Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 01.03.2016 (Az: 2 AZR 838/14) entschieden, dass eine Klage gegen eine Änderungskündigung auch dann begründet ist, wenn das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot zu unbestimmt ist.
Neben der Darstellung und Erläuterung der genannten Entscheidung werden im Folgenden die Voraussetzungen bezüglich der hinreichenden Bestimmtheit einer Änderungskündigung skizziert und anhand von Beispielen aufgezeigt.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1972 beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis galten die fachlich einschlägigen Tarifverträge.
Im Juni des Jahres 2011 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag. Dieser sah vor, dass für die Beschäftigten im Betrieb der bis dahin geltende Tarifvertrag keine Anwendung mehr finden sollten. Gelten sollte jetzt der Tarifvertrag der Telekom Deutschland GmbH. Der Tarifvertrag der Telekom Deutschland GmbH, der Anwendung finden sollte, war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages zwischen der Beklagten und ver.di jedoch noch nicht geschlossen.
Mit Schreiben vom 09.07.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich und bot ihr zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an. Einer dieser Bedingungen war die Geltung des noch nicht geschlossenen Tarifvertrages. Die „finale“ Fassung wurde der Klägerin vor Ausspruch der Kündigung im Intranet zugänglich gemacht.
Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an.
Die Unterzeichnung des streitigen Tarifvertrags durch die Tarifvertragsparteien erfolgte erst deutlich später. Die Klägerin richtete sich mit ihrer Klage gegen die Änderungskündigung.
Die Entscheidung
Das BAG hat zunächst klargestellt, dass die Änderungskündigung ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft sei. Zur Kündigungserklärung als erstes Element müsse als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen. Das Änderungsangebot müsse so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen könne. Ihm müsse klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so könne der Arbeitnehmer eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er müsse von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehne, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annehme. Schon im Interesse der Rechtssicherheit müsse deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen solle. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen.
Diesen Anforderungen genügte das der Klägerin mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht. Es mangelt an einer hinreichenden Bestimmtheit des Änderungsangebotes.
Der streitige Tarifvertrag existierte bei Zugang der Änderungskündigung lediglich in einer „finalen“ Fassung. Eine solche Version stellt lediglich einen Entwurf dar. Ein Tarifvertrag wird erst mit der Unterzeichnung durch die Tarifvertragsparteien wirksam.
Der Tarifvertrag wurde in dem von dem BAG zu entscheidenden Fall erst nach Ausspruch der Änderungskündigung von den Tarifvertragsparteien unterzeichnet. So ist für den Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs des Änderungsangebotes unklar gewesen, ob und mit welchem Inhalt der Tarifvertrag geschlossen werden würde. Diese Unklarheit geht zu Lasten des Arbeitgebers mit der Folge der Unwirksamkeit der Änderungskündigung.
Fazit
Erklärt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Änderungskündigung, so muss der Arbeitgeber unter anderem darauf achten, dass das Änderungsangebot hinreichend bestimmt ist. Eine fehlende Bestimmtheit des Änderungsangebots führt zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung.
Der Arbeitnehmer muss sich bei seiner Entscheidung, ob er das Angebot annimmt oder ablehnt, sicher sein können, zu welchen Konditionen sein Arbeitsverhältnis fortbestehen soll. Der Inhalt muss so deutlich formuliert sein, dass der Arbeitnehmer das Angebot mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann. Bestehen bei isolierter Betrachtung des Änderungsangebotes Unklarheiten, so gehen diese zu Lasten des Arbeitgebers.
An der hinreichenden Bestimmtheit fehlt es, z.B.
- wenn der Arbeitnehmer „zu einer geringeren Vergütung“ beschäftigt werden soll,
- wenn der Arbeitgeber an Stelle einer festen Zulage eine Leistungsprämie treten lassen will, ohne deren Inhalt zu konkretisieren,
- oder, wenn der Arbeitnehmer dem Angebot nicht zweifelsfrei entnehmen kann, ab welchem Zeitpunkt die Änderungen gelten sollen.
Zu unbestimmt ist es ebenfalls, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwei Änderungsangebote unterbreitet und ihm die Wahl überlässt.
Ebenso unzulässig ist es, wenn der Arbeitgeber verschiedene Änderungen der Arbeitsbedingungen mittels mehrerer zeitgleicher Änderungskündigungen durchführen will.
Nach dem BAG ist ein Angebot demgegenüber hinreichend bestimmt, wenn die Änderungsbedingungen einem Tarifvertrag entnommen werden können und auf diesen Bezug genommen wird. Dieser Tarifvertrag muss lediglich im Zeitpunkt der Kündigung wirksam sein.