Kein Recht des Betriebsrates auf Absicherung gegen (rechtswidrige) Überwachungs-möglichkeiten des Betriebsrats

RA/FAArbR Bernd Weller, Partner bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Frankfurt/M.

RA/FAArbR Bernd Weller, Partner bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Frankfurt/M.

Oft genug besteht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Streit darüber, welche Ausstattung und Materialien der Arbeitgeber dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen und wofür der Arbeitgeber die Kosten zu tragen hat.

Schon seit langem können die Arbeitsgerichte Streitigkeiten „nicht mehr sehen“, bei denen der Arbeitgeber sich weigert, dem Betriebsrat einen Internetzugang zur Verfügung zu stellen. Zugleich mehren sich aber auch Streitigkeiten, die eine gewisse – bisweilen paranoid wirkende – Furcht des Betriebsrates vor einer Überwachung durch den Arbeitgeber als Ausgangspunkt haben. So wehrt sich ein Betriebsrat dagegen, dass ihm ein modernes Multifunktionsgerät (Kopieren, Drucken, Scannen) als Kopierer zur Verfügung gestellt wird mit der Begründung, der Arbeitgeber könne dieses Gerät technisch auslesen und damit den Betriebsrat ausspionieren (LAG Hamm, Beschluss vom 18.06.2010 – 10 TaBV 11/10). Ein anderer Betriebsrat begehrt die Anschaffung einer kostenintensiven Verschlüsselungssoftware, um sich gegen die Überwachung des Arbeitgebers und dessen Administratoren wehren zu können (LAG Köln, Beschluss vom 09.07.2010 – 4 TaBV 25/10).

§ 40 BetrVG als Grenze

Das Betriebsverfassungsgesetz selbst ist denkbar knapp, wenn es um die Kostenerstattungspflicht und die Ausstattungsrechte des Betriebsrates geht. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Nach Abs. 2 hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat im erforderlichen Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung zur Verfügung zu stellen (vgl. zur Kostentragungspflicht ausführlich Schiefer/Borchard in DB 2016 S. 770). Das Bundesarbeitsgericht beschränkt die Pflichten der Arbeitgeberseite nach beiden Absätzen auf erforderliche Kosten und Sachmittel.

BAG-Beschluss vom 20.04.2016 (7 ABR 50/14)

Am 20.04.2016 hatte das BAG über die Frage zu entscheiden, ob Betriebsratsgremien vom Arbeitgeber verlangen können, dass ihm „überwachungssichere“ Kommunikationskanäle eröffnet werden oder ob ein Anschluss an die normale betriebliche Kommunikationsanlage ausreicht.

Ein Betriebsrat hatte vom Arbeitgeber gefordert, dass dieser ihm einen – von den sonstigen Anlagen und Anschlüssen des Unternehmens unabhängigen – Telefon- und Internetanschluss zur Verfügung stellen möge. Als Grund für dieses Begehren berief sich der Betriebsrat im Wesentlichen darauf, dass die IT-Abteilung des Arbeitgebers (deren Administratoren) – ob mit oder ohne Zustimmung des Arbeitgebers – bei einem unternehmensinternen Anschluss jederzeit die Möglichkeit hätten, den Betriebsrat und damit die Betriebsratsarbeit auszuspionieren.

Der bloße Umstand, dass ein solches Ausspionieren – unstreitig – eine schwere Verletzung der Pflichten aus dem BetrVG, der vertraglichen Pflichten des jeweiligen Administrators und der Bestimmungen von Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und gegebenenfalls Strafgesetzbuch (StGB) darstellt, genügte dem Betriebsrat als Absicherung nicht.

Einen konkreten Anlass für den Verdacht, etwa eine zuvor stattgefundene illegale Überwachung, trug der Betriebsrat nicht vor.

BAG: Kein Recht auf technischen Schutz vor rechtswidrigen Handlungen

Das BAG entschied in seinem Beschluss vom 20. April 2016, dass der Betriebsrat nicht wegen der bloßen abstrakten Gefahr, dass Arbeitgeber oder Administratoren rechtswidrig handeln könnten, einen Anspruch auf technischen Schutz gegen solche rechtswidrigen Handlungen geltend machen können. Der Betriebsrat könne einen solchen Rundumschutz nicht verlangen; dieser sei nicht erforderlich. Es sei völlig ausreichend, wenn der Betriebsrat über die betrieblichen Netze an Telefon und Internet angeschlossen sei.

Resümee

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes ist erfreulich in seiner Klarheit. Letztlich müssen alle – Arbeitgeber, Mitarbeiter und Betriebsrat (sowie unsere gesamte Zivilgesellschaft) – täglich darauf vertrauen, dass die Rechtslage von allen beachtet wird. Im Vertrauen darauf – und die staatliche Sanktion etwaigen Fehlverhaltens – liegt der Kern unseres freiheitlichen Rechtsstaates.

Der Betriebsrat, dessen Arbeitsmittel und Ausstattung auf Kosten des Arbeitgebers gehen, kann keine technische Absicherung gegen rechtswidrige Handlungen verlangen. Hier wäre letztlich auch eine Grenzziehung nicht mehr möglich. Muss das Betriebsratsbüro/müssen die Schränke des Betriebsratsbüros einem Hochsicherheitstrakt gleich geschützt werden? Das Bundesarbeitsgericht sagt mit Recht „nein“. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn aufgrund konkreter Geschehnisse der begründete Verdacht besteht, dass zum einen rechtswidrige Handlungen von Arbeitgeber/Administratoren vorgenommen wurden und diese Pflichtverletzungen d des Arbeitgebers sanktionslos blieben. Dann mag es durchaus sein, dass der Betriebsrat im Einzelfall besondere Sicherungsmittel verlangen kann. Bis zum Beweis des Gegenteiles haben alle Seiten jedoch auf rechtmäßige Handlungen zu vertrauen.

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