Immer wieder kommt es zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zum Streit darüber, ob und zu welchen Konditionen der Betriebsrat einen Rechtsanwalt zur Unterstützung seiner Arbeit hinzuziehen kann. Einerseits sieht § 40 BetrVG die Pflicht des Arbeitgebers vor, die erforderlichen Kosten der Betriebsratstätigkeit zu tragen. Andererseits sieht § 80 Abs. 3 BetrVG nur unter folgenden Gesichtspunkten das Recht zur Hinzuziehung eines Sachverständigen vor.
Und zwar, wenn
- die Hinzuziehung vom Betriebsrat förmlich beschlossen wird,
- der Beschluss des Betriebsrates eine konkret zu beantwortende Frage beinhaltet,
- der zu befragende Rechtsanwalt konkret benannt wird,
- der zu erwartende Kostenrahmen definiert wird und
- der Arbeitgeber der Hinzuziehung zustimmt.
BAG-Entscheidung vom 25. Juni 2014 (7 ABR 70/12, DB 2014 S. 2655)
In einem Altenheim änderte der Arbeitgeber bestimmte Aspekte der Vergütung. Der Betriebsrat fasste darauf den Beschluss, durch einen externen Rechtsanwalt die eigenen Rechte sowie deren Durchsetzbarkeit prüfen zu lassen. Der Arbeitgeber verweigerte seine Zustimmung, woraufhin der Betriebsrat ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einleitete. Das erstinstanzliche Gericht gab dem Betriebsrat recht, das zweitinstanzliche (LAG) hingegen dem Arbeitgeber. Letzteres wies darauf hin, der Betriebsrat könne nach einer Fortbildung selbst die zu prüfenden Fragen beurteilen.
Das BAG entschied ebenfalls im Sinne des Arbeitgebers. Es betont dabei, dass die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen durch den Betriebsrat nur ausnahmsweise möglich sei, insbesondere wenn es keine unternehmensinterne oder sonst günstigere Möglichkeit gebe. Zugleich hebt das BAG hervor, dass der Betriebsrat nicht darauf verwiesen werden dürfe, ein Seminar zu besuchen statt für eine konkrete Frage einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen. Für eine konkrete Frage bestehe der Vorrang der Schulung nur dann, wenn der Betriebsrat bereits entsprechend geschult sei.
Nach Ansicht des BAG bestand vorliegend kein Anspruch auf einen externen Sachverständigen. Da es im Fall gerade um die Durchsetzung von Rechten des Betriebsrats gehe, sei § 40 BetrVG als Anspruchsgrundlage vorrangig. Danach bedürfe es der Zustimmung des Arbeitgebers nicht; der Betriebsrat könne den externen Rechtsanwalt selbst – im Rahmen der Erforderlichkeit – beauftragen. Das Verfahren zur Erzwingung der arbeitgeberseitigen Zustimmung zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes sei – im Vergleich zur direkten Mandatierung – deutlich zeit- und kostenaufwendiger und damit nicht erforderlich im Sinne des BetrVG.
Konsequenzen für die Praxis
Die BAG-Entscheidung ist sowohl für den Betriebsrat als auch die Arbeitgeberseite durchaus gefährlich:
- Auf der einen Seite wird das Recht des Betriebsrats gestärkt, schon zu einem relativ frühen außergerichtlichen Zeitpunkt eigenständig einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen – und dies ohne Genehmigung des Arbeitgebers.
- Auf der anderen Seite trägt der Betriebsrat auch das Risiko eines fehlerhaften Vorgehens: Mandatiert er verfrüht ohne erforderliche Zustimmung des Arbeitgebers einen (zu teuren) Rechtsanwalt, haften die Betriebsratsmitglieder nach der BAG-Rechtsprechung persönlich für die entstandenen Kosten. Traut sich der Betriebsrat hingegen nicht, trotz Vorliegens der Voraussetzungen, einen Anwalt direkt selbst zu mandatieren, ist er haftbar für die unnötigen Kosten eines Beschlussverfahrens, in dem über die Berechtigungsposition des Betriebsrates gestritten wird.
Gänzlich unbeantwortet lässt das Bundesarbeitsgericht erneut die Frage, ob eine Stundensatzvereinbarung erforderlich im Sinne des § 40 BetrVG für die Betriebsratsberatung sein kann, obschon das Gesetz im RVG eine andere Abrechnungsmethode vorgibt.