedarf der Genehmigung der BaFin. Bis zu ihrer Entscheidung sind Ausschüttungen des Kernkapitals (z. B. Dividendenzahlungen) oder auf harte Kernkapitalbestandteile verboten. Insoweit geht der Entwurf des CRD IV-Umsetzungsgesetzes über die europarechtlichen Vorgaben hinaus. Auch der jüngst auf europäischer Ebene erzielte Kompromiss zur Begrenzung der variablen Vergütung auf i. d. R. max. 100% der fixen Vergütung ist im CRD IV-Umsetzungsgesetz enthalten, das ferner auch die neuen Vorgaben zur Begrenzung von Vorstands- und Aufsichtsratsmandaten umfasst.
Aktuell noch umstritten ist eine Änderung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (FMStFG), die sicherstellen soll, dass die bislang bestehende Null-Gewichtung für Risikopositionen gegenüber Abwicklungsanstalten auch nach Inkrafttreten des CRD IV-Umsetzungsgesetzes fortbesteht. Der Entwurf enthält hierzu eine Kodifikation der Haftung des SoFFin gegenüber der Abwicklungsanstalt und ihren Gläubigern, soweit der SoFFin alleiniger Verlustausgleichsverpflichteter ist. Vor diesem Hintergrund befürchtet der Finanzausschuss nunmehr, dass die Erste Abwicklungsanstalt aufgrund der insoweit bestehenden Haftungsverhältnisse ggf. nicht von dieser Regelung profitieren kann, und empfiehlt insoweit eine Überweisung des Gesetzesentwurfs an den Vermittlungsausschuss.