Wo immer man hinblickt, besteht Reformbedarf. Ihm zu genügen, wird zur Zukunftsfrage für die USA, für Europa, für unsere Nachbarländer und auch für „dieses unser Land”. Es gibt Anzeichen dafür, dass wir gar nicht so schlecht dabei abschneiden könnten. Die anstehende Insolvenzrechtsreform, in Vorbereitung als „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen” (ESUG) wurde am 3. 2. 2011 an dieser Stelle als Hoffnungsträger präsentiert, dies allerdings mit dem Hinweis, dass auch auf die Insolvenzgerichte neue Herausforderungen zukommen. Genau da, lesen wir jetzt, steckt der Hase im Pfeffer (Dierig, DIE WELT vom 19. 4. 2011, S. 10):
„Man teile die Auffassung der Bundesregierung, dass der Erfolg eines Insolvenzverfahrens auch von der Fachkompetenz des Richters und der Rechtspfleger abhängt. ‚Dieser Umstand kann jedoch kein Anlass dafür sein, von den Insolvenzrichtern und den Insolvenzrechtspflegern den Nachweis besonderer Fachkenntnisse zu verlangen‘, schreiben die Ländervertreter in ihrer Stellungnahme …„
Diese Attitüde, erinnert sich der Leser, hat in „diesem unserem Land” Tradition. Als die Insolvenzordnung von 1994 nach 16 Jahren Reformarbeit endlich verabschiedet wurde, sorgten die Länder dafür, dass die dringend geforderte Reform erst nach fünf Jahren in Kraft trat, um den Gerichten die Umstellung auf das neue Recht nicht zu schwer zu machen. So durften sich diese noch für ein halbes Jahrzehnt mit den divergierenden Regeln des alten Rechts (Konkursordnung, Vergleichsordnung und Gesamtvollstreckungsordnung) abgeben, in denen sie sich, wie man glaubte, so recht eingerichtet hatten. Man hält es im Kopf nicht aus! Hundert Jahre zuvor, in dem als starr angesehenen Kaiserreich, ließ man der Praxis kaum mehr als drei Jahre, um das komplette Zivilrecht umzustellen. Da wurde, wo bis zum 31. 12. 1899 nach Badischem, Bayerischem, Preußischem oder gar römischen Recht judiziert wurde, ab 1900 das BGB vom 18. 8. 1896 angewandt.
Ein veritabler Erdrutsch war das im Vergleich, und der wurde auch noch als „nationale Aufgabe„ begrüßt. Heute, da feinfühlig vom „lebenslangen Lernen” geredet wird, liegt der Akzent wohl beim möglichst „langen”, sprich „langsamen” Lernen. Unser Land sollte sich und seinen Leistungsträgern mehr zutrauen!