Nach fünf Jahren endlich am Ziel: die Aktienrechtsnovelle. Als eine marginale Korrekturen enthaltende kleine Reform im November 2010 (RefE) angekündigt, ist es mit der „punktuellen Weiterentwicklung“ (Gesetzesbegründung) Mitte November 2015 soweit. Der Bundestag stimmte heute der Aktienrechtsnovelle in der Fassung durch den Rechtsausschuss zu. Was hat sich gegenüber dem letzten Regierungsentwurf aus dem Jahr 2014 noch wesentlich verändert?
Neu ist der Verzicht auf die generelle Vorgabe, dass die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats durch drei teilbar sein muss (§ 95 I 3 AktG). Der Grundsatz der Dreiteilbarkeit bleibt für Aktiengesellschaften bestehen, für die das Drittelbeteiligungsgesetz gilt, also für Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern.
Das Gesetz sieht entgegen dem Entwurf der Bundesregierung keinen einheitlichen Nachweisstichtag für Inhaber- und Namensaktien vor. Es bleibt bei der bisherigen Rechtslage (3-Wochen vor der HV bei Inhaberaktien; kein gesetzlicher Stichtag bei Namensaktien, in der Praxis Umschreibestopp im Aktienregister einige Tage vor der HV). Eine einstimmige Entschließung des Deutschen Bundestages bittet die Europäische Kommission, für einen einheitlichen Stichtag für den Nachweis der Aktionärsstellung in der EU zu sorgen.
Das Gesetz sieht entgegen dem Entwurf keine Regelung der relativen Befristung von Nichtigkeitsklagen vor. Dazu in deutlichen Worten der Bericht des Rechtsausschusses: „Das Beschlussmängelrecht samt Freigabeverfahren beinhaltet dogmatische Widersprüche und kann im Einzelfall zu Unbilligkeiten führen, so dass es einer Überprüfung bedarf. Zwar kann die Praxis aufgrund gesetzlicher Maßnahmen gegen erpresserische Klagen … mit der jetzigen Rechtslage im Ergebnis gut leben. Dennoch soll auf die Fortführung punktueller Änderungen verzichtet werden und ist eine geschlossene Überprüfung oder Reform des Beschlussmängelrechts vorzuziehen.“
Bei der Gelegenheit der Aktienrechtsnovelle wird die verwirrende Definition (die Redeweise von der Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern) des „gezeichneten Kapitals“ in § 272 I 1 HGB gestrichen.
Beibehalten wird vor allem die Zurückdrängung der Inhaberaktie bei Neugründungen. Diese Aktienart wurde wegen ihrer Anonymität als Geldwäscheinstrument verdächtigt. Da die 4. Geldwäsche-Richtlinie (2015) die Identifikation des wirtschaftlich an einer Kapitalgesellschaft Berechtigten (und damit auch die des rechtlichen Inhabers) erfordert, wäre eine Regelung wohl überflüssig gewesen. Hier hat die europäische Entwicklung das 2010 begonnene deutsche Gesetzgebungsverfahren überholt.