Der (rechtliche) Umgang mit einem abberufenen GmbH-Geschäftsführer ist immer wieder problematisch. Der Klassiker ist die Frage nach dem Rechtsweg, wenn sich der Geschasste wehren möchte. Davon soll hier nicht die Rede sein, sondern von der anderen Seite: Wer vertritt die GmbH im Streit mit dem Ex? Hierzu hat der II. Zivilsenat des BGH im Jahr 2016 und vor wenigen Tagen zwei Entscheidungen getroffen. Das aktuelle Urteil vom 17.7.2018 (II ZR 452/17) handelt von einem ehemaligen Geschäftsführer, der Entgelt aus seinem Dienstvertrag einklagte. Dem hielt die beklagte GmbH entgegen, die Gesellschafter hätten mit ihm die Einstellung der Vergütungszahlung vereinbart – unstreitig. Jetzt kam es darauf an, ob die Gesellschafter für die Vertragsänderung auch zuständig waren. Waren sie es nicht, sondern der amtierende Geschäftsführer, wäre der Vertrag unverändert und müsste erfüllt werden. So sah es das Berufungsgericht, aber der BGH korrigiert. Allgemeiner Auffassung nach besteht eine Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung für den Dienstvertrag des Geschäftsführers. Diese besteht – so das neue Urteil – auch für den Vertrag des ausgeschiedenen Geschäftsführers. Ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Abberufung (hier: Oktober 2014) und Vertragsänderung (hier: März/Mai 2015) sei nicht erforderlich. Offen bleibt danach, was gilt, wenn nur noch ein weiter Zusammenhang oder gar keiner mehr besteht, etwa wenn Jahre später über Rentenansprüche gestritten wird.
Einen Hinweis auf eine Kompetenzverlagerung von der Gesellschafterebene hin zu den Geschäftsführern gibt der Senat für den Fall, dass der Abberufene als Angestellter der GmbH weitermacht: Wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat, fällt eine Änderung des Dienstvertrags des abberufenen Geschäftsführers unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers.
Der Beschluss des BGH vom 2.2.2016 (II ZB 2/15) betrifft den ähnlichen Fall, dass der Ex-Geschäftsführer weiteres Entgelt aus dem Dienstvertrag einklagt und ihm die GmbH, vertreten durch die Gesellschafterversammlung, entgegentritt (im Original war es ein Beirat, der wirksam an Stelle der Gesellschafter handelte). Hier richtet sich der Blick auf § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG. Danach unterliegen der Bestimmung der Gesellschafter die „Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat“. Indessen war der Kläger gar nicht mehr Geschäftsführer. Für den Prozess um Ersatzansprüche (§ 46 Nr. 8 Alt. 1 GmbHG) gegen den ehemaligen Geschäftsführer hat der BGH schon früh entschieden, dass darüber per Gesellschafterbeschluss zu befinden ist (BGHZ 28, 355). „Fraglos“ sei von dieser Rechtsprechung auch der Rechtsstreit umfasst, in dem ein Geschäftsführer seine Abberufung und fristlose Kündigung anzweifelt und demgemäß sein Gehalt einklagt, heißt es jetzt. Diese Wendung ist etwas pauschal.
Es sind zwei Fragen zu unterscheiden: (1) Muss die Gesellschafterversammlung über die besondere Vertretung beschließen? (2) Kann die Gesellschafterversammlung über die besondere Vertretung beschließen? Die erste Frage ist negativ zu beantworten. Die Gesellschafter brauchen sich mit der Angelegenheit nicht zu befassen. In diesem Fall besteht die organschaftliche Vertretung der GmbH durch die Geschäftsführer fort. Die Antwort auf die zweite Frage ist umstritten. Der BGH und die wohl h.M. lassen es zu, dass die Gesellschafterversammlung (oder an ihrer Stelle ein Beirat) die organschaftliche Vertretung beiseiteschiebt und besondere Vertreter bestellt. Das ist einsichtig, wenn die Abberufung im Streit steht und/oder Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag geltend gemacht werden (wie im BGH-Fall). Dann kann man mit Fug sagen, dass § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG „die unvoreingenommene Prozessführung in Rechtsstreitigkeiten sicherstellen soll, in denen regelmäßig die Gefahr besteht, dass die nach § 35 GmbHG an sich zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Geschäftsführer befangen sind“ (BGH). Das ist anzunehmen, wenn es um die Stellung als Geschäftsführer und seinen Dienstvertrag geht. Bei einem anderen Streitgegenstand (Bspl.: Pachtforderungen des ehemaligen Geschäftsführers) wäre hingegen die Annahme einer abstrakten Gefahr, amtierende Geschäftsführer seien befangen, fernliegend. Hier kann die Gesellschafterversammlung also nicht in die Vertretungsordnung eingreifen. Diese Differenzierung ist normzweckgerecht und sie ist praktikabel.