Hat der Arbeitgeber während Raucherpausen, für die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung entsteht in einem solchen Fall nicht. So entschied das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 5. August 2015 – 2 Sa 132/15).
Hintergrund
Im Betrieb des Beklagten war es seit Jahren üblich, dass die Arbeitnehmer zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne an den Zeiterfassungsgeräten ein- und auszustempeln. Demzufolge wurde für die Raucherpausen auch kein Lohnabzug vorgenommen. Im Jahr 2012 wurde im Betrieb des Beklagten eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die u.a. festlegte, dass das Rauchen nur noch in bestimmten Raucherzonen zulässig ist und beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte zu benutzen sind. Der Beklagte zog dementsprechend die Raucherpausen von der Arbeitszeit der Arbeitnehmer ab. Der Kläger wehrte sich gegen einen solchen Abzug und klagte auf Bezahlung der Raucherpausen, da sich ein Zahlungsanspruch aufgrund einer betrieblichen Übung ergeben habe. Als betriebliche Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, dass ihnen eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden soll.
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg wies die Klage ab. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht sah zunächst keine gesetzliche, tarifliche oder vertragliche Anspruchsgrundlage, die das Begehren des Klägers auf Fortzahlung der Bezüge in den von ihm genommenen Raucherpausen begründen könnte. Einzig in Betracht käme eine betriebliche Übung. Eine solche sei aber nicht begründet worden. Dies u.a. vor dem Hintergrund, dass eine für eine betriebliche Übung erforderliche regelmäßige gleichförmige Wiederholung einer bestimmten Verhaltensweise des Arbeitgebers schon nicht vorlag: Der Beklagte wusste nämlich nicht, wie lange die Arbeitnehmer bzw. der Kläger Raucherpausen im Betrieb einlegten. Vor allem aber wurden Raucherpausen auch unterschiedlich lange von den Arbeitnehmern eingelegt, so auch vom Kläger.
Anmerkung
In vielen Unternehmen in Deutschland werden Raucherpausen als Arbeitszeit vergütet, ohne dass hierzu Regelungen bestehen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg trägt dazu bei, dass Arbeitgeber sich von einer solchen eingebürgerten Praxis im Betrieb wieder lösen können, indem sie allein davon Abstand nehmen, Raucherpausen als Arbeitszeit zu vergüten. Dies ist nach dem Urteil jedoch nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die Dauer der Raucherpause zeitlich nicht vorgibt. Besteht eine zeitliche Vorgabe für Raucherpausen, kann eine betriebliche Übung vorliegen, sodass Raucherpausen als Arbeitszeit zu vergüten sind.