In der Flut täglich ergehender Urteile und Beschlüsse deutscher Gerichte finden sich immer nur wenige, die den Leser in gleicher Weise erheitern und nachdenklich stimmen. Die Entscheidung des BAG vom 11. 6. 2013 – 9 AZR 786/11, DB0607260 gehört hierzu. Hintergrund der Entscheidung war das Verlangen eines leidgeprüften Piloten, immer dann wenn andere Ferien haben, fliegen zu müssen. Dies fiel ihm besonders in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr schwer. Doch was tun, um statt im Cockpit bei seinen Lieben zu sein? Krank zu feiern schien zu riskant. Ein Urlaubsantrag war ebenfalls keine langfristige Lösung, denn der Wunsch wurde von vielen Kollegen geteilt. Da besann sich der findige Flugzeugführer auf § 8 TzBfG. Der Gesetzgeber selber räumt hier schließlich die Möglichkeit ein, von seinem Arbeitgeber eine Reduzierung der Arbeitszeit zu verlangen. Was liegt also näher, als diese Reduzierung blockweise und zwar jährlich für die Zeit vom 22. Dezember bis zum 2. Januar zu verlangen? Eine solche Reduzierung der Gesamtjahresarbeitszeit um 3,29 % lässt sich finanziell gut verkraften – vor allem wenn man diese Zeit im Kreise seiner Familie wertvoller verbringt, als am Steuer eines Flugzeugs.
Soweit der erheiternde Teil des Verfahrens. Nachdenklich muss einen stimmen, was dann passierte. Das Arbeitsgericht Frankfurt gab nämlich dem Piloten in erster Instanz Recht. Wer diese Entscheidung als eine abwegige Privilegierung eines einzelnen Arbeitnehmers zu Lasten seiner Kollegen brandmarken möchte, wird bei der Lektüre des Gesetzes sehen müssen, dass das Arbeitsgericht hier nichts anderes tat, als den Gesetzeswortlaut umzusetzen. Erst in zweiter und dritter Instanz wurde dem Unfug Einhalt geboten. Dies war allerdings nur durch einen korrigierenden Rückgriff auf § 242 BGB (Treu und Glauben) möglich; nur mit dieser „ultima ratio“ der juristischen Argumentation war die durch den Antrag des Piloten offenbarte Gesetzeslücke zu schließen.
Das Teilzeitrecht spielt im Arbeitsleben eine große und ständig weiter wachsende Rolle. Es ist einer der Schlüssel zur politisch geforderten Flexibilisierung der Arbeitswelt bei gleichzeitig höchstmöglicher Absicherung der Arbeitnehmer („flexicurity“). Viele Unternehmen stöhnen unter der hierdurch zunehmend erschwerten Personalplanung. Vor dem Hintergrund des in Deutschland sehr statischen und unflexiblen Kündigungsschutzes ist es kaum möglich, die Personalstärke in wirtschaftlich sinnvoller Weise den betrieblichen Erfordernissen anzupassen.
Bedenklich ist schließlich auch, dass die vom Gesetzgeber im Gesetz eingeführte, arbeitgeberseitige Korrekturmöglichkeit im genannten Verfahren als nicht einschlägig betrachtet wurde. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG sieht vor, dass der Arbeitgeber einem Wunsch des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit dann widersprechen kann, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht erscheint es völlig offensichtlich, dass eine Fluggesellschaft ihren Betrieb nicht mehr aufrechterhalten kann, wenn sich nun alle Mitarbeiter eine blockweise Freistellung über die Weihnachtsfeiertage fordern dürften. Insofern zeigt das Urteil auch einmal mehr die praktische Entwertung dieses gesetzlichen Korrektivs.