Neben den ständigen Autoren schreiben in diesem Blog regelmäßig führende Köpfe aus der Justiz, Verwaltung und Wirtschaft als Gastautor über aktuelle Themen.

Beiträge von Gastautor:

Fristlose Kündigung nach langer Betriebszugehörigkeit

Dr. Paul de Beauregard

RA/FAArbR Dr. Paul Melot de Beauregard, LL.M., Partner, McDermott Will & Emery, München

Im Jahr 2010 erschütterte der sog. „Emmely“-Fall (Az. 2 AZR 541/09) die Republik. Darin bestimmte das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass ein Arbeitnehmer auch bei nachgewiesener Straftat – dem Unterschlagen von Wertgutscheinen – nicht in jedem Fall entlassen werden dürfe, wenn er zuvor über einen längeren Zeitraum beanstandungslos für seinen Arbeitgeber tätig war. Auch eine „erhebliche Pflichtwidrigkeit“ sei nicht immer geeignet, ein durch mehrere Jahre aufgebautes Vertrauen aufzuzehren. Viele unterinstanzliche Gerichte schienen nur auf ein solches Urteil gewartet zu haben und erklärten seitdem verhaltensbedingte Kündigungen wegen Verstoßes gegen arbeitsvertragliche Pflichten reihenweise für unwirksam. Die Unternehmen sind verunsichert.

Da wirft die Entscheidung des BAG vom 9. 6. 2011 (Az. 2 AZR 381/10), welche jüngst im Wortlaut veröffentlicht wurde, ein wenig Licht ins Dunkel. (mehr …)

Der „EU Risikokapitalfonds“ – Förderung des Venture Capital-Segments

Patricia Volhard, LL.M., Partner, P+P Pöllath + Partners, Frankfurt/M.

Die Europäische Kommission hat am 7. 12. 2011 einen ersten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Regulierung von europäischen Managern  von Venture Capital Fonds veröffentlicht. Der Vorschlag soll als lex specialis der jüngst verabschiedeten AIFM-RL gelten und EU-Manager von Venture Capital Fonds erfassen, die den Schwellenwert von 500 Mio. € zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vorschlags nicht überschreiten. Es ist ein Vorschlag zur Einführung eines optionalen aufsichtsrechtlichen Regelwerks für Manager von Venture Capital Fonds (unterhalb des Schwellenwertes), die bestimmte Anforderungen erfüllen und im Gegenzug in den Nutzen eines europäischen Vertriebspasses kommen. Der europäische Vertriebspass ermöglicht es, den Fonds in anderen Mitgliedstaaten zu vermarkten und dort institutionelle Investoren anzusprechen, ohne lokale Prospektregistrierungs- oder sonstige Erlaubnispflichten in dem anderen Mitgliedstaat zu erfüllen. Manager dieser Fonds, die als „EU Risikokapitalfonds“ firmieren, unterliegen damit einer Aufsicht in ihrem Heimatstaat, die allerdings nicht so hohe Anforderungen stellt wie die AIFM-RL, welche am 21. 7.  2011 in Kraft getreten und bis zum 22. 7. 2013 in nationales Recht umzusetzen ist. Die Kommission reagiert damit u. a. auf die Kritik der Branche an dem „one size fits all“-Ansatz der AIFM-RL. Die Branche fürchtet, dass infolge der Umsetzung der AIFM-RL und der dadurch geschaffenen neuen Maßstäbe institutionelle Investoren nicht mehr in unregulierte Fondsstrukturen investieren werden. Der in der AIFM-RL vorgesehene Opt-in für kleine Manager läuft aber in der Praxis leer, da die Richtlinie gleiche Anforderungen für alle setzt, unabhängig von der Größe und Investmentstrategie der Fonds. (mehr …)

Die Reform des deutschen Geldwäschegesetzes

Rechtsanwältin Dr. Gunbritt Kammerer-Galahn, Partnerin, Taylor Wessing Düsseldorf

