Neben den ständigen Autoren schreiben in diesem Blog regelmäßig führende Köpfe aus der Justiz, Verwaltung und Wirtschaft als Gastautor über aktuelle Themen.

Beiträge von Gastautor:

Drohende Zufallsmehrheiten in der Hauptversammlung

RA Dr. Markus Stephanblome, LLM., Counsel, Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Frankfurt/M.

Die Präsenz bei der diesjährigen Hauptversammlung der Siemens AG war mit 33,82% die niedrigste der letzten sieben Jahre. Bei geringer Präsenz können Aktionäre bereits mit vergleichsweise geringer Beteiligung Abstimmungen beeinflussen. Gesellschaften ohne verlässliche Großaktionäre drohen dann Zufallsmehrheiten. Das kann bei der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat oder dringend benötigten Kapitalmaßnahmen zu unangenehmen Überraschungen führen. Eine ähnlich niedrige Präsenz droht in der anstehenden Hauptversammlungssaison auch anderen Gesellschaften, die Namensaktien ausgegeben haben. Auslöser dafür ist das Urteil des OLG Köln vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11.

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Entwurf eines deutschen Trennbankengesetzes

RA Dr. Dirk H. Bliesener, Partner, Hengeler Mueller, Frankfurt/M.

Die Bundesregierung hat am 6. 2. 2013 den „Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“ vorgelegt. Der Entwurf ist der vorläufige Kulminationspunkt der Reformbestrebungen zur Abwendung und Bewältigung von Bankenkrisen in Deutschland. Die Bundesregierung greift damit Diskussionsvorschläge der Liikanen-Expertengruppe vom Oktober 2012 auf, die die Abtrennung spekulativer Handelsgeschäfte von Einlagenkreditinstituten gefordert hatte. Zugleich setzt das Vorhaben die vom Financial Stability Board 2011 veröffentlichten Prinzipien der Sanierungs- und Abwicklungsplanung um, auf die sich die G20 geeinigt haben. Darüber hinaus soll die Verletzung von Mindeststandards im Risikomanagement durch Geschäftsleiter im Falle der Bestandsgefährdung eines Instituts unter Strafe gestellt werden.

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Gerichtliche Überprüfung von Durchsuchungen durch die Europäische Kommission

RA Dr. Carsten Grave, Partner, Linklaters LLP, Düsseldorf

RA Dr. Carsten Grave, Partner, Linklaters LLP, Düsseldorf

Das Gericht der Europäischen Union („EuG“) hat in einem Urteil vom 19. 11. 2012 (Rs. T-135/09 – Nexans / Kommission) erörtert, in welchem Umfang Unternehmen Durchsuchungen durch die Europäische Kommission gerichtlich überprüfen lassen können. Es hat dabei der Kommission gewisse Grenzen gezogen. Aber weiterhin tragen die Unternehmen das erhebliche Risiko einer (selbst unverschuldeten) falschen Einschätzung der Ermittlungsbefugnisse der Kommission. Der Entscheidung lag eine Durchsuchung („Nachprüfung“) mehrerer Unternehmen wegen Preisabsprachen im Bereich Stromkabel im Jahr 2009 zugrunde. Die Entscheidung, mit welcher die Kommission die Nachprüfung anordnete, nannte als Gegenstand der Untersuchung „elektrische Kabel […], u. a. einschließlich unterseeischer und unterirdischer Hochspannungskabel“. Nexans verlangte vor Gericht die Aufhebung der Nachprüfungsentscheidung, denn der Untersuchungsgegenstand sei zu unbestimmt und zu weit gefasst. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht hätten nur für die ausdrücklichen genannten Kabelarten vorgelegen. Letzteres ergebe sich aus den im Einzelnen durchsuchten Büros und aus einer Pressemitteilung der Kommission.

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Vorsicht bei Zahlungsversprechen an Gesellschafter: BGH konkretisiert Anforderungen

RA Christian A. Krebs, Jones Day, Frankfurt/M.

Bedarf die Zusage einer Sonderzahlung an einen stillen Gesellschafter, der wegen eines Jahresfehlbetrags der Gesellschaft keinen Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung hat, einer besonderen Form, um wirksam zu sein? Dies ist im Kern die Frage, die der BGH mit Urteil vom 18. 9. 2012 – II ZR 50/11, DB 2013 S. 45 zu entscheiden hatte.

Hintergrund war eine von insgesamt sieben Klagen von Sparkassen und Versicherungsunternehmen, die im Jahr 2008 mit einer Vermögenseinlage stille Gesellschafter der HSH Nordbank AG (HSH) waren. Im entschiedenen Fall stand der stillen Gesellschafterin laut Gesellschaftsvertrag eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 6,32% ihrer Einlage zu, soweit hierdurch bei der HSH kein Jahresfehlbetrag entstehen oder erhöht würde.

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Praxistipps für den Umgang mit schwerbehinderten Menschen im Bewerbungs- und Einstellungsverfahren

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Da schwerbehinderte Menschen – wie alle anderen Mitarbeiter – für Unternehmen eine große Bereicherung sein können, wurden die Rechte schwerbehinderter Menschen in der Vergangenheit richtigerweise immer weiter gestärkt und durch die Rechtsprechung konkretisiert. Auf der Arbeitgeberseite ist dies verbunden mit der Notwendigkeit, im Umgang mit Bewerbungen und Einstellungen von schwerbehinderten Menschen einen besonderen Sorgfaltsmaßstab anzulegen.

