Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der geänderten Transparenz-Richtlinie ist auf der Zielgeraden angelangt. Am 2.10.2015 soll die Verabschiedung im Deutschen Bundestag erfolgen. Zuvor wird der Entwurf im Finanzausschuss beraten. Am 7.9.2015 hat eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen bzw. Verbänden stattgefunden. Ein wesentlicher Gegenstand war auch der kurzfristig eingebrachte Antrag der Koalitionsfraktionen, der eine Regelung des Delisting im Börsengesetz vorsieht.
In dieser Delisting-Frage waren die Ansichten erwartungsgemäß geteilt. Die Aktionärsvereinigungen DSW und SdK begrüßten zwar, dass eine gesetzliche Regelung vorgesehen wird, waren über den Inhalt gar nicht glücklich. Eine Orientierung am Übernahmerecht sei sachlich verfehlt. Das Übernahmeangebot, welches einem nachfolgenden Delisting den Weg ebne, könne taktisch in flauen Börsenzeiten eingesetzt werden in der Erwartung, dass niemand annimmt. Der Börsenkurs bedeute in den kritischen Fällen nichts mit Blick auf den inneren Wert der Aktie. Vorzugswürdig sei der Ertragswert und die Klärung ggf. im Spruchverfahren.
An die Wand gemalt wurde das Szenario eines heißen Delistings-Herbsts, um noch die (vermeintlichen) Vorteile einer gesetzlich nicht geregelten Lage einzuheimsen. Offen blieb, ob angesichts der knappen Zeit bis zur zweiten/dritten Lesung an dem Vorstoß festgehalten wird. Dafür besteht wohl eine Tendenz, weil die Angelegenheit doch schon lange diskutiert wird, weshalb ein Vertrauensschutz der Delisting-Betreiber nicht in Betracht komme.
Die übrigen Fragen zum eigentlichen Gesetzentwurf bezogen sich auf viele Aspekte ohne klaren Schwerpunkt. Zivilrechtsdogmatik war gefragt, als der Regelungsentwurf des § 21 WpHG auseinandergenommen wurde, wonach der Kauf von Aktien schon das „gehören“ (und damit die Meldepflicht) begründen soll. – Zu wünschen ist, dass der ins Absurde gesteigerte Rechtsverlust bei unterlassenen Stimmrechtsmeldungen die Schlussberatung nicht überlebt. Denn nach dem vorgeschlagenen § 28 Abs. 1 S. 1 WpHG würde ein Poolmitglied, das selbst (eigene und zugerechnete) Aktien ordnungsgemäß gemeldet hat, einem Rechtsverlust unterliegen, wenn ein anderes Poolmitglied hier säumig war. Warum jemand in dieser Weise für das Fehlverhalten eines anderen einstehen soll, ist ganz und gar unverständlich.