Das 2015 in Kraft getretene Führungspositionen-Gesetz sollte die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen fördern. Der Aufsichtsrat von börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen muss sich danach aktuell zu jeweils mindestens 30% aus Frauen und Männern zusammensetzen (fixe Quote). Bei Gesellschaften, die lediglich börsennotiert oder mitbestimmt sind, muss der Aufsichtsrat dagegen lediglich eine Zielgröße für Vorstand und Aufsichtsrat festlegen (flexible Quote).
Unter Geltung der fixen Quote ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 105 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen zwischen dem 14.01.2015 und dem 30.04.2020 um 13,9% auf 35,2% angewachsen. Dagegen verzeichneten dieselben Unternehmen im gleichen Zeitraum bei Geltung der flexiblen Quote für Vorstände nur einen Anstieg von 4,9% in 2015 auf 11,5% in 2020. Auch der Anstieg des Frauenanteils in Aufsichtsräten unter der flexiblen Quote von 12,7% auf 22,8% fiel entsprechend dem 188 Women-on-Board-Index 185 der Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte e.V.“ (FidAR; Stand der Überarbeitung: 30.04.2020) deutlich geringer aus. Die erhoffte gleichberechtigte Teilhabe ist damit jedenfalls außerhalb des Geltungsbereichs der fixen Quote bislang nicht erreicht. Anfang Januar 2021 hat das Bundeskabinett daher das Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) mit dem Ziel beschlossen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen weiter zu erhöhen.
Dieses sieht nun ein Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände vor: Zukünftig soll sich ein Vorstand, der aus mehr als drei Personen in börsennotierten und mitbestimmten Gesellschaften besteht, aus mindestens einer Frau und mindestens einem Mann zusammensetzen. Halten sich Unternehmen nicht an das Mindestbeteiligungsgebot, ist die Bestellung eines Vorstandsmitglieds nichtig.
Zugleich betrifft das Mindestbeteiligungsgebot nach Angaben der FidAR derzeit nur 66 der 105 Unternehmen. Ein großer Teil der Unternehmen wird daher nach wie vor keinen sanktionsbewährten Vorgaben in Bezug auf die Umsetzung gleichberechtigter Teilhabe in Vorständen unterliegen.
Ein Vorstoß des Bundesjustizministeriums, der auf die Initiative „Stayonboard“ zurückgeht, soll den Frauenanteil in Führungspositionen nun durch die grundsätzliche Möglichkeit von Auszeiten für Vorstandsmitglieder für den Fall einer gewünschten Kinderbetreuung, der Pflege von Angehörigen oder eigener Krankheit verstärken. So soll eine Amtsniederlegung aus Haftungsgründen vermieden werden, die bislang in der Praxis eine Frage der Abstimmung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand war. Die Entscheidung, eine Auszeit von maximal einem Jahr zu gewähren, soll dabei dem Aufsichtsrat obliegen, ein Anspruch dagegen nicht bestehen.
Im Hinblick auf Auszeiten für Vorstandsmitglieder zur Pflege von Angehörigen kann dies Impulse setzen. Auch die neu geschaffene Bereitschaft, hinsichtlich von Familienauszeiten für Führungskräfte der ersten Ebene, die nicht den entsprechenden Arbeitnehmerschutzvorschriften unterfallen, gesetzgeberisch tätig zu werden, kann Motor für weitere Veränderungen auf der ersten Leitungsebene sein. Wie viele Fälle eine etwaig gesetzlich verankerte Elternauszeit in der Praxis jedoch tatsächlich betreffen wird, bleibt abzuwarten.
Entscheidend für die weitere Entwicklung der Geschlechterparität in Führungspositionen dürfte daher insbesondere auch sein, wie der Gesetzgeber die Entgeltgleichheit weiter gestaltet. Seit 2017 ist mit dem Entgelttransparenzgesetz ein weiteres Instrument zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Kraft, wonach Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die zur Erstellung eines Jahresberichts nach dem Handelsgesetzbuch verpflichtet sind, einen Gleichstellungsbericht erstellen müssen. Dieser Gleichstellungsbericht muss u.a. diejenigen Maßnahmen beinhalten, die grundsätzlich zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern umgesetzt werden und die speziell zur Herstellung von Entgeltgleichheit getroffen werden. Eine unmittelbare Verpflichtung, Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern konkret zu benennen, ist nicht enthalten.
Zugleich sieht das Entgelttransparenzgesetz in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch zu Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung vor, sowie auf Angaben zum Vergleichsentgelt. Dieser hat durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2021 (8 AZR 488/19) neue Relevanz erlangt: Das Gericht hat in Ansehung einer Klage auf Differenzvergütung wegen geschlechterdiskriminierender Vergütung entschieden, dass eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts regelmäßig widerlegbar zu vermuten ist, wenn sich aus der Auskunft des Arbeitgebers ergibt, dass das Entgelt der die Auskunft begehrende Person geringer ist, als das der Vergleichsperson. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte in der Vorinstanz zwar angenommen, dass grundsätzlich aus einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes ein Erfüllungsanspruch hinsichtlich des Differenzentgeltes folgt, jedoch eine Beweiserleichterung des Vorliegens einer Diskriminierung noch abgelehnt. Es ist zu erwarten, dass Unternehmen vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts eine deutlich höhere Anzahl entsprechender Auskunftsverlangen von Arbeitnehmern erhalten.
Weitere Änderungen könnten sich aufgrund eines Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission für Lohntransparenz und diesbezügliche Durchsetzungsmechanismen vom 4. März 2021 ergeben, der u.a. vorsieht, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern jederzeit Auskunft über nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Durchschnittseinkommen geben und Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten Informationen über Entgeltgefälle veröffentlichen müssen. Außerdem enthält der Richtlinienvorschlag eine Entschädigung für Arbeitnehmer und staatliche Sanktionsmöglichkeiten im Falle der geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung. Die finale Formulierung einer etwaigen EU-Richtlinie und ggf. notwendige Umsetzung in nationales Recht bleiben abzuwarten.