Der Arbeitgeber ist für die Personalplanung verantwortlich. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat jedoch über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen, anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Schwierigkeiten bereitet in der Praxis nicht selten die Abgrenzung zwischen vorbereitenden, abstrakten Planspielen des Arbeitgebers und einer konkreten Planung. Für Arbeitgeber bedeutet dies oft Ungewissheit, ob ein vom Betriebsrat geltend gemachtes Informations- und Beratungsrecht im konkreten Fall tatsächlich besteht. Das BAG hat mit seinem Beschluss vom 12.03.2019 (1 ABR 43/17) die Grenzen weiter präzisiert.
Begriff der Personalplanung
Eine vorausschauende Personalplanung ist wegweisend für eine nachhaltige Personalentwicklung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung. Grundlegende Themen wie veränderte arbeitsplatzbezogene Anforderungen, Flexibilisierung und Qualifizierung sind eng mit der Personalplanung verknüpft. Dies gilt insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel und strukturellen Veränderungen der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts. Das Informations- und Beratungsrecht des Betriebsrats im Rahmen der Personalplanung sichert dem Betriebsrat eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Entscheidungen des Arbeitgebers und bezweckt die Objektivierung und Durchschaubarkeit der allgemeinen betrieblichen Personalwirtschaft und der personellen Einzelmaßnahmen.
Obgleich die Personalplanung in der Praxis einen zentralen Bereich der Unternehmensplanung darstellt, ist der Begriff gesetzlich nicht definiert. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht von einem weiten Verständnis aus, wonach zur Personalplanung die Personalbedarfsplanung, die Personaldeckungsplanung, die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung gehören (vgl. BAG vom 08.11.2016 – 1 ABR 64/14; BAG vom 23.03.2010 – 1 ABR 81/08).
Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis
Das BAG hatte mit seinem Beschluss vom 12.03.2019 (1 ABR 43/17) nun über einen Antrag des Betriebsrats auf Vorlage von Unterlagen des Arbeitgebers zum Abgleich des Ergebnisses von virtuellen Mustereinheiten mit tatsächlichen Bereichen im Betrieb sowie zu den Mustereinheiten an sich zu entscheiden.
Im Rahmen eines bei der Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten ganzheitlichen Einkommensüberprüfungsprozesses erfolgt regelmäßig eine Überprüfung der betrieblichen Einkommen. Als Instrument zur Vergütungsplanung verwendete die Arbeitgeberin das IT-Tool ERAeCon. In diesem Zusammenhang werden virtuelle Musterbetriebe (zu Planungszwecken geschaffene „perfekte, ideale Betriebe“) sowie Bereichs-Soll-Entgeltgruppendurchschnitte als Steuerungsgrößen zugrunde gelegt. Konkret werden die ausgehend von einem Musterbetrieb festgelegten Sollstrukturen im Planungsprozess auf real existierende Fachbereiche unter Berücksichtigung bereichsspezifischer Besonderheiten übertragen und Bereichs-Soll-Entgeltgruppendurchschnitte gebildet.
Dies rief, wenig überraschend, den Betriebsrat auf den Plan, der der Auffassung war, die Simulation anhand von Musterbetrieben und die Bildung von Soll-Entgeltgruppendurchschnitten seien Teil der Personalplanung, hinsichtlich derer der Betriebsrat anhand von Unterlagen zu unterrichten sei. Entscheidend, so die Argumentation des Betriebsrats, sei, dass die Vorgesetzten der einzelnen Bereiche sich an den Soll-Entgeltgruppendurchschnitten orientieren und entsprechende Veränderungen im Zusammenhang mit Einstellungen und Umgruppierungen vornehmen müssten, sofern der Ist-Entgeltgruppendurchschnitt hiervon abweiche. Jedenfalls bestehe aber ein faktischer Handlungsdruck. Die Vorgaben der Arbeitgeberin hätten somit Einfluss auf die konkrete Personalplanung.
Vor diesem Hintergrund beantragte der Betriebsrat, über die betrieblichen Kennzahlen der Bereichs-Soll-Entgeltgruppendurchschnitte unterrichtet zu werden und machte zudem einen Unterrichtungsanspruch bezüglich der im Betrieb angewandten Unterlagen zu Musterbetrieben geltend.
