Werkvertrag, Zeitarbeit & Co.: Koalitionsausschuss verständigt sich auf weitere Änderungen

RA/FAArbR Dr. Alexander Bissels, Partner, CMS Hasche Sigle, Köln

RA/FAArbR Dr. Alexander Bissels, Partner, CMS Hasche Sigle, Köln

Über die von Schwarz-Rot unternommenen „Anstrengungen“, das letzte im Koalitionsvertrag vorgesehene arbeitsrechtliche Großprojekt zur geplanten Re-Regulierung des Fremdpersonaleinsatzes, insb. also Zeitarbeit und Werk-/Dienstverträge, umzusetzen, wurde zuletzt sehr medienwirksam berichtet. Dazu wurde zunächst am 16.11.2015 ein Gesetzentwurf präsentiert, der nach einer deutlichen Kritik aus allen Lagern angepasst wurde. Die neue Fassung wurde sodann mit einigen Anpassungen am 17.02.2016 vorgelegt. Inhaltlich unverändert befasste sich der Koalitionsausschuss im April 2016 mit dem Gesetzesvorhaben. Am 10.05.2016 konnte schließlich ein politischer (wenn auch inhaltlich nicht zufriedenstellender) Durchbruch erzielt werden.

Einigung im Koalitionsausschuss erzielt

Der Koalitionsausschuss hat sich darauf verständigt, dass das Gesetz zur Regulierung des Fremdpersonaleinsatzes vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Bis zu dessen Beschluss sollen die in der Ressortabstimmung offen gebliebenen Punkte mit den nachfolgend dargestellten Änderungen angepasst werden. Im Ergebnis bedeutet dies für den Referentenentwurf (i.d.F. vom 14.04.2016) Folgendes:

Höchstüberlassungsdauer

Die Regelung zur Überlassungshöchstdauer (Grundsatz: maximal 18 Monate) wird so modifiziert, dass auch nicht tarifgebundene Unternehmen (,,OT-Betriebe“) ohne zeitliche Begrenzung von tariflichen Öffnungsklauseln Gebrauch machen können. Von dem im Referentenentwurf noch enthaltenen „Deckel“ von 24 Monaten kann abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen eine abweichende Höchstgrenze ausdrücklich festlegt. Nur wenn der Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen keine eigene Höchstüberlassungsdauer vorsieht, können nicht tarifgebundene Unternehmen eines solche von maximal 24 Monaten vorsehen.

Bei der Berechnung der Höchstüberlassungsdauer eines Arbeitnehmers wird die Unterbrechungszeit von 6 auf 3 Monate verkürzt. Dies hat zur Folge, dass bei einer „Aussetzung“ des Einsatzes von bis zu 3 Monaten alle davor und danach liegenden Überlassungszeiten zur Bestimmung des Zeitpunktes, wann die jeweils maßgebliche Höchstüberlassungsdauer erreicht ist, zusammengerechnet werden.

Equal pay

Bisher sah der Gesetzentwurf vor, dass auch bei der Einsatzdauer von 9 Monaten, die grundsätzlich. maßgeblich für den zwingenden Anspruch des Zeitarbeitnehmers auf equal pay ist, Überlassungszeiträume mitberücksichtigt werden, die vor dem vorgesehenen Inkrafttreten des Gesetzes (hier: 01.01.2017) liegen. Der Entwurf wird nun in der Weise geändert, dass nur Überlassungszeiten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes mitzählen sollen. Die Arbeitgeber erhalten – wie auch bei der Höchstüberlassungsdauer – also eine Übergangsfrist, sodass der Anspruch auf ein zwingendes equal pay frühestens ab dem 01.10.2017 entstehen kann.

Dieser Zeitpunkt kann sich noch weiter nach hinten schieben, da noch nicht abschließend geklärt zu sein scheint, ob die geplanten gesetzlichen Änderungen tatsächlich schon zum 01.01.2017 oder doch erst zum 01.07.2017 in Kraft treten werden. Hier scheint es noch Diskussionsbedarf zu geben. Es bleibt abzuwarten, welches Datum sich in dem noch vorzulegenden Gesetzesentwurf wiederfinden wird.

Die Unterbrechungszeiten zur Errechnung des für den Anspruch auf equal pay maßgeblichen Zeitraums (im Grundsatz: 9 Monate) werden – wie bei der Höchstüberlassungsdauer – von 6 auf 3 Monate verkürzt. Bei einer Unterbrechung des Einsatzes von mehr als 3 Monaten bedarf es also einer erneuten, mindestens 9 Monate andauernden Überlassung in den Einsatzbetrieb, bevor ein zwingender equal pay-Anspruch entstehen kann.