Ausgangspunkt ist das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), überschrieben mit dem Titel „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“, d.h. Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50, in Ausnahmefällen bereits mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30 (gleichgestellte behinderte Menschen). Das SGB IX regelt unterschiedliche arbeitgeberseitige Pflichten. (mehr …)

Generalanwalt befürwortet Akteneinsicht im Fall Donau Chemie

RA Dr. Thomas Kapp, Partner, Leiter der Kartellrechtspraxis, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Stuttgart

Kartellrechtler verfolgen das Vorlageverfahren Donau Chemie (Rs. C-536/11) seit längerem gespannt: Schließlich geht es um die Frage, ob die gesetzlichen österreichischen Zugangsregelungen zu Kartellverfahrensakten gegen Unionsrecht verstoßen.

 Jetzt hat der Generalanwalt endlich die Schlussanträge verkündet (Stellungnahmen vom 7. 2. 2013). Er argumentiert, dass die gesetzliche Regelung in Österreich, welche das Akteneinsichtsrecht von Kartellgeschädigten grundsätzlich ausschließt, nicht mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz (Art. 19 Abs. 1 EUV) vereinbar ist.

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Rechtsrahmen für Konzerninsolvenzen – Diskussionsentwurf des BMJ

RA Dr. Matthias Nicht, Senior Associate, CMS Hasche Sigle, Frankfurt am Main

Die unkoordinierte Eröffnung und Durchführung einer Mehrzahl von Insolvenzverfahren im Konzern kann dazu führen, dass „wertmaximierende Verwertungsstrategien“ behindert oder unterbunden werden, weil eine Mehrzahl von Gerichten und Insolvenzverwaltern − jeweils auf das eigene Insolvenzverfahren und dessen richtige Durchführung fokussiert – das Gesamtbild des Konzerns aus dem Auge verliert. Es wurde bereits hervorgehoben, dass „Reibungs- und Wertverluste“ zu befürchten sind, vor allem aber der Verlust der Synergien, die den Konzernaufbau ehemals gekennzeichnet haben.

Bislang hat sich die Praxis bei (grenzüberschreitenden) Konzerninsolvenzen durch den Einsatz informeller Koordinationsmittel beholfen. So haben etwa Gerichte sich bei mehreren Insolvenzanträgen verschiedener Konzerngesellschaften abgestimmt. Waren die Insolvenzanträge bei einem Insolvenzgericht oder in der Hand eines Insolvenzrichters gebündelt, konnte ein einheitlicher Insolvenzverwalter bestellt werden oder zumindest Sozien aus einer Verwalterkanzlei, was dazu führt, dass in Anlehnung an die ehemals vorhandene einheitliche Leitung im Konzern wenigstens eine personell koordinierte Insolvenzverwaltung stattfinden konnte. Hierdurch konnte der Verbundwert gesichert werden.

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Leiharbeitnehmer wählen – und zählen

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. André Zimmermann, Allen & Overy LLP, Frankfurt/M.

Das BAG hat entschieden, dass Leiharbeitnehmer im Einsatzbetrieb für den Schwellenwert des Kündigungsschutzgesetzes mitzuzählen sind, wenn ihr Einsatz auf einem in der Regel vorhandenen Personalbedarf beruht (Urt. vom 24. 1. 2013 – 2 AZR 140/12, DB v. 26.01.2013, PM Nr. 6/13). Damit bricht das Gericht mit der nahezu einhelligen Meinung und der Rechtsprechung mehrerer Landesarbeitsgerichte. Das kann dazu führen, dass nun wesentlich mehr Betriebe unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen.

Der allgemeine Kündigungsschutz gilt nach § 23 Abs. 1 Satz 3 Kündigungsschutzgesetz nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Das BAG musste jetzt entscheiden, ob im Einsatzbetrieb Leiharbeitnehmer mitzuzählen sind.

Die Beklagte beschäftigte zehn Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß. Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, so dass die Schwelle von 10 Arbeitnehmern überschritten sei. (mehr …)

Bundesarbeitsgericht verschärft Maßstab für AGG-konforme Stellenanzeigen

RA/FAArbR Maximiliane Kempermann, Assoziierte Partnerin, Flick Gocke Schaumburg, Bonn/Berlin

Hinweise in Stellenanzeigen auf die erwünschte Berufserfahrung von Bewerbern sind in Deutschland noch gängige Unternehmenspraxis. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dem in einer aktuellen Entscheidung nun Grenzen gesetzt (Az. 8 AZR 429/11).

Der damals 36jährige Kläger hatte sich bei der Berliner Charité für ein Traineeprogramm beworben, das sich an „Hochschulabsolventen/Young Professionals“ und Berufsanfänger richtete. Der Kläger verfügte über circa acht Jahre Berufserfahrung. Auf seine Bewerbung erhielt er eine Absage und verklagte die Charité auf Schadenersatz. Dabei berief sich der Kläger unter anderem auf eine Altersdiskriminierung und damit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) durch die Beschränkung des Traineeprogrammes auf Berufseinsteiger. (mehr …)

BGH: Anforderungen an Plausibilitätsprüfung eines Prospekts durch Anlageberater

RA Dr. Thorsten Voß, Partner, Mayer Brown LLP, Frankfurt/M.

Der BGH hat mit Urteil vom 15. 11. 2012 – III ZR 55/12, DB 2012 S. 2862 entschieden, dass die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektgerechten Beratung sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts bezieht, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können.

Deshalb sei ein Anlageberater verpflichtet, ein Kapitalanlageprodukt, das er empfehlen möchte, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen. Je nach Ausgang der Prüfung sei der Anleger auch auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen. Jedoch könne eine unterlassene Prüfung nur dann zu einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar war, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist.

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