Nicht nur für die betroffenen Arbeitnehmer, häufig auch für den Arbeitgeber sind Gehaltsabtretungen und -pfändungen ein Graus. Wie viel von was gepfändet ist, muss er individuell prüfen und überprüfen, denn zahlt der Arbeitgeber an den falschen Gläubiger, tritt keine Befreiungswirkung ein. Gleiches gilt für den Fall einer dem Arbeitgeber bekannten Abtretung von Gehaltsansprüchen, denn ist eine Forderung unpfändbar, wird sie von der Abtretungserklärung nicht erfasst (§ 400 BGB). Dem Arbeitgeber droht eine doppelte Inanspruchnahme aus den Vergütungsansprüchen.
Unpfändbarkeit von Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen
Keine Rechtssicherheit besteht bisher, wenn ein Arbeitnehmer Anspruch auf Schichtzulagen oder auf Zuschläge für Nachtarbeit-, Sonntags- und Feiertagsarbeit hat. Die Pfändbarkeit von „Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen“ schließt § 850 a Nr. 3 Zivilprozessordnung – ZPO aus. Diese Norm regelt auch die Pfändung und Abtretbarkeit von Ansprüchen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen.
Was ist mit Zulagen für unattraktive Arbeitszeiten?
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte nun zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer, der sich in Privatinsolvenz befindet, Anspruch auf Auszahlung tariflicher Wechselschichtzulagen sowie Zuschlägen für Dienste zu ungünstigen Zeiten an sich selbst verlangen kann. Der Arbeitnehmer argumentierte, diese Zulagen seien unpfändbar, weshalb die Ansprüche nicht von der Gehaltsabtretung erfasst seien.
Das LAG Berlin-Brandenburg (vom 09.01.2015 – 3 Sa 1335/14) gab ihm Recht. Bei den Ansprüchen handle es sich um (unpfändbare) Erschwerniszulagen, da sich nicht nur aus der Art der Tätigkeit selbst, sondern auch aus der Zeit, zu der die Tätigkeit zu erbringen sei, eine „Erschwernis“ im Sinne des § 850a ZPO ergeben könne. Entsprechend seien Schichtzulagen und Zuschläge für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten unpfändbar.
Aussicht auf Rechtssicherheit
Das LAG weist in seiner Entscheidung selbst darauf hin, mit dieser von der Rechtsprechung anderer Landesarbeitsgerichte abzuweichen. Es hat daher die Revision zugelassen. Liest man Kommentierungen zu der hier streitigen Frage, findet man regelmäßig den Hinweis des Bundesjustizministers aus dem Jahr 1952 (!) zitiert, wonach „Zuschläge für Hitze-, Wasser-, Säure-, Staub-, Schacht- und Tunnel-, Druckluft- und Taucher- sowie Stacheldrahtarbeit“ als Erschwerniszulagen anzusehen seien, nicht aber die ggf. daneben vorgesehenen Zuschläge für Arbeiten zu unattraktiven Zeiten. Auch wenn die Argumente aus diesem Hinweis noch durchaus tragfähig seien mögen, ist eine solche Referenz als veraltet anzusehen. Es ist zu hoffen, dass nun das BAG Gelegenheit zur Entscheidung haben wird. In keinem Fall werden Gläubiger fürchten müssen, dass erkämpfte Lohnpfändungen oder -abtretungen künftig durch überhöhte Schichtzulagen ausgehöhlt werden. Die Unpfändbarkeitsanordnung des § 850a Nr. 3 ZPO gilt nur für Zulagen, „soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen“.