Investitionen im Ausland sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt. Neben Währungs- und wirtschaftlichen Risiken spielt auch das sog. politische Risiko eine große Rolle. Viele Unternehmen sichern das Risiko durch staatliche Eingriffe (wie z. B. eine Enteignung) geschädigt zu werden ab, u. a. durch die bekannten Investitionsgarantien des Bundes (PWC und EulerHermes; AGA-Portal) oder MIGA, der Multilateral Investment Guarantee Agency der Weltbank.
Neben diesen Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung (die gebührenpflichtig sind und damit mit erheblichen Kosten verbunden sein können) hat die Bundesrepublik in den letzten 55 Jahren ein Netz von über 100 Investitionsschutzabkommen aufgebaut. Neben diesen bilateralen Abkommen ist der Energiechartavertrag mit fast 50 Mitgliedstaaten (u. a. auch Deutschland) eines der wichtigsten Investitionsschutzabkommen.
Die Abkommen garantieren rechtsstaatliche Grundsätze für die Behandlung von Investitionen im Ausland. Hierzu gehört das Gebot fairer und gerechter Behandlung (also Vertrauensschutz), die Pflicht, Enteignungen nur gegen Entschädigung durchzuführen, Diskriminierungsverbote, das Recht auf Inländerbehandlung und Meistbegünstigung, aber auch die Pflicht, gegenüber dem Investor, übernommene Pflichten zu erfüllen und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.
Die Verwandtschaft zu den Menschenrechtskonventionen, die ebenfalls in den 1950ern ihren Ausgang nahmen, ist unverkennbar. Ziel beider „Abkommensfamilien“ ist die Verbreitung rechtsstaatlicher Grundsätze und die Verbesserung internationaler Rechtsschutzmöglichkeiten.
Neuere Investitionsschutzabkommen sehen deswegen auch als wichtigstes Recht für den Investor den direkten Zugang zu neutraler und internationaler Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht vor. Der Investor ist also nicht mehr davon abhängig, dass der Heimatstaat für ihn „in die Bresche“ springt und den anderen Staat auf internationaler Ebene verklagt. Dieses Recht ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen wichtig.
Eine der wichtigsten Institutionen weltweit und in den deutschen Abkommen am häufigsten zu finden ist das Investitionsschiedsgericht der Weltbank, das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID). Das ICSID wurde 1965 durch ein internationales Abkommen geschaffen, das inzwischen in 150 Staaten gilt. Gegenüber anderen Schiedsverfahrensregeln, die ebenfalls für Investitionsschutzverfahren genutzt werden (wie UNCITRAL), gibt es einige Besonderheiten. So kann ein ICSID-Schiedsspruch nur innerhalb des ICSID-Systems, aber nicht vor nationalen Gerichten angefochten werden. Jeder der 150 Mitgliedstaaten muss einen rechtskräftigen Schiedsspruch anerkennen und zugesprochene Geldforderungen vollstrecken.
ICSID-Schiedsverfahren sind weitestgehend transparent: die Existenz des Verfahrens, die Namen der Parteien und ihrer Anwälte, die Namen der Schiedsrichter sowie jeder wichtige Verfahrensschritt werden auf der Website von ICSID veröffentlicht. Zwar werden die Schiedssprüche selbst nicht ohne die Zustimmung der Parteien veröffentlicht, ICSID selbst kann jedoch Auszüge publizieren. Manche Abkommen (wie z. B. der nordamerikanische Freihandelspakt NAFTA) sehen sogar die Veröffentlichung aller Entscheidungen und der Schriftsätze vor.
Anders als Investitionsschutzabkommen enthält die ICSID-Konvention aber keine materiellen Schutzrechte. Sie schafft lediglich das Verfahrensumfeld für professionelle Abwicklung von Schiedsverfahren, sofern der Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit von einem Investitionsschutzabkommen, einem Investitionsgesetz eines Gaststaats oder in einem Vertrag zwischen dem Investor und dem Gaststaat eröffnet wird. Wichtig ist, dass in einem Investitionsschiedsverfahren (von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen) auf der einen Seite immer ein Staat stehen muss. Bei Verträgen zwischen Unternehmen (auch wenn eines ein Staatsunternehmen ist!) kann i. d. R. kein Zugang zu ICSID vereinbart werden. In diesem Fall ist der Investor darauf angewiesen, dass (1) sein Heimatstaat ein Investitionsschutzabkommen mit dem Gaststaat abgeschlossen hat, (2) dieses Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit vorsieht und (3) der Investor die Zugangsvoraussetzungen erfüllt. Es ist daher wichtig, schon bei der Planung des Auslandsengagements zu prüfen, ob (1) die geplante Struktur der Transaktion den Schutzbereich eines Abkommens eröffnet, (2) das Abkommen moderne Schutzstandards enthält und (3) Zugang zur Investor-Staats-Schiedsgerichtsbarkeit vorsieht (was insbesondere bei älteren deutschen Abkommen z. T. nicht oder nicht vollständig gegeben ist).
Bei der Transaktionsplanung kann es zu Zielkonflikten kommen, wenn z. B. ein Steuerberater eine Struktur empfiehlt, durch die die Investition aus dem Investitionsschutz „herausfallen“ und damit schutzlos gestellt würde. Hier sind eine enge Abstimmung und eine ehrliche Risikoabwägung erforderlich.
Zu einer professionellen Risikovorsorge für Auslandsengagements gehört selbstverständlich, dass der Investor sich mit den politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingen des Gastlandes vertraut macht. Zum Paket gehört aber auch der Investitionsschutz sowie – abhängig vom Risikoprofil – eine Investitionsgarantie des Bundes oder seitens MIGA.
(Die Autorin ist Rechtsanwältin in Frankfurt/M. und seit 2007 einer von vier deutschen Schiedsrichtern des ICSID Panel of Arbitrators.)