Das Arbeitsgericht Stuttgart wies die Anträge des Betriebsrats in erster Instanz zurück. Im Beschwerdeverfahren stellte das LAG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 12.07.2017 (2 TaBV 5/16) fest, dass jedenfalls die Bildung der Bereichs-Soll-Entgeltgruppendurchschnitte Teil der Personalplanung im Sinne des § 92 Abs. 1 BetrVG sei; die bei der Arbeitgeberin gebildeten Musterbetriebe seien dagegen nicht Teil der Personalplanung.
Die Entscheidung des BAG
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte Erfolg. Das BAG lehnte einen Informationsanspruch des Betriebsrats vollumfänglich ab. Weder die Unterlagen zur Steuerung der betrieblichen Kennzahlen der Bereichs-Soll-Entgeltgruppendurchschnitte, noch die Unterlagen zu den – gedanklichen – Musterbetrieben betreffen nach Auffassung des BAG personalplanerische Belange.
Voraussetzung: Gedankliche Vorwegnahme des künftigen Personalgeschehens
Im allgemeinen Sinn, so das BAG, meint „Planung“ den Prozess des Festlegens von Zielen und des Formulierens von Methoden, Strategien und Vorgehensweisen, um diese zu erreichen. Das Unterrichtungsrecht des Betriebsrats und die auf „erforderliche“ Unterlagen bezogene Vorlageverpflichtung des Arbeitgebers knüpfen an die rationale, gedankliche Vorwegnahme von künftigen Handlungsschritten an, die zur Erreichung eines Ziels notwendig scheinen. Eine Personalplanung setze dementsprechend Prozesse voraus, die das künftige Personalgeschehen zumindest gedanklich vorwegnehmen; hierauf sei das Beteiligungsrecht des Betriebsrats beschränkt.
Erforderlich hierfür sei jedenfalls, dass es in der Folge des Festlegungsprozesses aufgrund der in Unterlagenform verlangten Kennzahlen zu personelle Planungen in Bezug auf einzelne oder mehrere Arbeitnehmer oder Auswirkungen auf deren leistungsbezogene Vergütungsbestandteile kommt; hierfür lagen im konkreten Fall keine Anhaltspunkte vor. Das BAG stellte klar, dass Überlegungen oder Ermittlungen des Arbeitgebers dahingehend, ob überhaupt ein Handlungsbedarf – bezogen auf kollektivplanerische Personalmaßnahmen – besteht, bzw. welche Handlungsspielräume ihm diesbezüglich zur Verfügung stehen, noch nicht Teil der Personalplanung seien.
Die vom Betriebsrat begehrten Unterlagen betrafen zusammenfassend allenfalls Parameter, die gegebenenfalls noch vorzunehmende Planungen lediglich vorbereiten.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist konsequent; sie knüpft an die grundlegende Rechtsauffassung des BAG zum Umfang des betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechts gemäß § 92 Abs. 1 BetrVG an (vgl. hierzu BAG vom 08.11.2016 – 1 ABR 64/14). Die vom BAG zugrunde gelegten Wertungen ermöglichen eine durchaus praktikable und weitgehend rechtssichere Abgrenzung zwischen vorbereitenden Planspielen des Arbeitgebers und Stadien der Personalplanung. Die Entscheidung ist auch eine Entwarnung für Arbeitgeber, die nach dem Beschluss des LAG Baden-Württemberg befürchten mussten, zur Offenlegung sämtlicher Informationen zu internen Vorüberlegungen gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet zu sein, sofern diese einen wie auch immer gearteten Einfluss auf die konkrete Personalplanung haben könnten. Eine Verpflichtung, den Betriebsrat bereits bei derartigen Vorüberlegungen zu beteiligen, wäre kaum zu rechtfertigen. Sie wäre, gemessen am Zweck des Beteiligungsrechts, auch nicht veranlasst. Es darf zudem bezweifelt werden, dass eine derart frühe Beteiligung des Betriebsrats praktikabel gewesen wäre.
Arbeitgeber müssen sich stets fragen, ob Erwägungen zum künftigen Personalgeschehen bereits rational und gedanklich spätere Handlungsschritte zur Erreichung ihrer Ziele vorwegnehmen; erst dann liegt eine Personalplanung vor.