Das Rechtsinstitut der fehlerhaften Gesellschaft, einst erfunden, um fehlerhaft gegründete Gesellschaften zu einem Nullum werden zu lassen, konterkariert den Anlegerschutz bis hinein in Fälle der Innengesellschaft (z.B. BGH-Urteile vom 29. 11. 1952 – II ZR 15/52, vom 29. 6. 1970 – II ZR 158/69 sowie vom 26. 9. 2005 – II ZR 314/03, DB 2005 S. 2573) und der treuhänderischen Beteiligung (z.B. BGH-Urteil vom 2. 7. 2001 – II ZR 304/00, DB 2001 S. 1775).
Die Fehlerhaftigkeit des Beitritts, z.B. aufgrund Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz oder wegen Ausübung eines verbraucherschützenden Widerspruchsrechts, ist kein verlässlicher Schutz. Jüngst hat der XI. Zivilsenat des BGH sogar die nichtige Übertragung der Treuhandanteile an einer Treuhand-Fondsgesellschaft auf die Treugeber den Grundsätzen über die Anerkennung fehlerhafter Gesellschaften unterworfen (BGH-Urteil vom 20. 7. 2010 – XI ZR 465/07, DB 2010 S. 1751). Im Ergebnis bedeutet all dies: Der Anlegerschutz funktioniert zwar im Innenverhältnis gegenüber dem Vertragspartner des Anlegers (vgl. etwa zur „Göttinger Gruppe“ zusammenfassend BGH vom 26. 9. 2005 – II ZR 314/01; zu einem geschlossenen Immobilienfonds OLG Zweibrücken, Urteil vom 25. 6. 2009 – 4 U 124/08), versagt aber, wo Gesellschafts- und Gläubigerinteressen im Spiel sind.
Der EuGH hat durch Urteil vom 15. 4. 2010 (Rs. C-215/08) den deutschen Gerichten grünes Licht für die Anwendung dieser Doktrin auch gegenüber den durch die Haustürgeschäfte-Richtlinie (RL 85/577/EWG) geschützten Anlegern gegeben, und seither ist kein Entrinnen mehr aus der Haftung der Anleger für ungedeckte Verluste nach §§ 735, 739 BGB (vgl. nur BGH vom 12. 7. 2010 – II ZR 292/06, DB 2010 S. 1756 bzw. aufgrund II ZR 269/07) bzw. aufgrund der an die Gesellschaft abgetretenen Ansprüche aus Treugeberhaftung (BGH-Urteil vom 11. 11. 2008 – XI ZR 468/07, DB 2008 S. 2829). Aufrechungserklärungen der Treugeber mit Ersatzansprüchen gegen die Treuhandgesellschafter haben die meisten Oberlandesgerichte nicht zugelassen (OLG Nürnberg, Urteil vom 17. 1. 2008 – 2 U 782/07; OLG Koblenz, Urteil vom 11. 12.2008 – 6 U 1353/07; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. 3. 2010 – 14 U 50/09, DB0364417; a.M. OLG Karlsruhe vom 6. 8. 2009 – 4 U 11/08).
Der Fragenkreis wurde am 12. November bei der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung (VGR) eingehend diskutiert (Referent Dr. Joachim Tebben). Der BGH steht vor der endgültigen Klärung mehrerer einschlägiger Fälle. Am Montag, 22. November, wird in Karlsruhe beraten. Man darf gespannt sein.