Jetzt ist die 3. GroKo quasi amtlich. Was hat sie vor im Gesellschaftsrecht? Die Antwort lautet nach Durchsicht des Koalitionsvertrags: eher wenig.
Im Aktienrecht sind es zwei Projekte. Das eine betrifft die Regelung fehlerhafter Hauptversammlungsbeschlüsse, eine zweifellos bedeutende Materie. Sie soll von „Brüchen und Wertungswidersprüchen bereinigt werden“ (Koalitionsvertrag). Was das genau ist, bleibt zunächst im Dunkeln. Das Beschlussmängelrecht steht von allen Seiten in der Kritik, die gegensätzlicher kaum sein kann. Ob der Deutsche Juristentag im September 2018 wesentlich Erhellendes dazu beitragen wird? Jedenfalls wird der Gegenstand ein weiteres Mal breit diskutiert. Die seltsame Zweispurigkeit der geltenden Bestimmungen, die einerseits die Anfechtung recht großzügig ermöglicht, andererseits sie im Folgenden per Freigabeverfahren ins Leere laufen lässt, dürfte einer dieser „Brüche und Wertungswidersprüche“ sein.
Das zweite Projekt im Aktienrecht findet sich nicht im Koalitionsvertrag. Es ist der Exekutive und Legislative gleichermaßen vorgegeben, nämlich durch die EU-Richtlinie über Aktionärsrechte. Diese im vorigen Jahr wesentlich ergänzte Richtlinie, die ursprünglich aus dem Jahr 2007 stammt, ist bis zum Juni 2019 in deutsche Recht umzusetzen. Zeit genug, aber die Zeit fliegt dahin. Ein Entwurf des Umsetzungsgesetzes könnte im Sommer vorliegen. Er muss sich mit der Identifikation und Information des sog. Letztaktionärs befassen, mit der Zuständigkeit für die Vorstandsvergütung, mit der in das Konzernrecht eingreifenden Regelung der Geschäfte mit Großaktionären und mit den Pflichten der Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater.
Für das GmbH-Recht ist nichts angekündigt. Kommt es zu einer größeren Reform des Beschlussrechts (s.o), wird das zentral im Aktienrecht geschehen, aber auch im GmbHG seine Spuren hinterlassen. So sind Fragen der Kompetenz eines Versammlungsleiters bezüglich der verbindlichen Beschlussfeststellung in neuerer Diskussion offen; auch die Übertragbarkeit des Freigabeverfahrens steht im Streit.
Das Personengesellschaftsrecht hingegen wird eigens im Koalitionsvertrag erwähnt. Allerdings dilatorisch: Zunächst soll eine Expertenkommission eingesetzt werden. Was genau der Gegenstand möglicher Neuregelungen ist, bleibt ungesagt. Man darf vermuten, dass es im Wesentlichen um die BGB-Gesellschaft geht, deren Rechtsfähigkeit seit der Jahrtausendwende höchstrichterlich anerkannt ist, wenn sie nach „außen“ auftritt, die aber mit erheblichen Folgeproblemen ringt. Eines davon ist, dass man nicht weiß, wer zum Gesellschafterkreis gehört und wer die Gesellschaft mit welcher Befugnis vertritt. Ein Register gibt es nur in Spezialfällen (GbR als GmbH-Geschäftsanteilsinhaber, GbR als Eigentümer eines Grundstücks) – hier könnte man ausbauen. Die Experten könnten sich auch um den Graubereich zwischen der BGB-Gesellschaft und dem Verein kümmern (Stichwort: § 54 BGB als Lüge im Gesetz).
Das Vereinsrecht schließlich wird mit einer Formulierung bedacht, die wenig erkennen lässt. Es werden „im Interesse von bürgerschaftlichen Initiativen Verbesserungen im Vereinsrecht angestrebt“. Der BGH hat in seinen Kita-Beschlüssen großzügig einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gebilligt, wenn er der ideellen Zwecksetzung irgendwie dient und es keine Ausschüttung an die Vereinsmitglieder gibt. Damit dürfte auch der vielbeschworene „Bürgerladen“ als eingetragener Verein zu organisieren sein – und keine Reform vonnöten.
Was sonst noch im Gesellschaftsrecht auf uns wartet, wird sich in diesem Frühjahr zeigen, wenn das schon lange angekündigte „Company Law Package“ der EU-Kommission vorgelegt wird, von dem u.a. Aussagen zur Sitzverlegung und zur Digitalisierung erwartet werden.