Streikbruch

Das Kundenunternehmen darf Zeitarbeitnehmer nicht einsetzen, wenn dessen Betrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist, also bestreikt wird. Es wird klargestellt, dass Zeitarbeitnehmer dann weiter überlassen werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass diese nicht (ggf. in der Kette) Aufgaben wahrnehmen, die bisher von streikenden Stammbeschäftigten verrichtet wurden. Das Konzernprivileg soll dadurch nicht beeinträchtigt werden.

Schwellenwerte der unternehmerischen Mitbestimmung

Zeitarbeitnehmern sollen bei der Bestimmung der Schwellenwerte bei der Unternehmensmitbestimmung beim Einsatzunternehmen mitzählen, wenn die Gesamtdauer der Überlassung 6 Monate übersteigt.

Zoll

Bisher sieht der Gesetzentwurf eine Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) dahingehend vor, dass der Zoll den Arbeitsschutzbehörden eine Mitteilung machen muss, wenn dieser Verstöße gegen den Arbeitsschutz feststellt. Diese Ergänzung entfällt ersatzlos.

Bewertung

In der wohl letzten Diskussionsrunde innerhalb der Großen Koalition vor Einleitung des formellen Gesetzgebungsverfahrens hat die Union der SPD mit Blick auf die geplante Re-Regulierung des Fremdpersonaleinsatzes noch einige Punkte abringen können.

Wesentlich ist dabei insbesondere, dass es bei der Berechnung der Einsatzdauer für die Entstehung eines zwingenden equal pay-Anspruchs nun eine Übergangsfrist gibt. Nicht nachvollziehbar war, warum die vor dem 01.01.2017 im Kundenbetrieb absolvierten Zeiten nur bei Höchstüberlassungsdauer, nicht aber beim zwingenden equal pay außen vor bleiben sollten. Insoweit erfolgt eine konsequente Gleichbehandlung der im Gesetzentwurf vorgesehenen zwei „harten“ Fristen von 9 und 18 Monaten. Auch die Verkürzung der Unterbrechungszeiträume bei der Fristenbestimmung ist zu begrüßen; gleiches gilt für die erweiterten Gestaltungsspielräume von nicht tarifgebundenen Unternehmen mit Blick auf die Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer durch eine Betriebsvereinbarung oder aber die Klarstellung bei dem Einsatz von Zeitarbeitnehmern in bestreikten Betrieben.

Die wesentlichen Probleme hat der Koalitionsausschluss aber auch mit den neuerlichen Anpassungen nicht beseitigt, nämlich dass über die maßgebliche Höchstüberlassungsdauer grundsätzlich. nur in Tarifverträgen der Kundenunternehmen, nicht aber der sachnäheren Zeitarbeitsbranche disponiert werden darf. Zudem verhält sich der Gesetzgeber nicht zu einer genauen Definition, was letztlich equal pay sein soll. Die nach 9 Monaten Einsatzdauer durchzuführende Gleichstellung von Zeitarbeitnehmern und Stammbeschäftigten bei der Vergütung wird vor diesem Hintergrund für die Personaldienstleister – um es vorsichtlich zu formulieren – erhebliche organisatorische und administrative Herausforderungen nach sich ziehen. Hier sollte der Gesetzgeber klarere Vorgaben machen, die für die Praxis eine taugliche Orientierung darstellen. Auch die (leidvolle) Kombination einer Höchstüberlassungsdauer und einem zwingenden equal pay wird beibehalten, obwohl diese für Zeitarbeitnehmer durchaus nachteilig wirken kann, wenn diese nach 9 Monaten monetär mit Stammbeschäftigten im Einsatzbetrieb gleichgestellt, aber nach 18 Monaten abgemeldet werden müssen, um sodann bei einem anderen Kunden des Personaldienstleisters für im Zweifel weniger Geld weiterbeschäftigt zu werden. Dass dieses „Konzept“ nicht sinnvoll sein kann, liegt auf der Hand.

Abgesehen davon werden auch durch die aktuellen Anpassungen nicht die über die im Koalitionsvertrag getroffenen Festlegungen überschüssigen Tendenzen beseitigt. Dies gilt insb. für die Berücksichtigung von Zeitarbeitnehmern bei der Bestimmung der Schwellenwerte bei der unternehmerischen Mitbestimmung beim Kunden. Zwar ist jetzt vorgesehen, dass dies erst ab einer Überlassung von mehr als 6 Monaten erfolgen soll. Im Koalitionsvertrag ist aber nur die Rede von den Schwellenwerten der Betriebsverfassung.

„Was lange währt, wird endlich gut“ – so heißt es in einem Sprichwort. Davon ist der Referentenentwurf – auch unter Berücksichtigung der jüngeren Änderungen – noch weit entfernt. Im Vergleich zum Erstvorschlag aus November 2016 sind zwar einige Verbesserungen vorgenommen worden – von „gut“ kann aber nach wie vor keine Rede sein. Es bleibt abzuwarten, ob im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren weitere – aus Sicht der Zeitarbeitsbranche dringend notwendige – Anpassungen durchgesetzt werden können.

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