Neue Pflichten für Wirtschaftsunternehmen

Das deutsche „Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“ (Geldwäschegesetz – GwG) ist durch den deutschen Gesetzgeber zur Optimierung der Geldwäscheprävention überarbeitet worden: Anlass gab der Prüfungsbericht der bei der OECD ansässigen Financial Action Task Force (FATF) vom 19. 2. 2010: Der Bericht wies der Bundesrepublik Deutschland große Defizite bei der Beaufsichtigung insbesondere von Unternehmen des Nichtfinanzsektors und der freien Berufe auf. Da die nächste Prüfung der FATF für Februar 2012 ansteht, bestand Handlungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber: Die aktuelle GwG-Reform wurde zum 29. 12. 2011 in Kraft gesetzt; die für den Güterhandel wesentlichen Neuregelungen treten allerdings erst am 1. 3. 2012 in Kraft.    (mehr …)

Zulässigkeit einer Rechtsanwaltsgesellschaft bestehend aus Patent- und Rechtsanwälten

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Die Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung ist erst seit 1998 im Gesetz geregelt. Damals wurden in die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) die §§ 59c ff. eingeführt. Danach kann eine sog. Rechtsanwalts-GmbH unter bestimmten Voraussetzungen zur Berufsausübung zugelassen werden. Zu diesen gehört u. a., dass Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie die entsprechenden Berufsangehörigen aus dem europäischen Ausland sein dürfen
(§§ 59a, 59e). Gemäß § 59f BRAO muss die Rechtsanwaltsgesellschaft darüber hinaus von Rechtsanwält(inn)en verantwortlich geführt werden und muss die Geschäftsführung mehrheitlich aus Rechtsanwält(inn)en bestehen.

Die gesetzlichen Regelungen hat der Anwaltssenat des BGH in einem Urteil vom Oktober letzten Jahres im Hinblick auf die Beteiligung von Patentanwälten bestätigt (Urteil vom 10. 10. 2011 – AnwZ (Brfg) 1/10, DB0463376). Hintergrund war die beantragte Zulassung einer GmbH als Rechtsanwaltsgesellschaft. Die GmbH war von zwei Patentanwälten und einem Rechtsanwalt gegründet worden, von denen jeder einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer war. Die Gesellschaft hatte gegen die Ablehnung ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft geklagt. Unter anderem wurde argumentiert, dass die zitierten Vorschriften gegen das Grundgesetz, namentlich die Berufswahl- und die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, verstießen. (mehr …)

Dienstleistungskonzessionen – mehr Bürokratie aus Brüssel?

RA Holger Schröder, Rödl & Partner, Nürnberg

Kurz vor den vergangenen Weihnachtsfeiertagen, am 20. 12. 2011, hat die Europäische Kommission [KOM(2011) 897 endgültig] erstmals einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe veröffentlicht. Konzessionen unterfallen grundsätzlich nicht dem europäischen Vergaberecht; sie sind keine öffentlichen Aufträge. Für Konzessionen gelten daher generell keine europäischen Vergaberichtlinien. Lediglich Baukonzessionen unterliegen bislang einigen wenigen Bestimmungen des europäischen Vergaberechts. Die Europäische Kommission meint, mit der Richtlinie deshalb eine für den EU-Binnenmarkt bedeutsame Regelungslücke schließen zu können. Die Reaktionen auf den Richtlinienentwurf könnten allerdings unterschiedlicher nicht sein. Während die einen (i. d. R. Unternehmen) auf eine größere Transparenz und Fairness bei Konzessionsvergaben hoffen, lehnen die anderen (in der Hauptsache öffentliche Auftraggeber) den Richtlinienvorschlag reflexartig als zusätzliche „bürokratische Fessel“ ab.

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Diskriminierungsvorwürfe bei Nichteinstellung: Auskunftsansprüche abgelehnter Bewerber?

 

RA Dr. Hans-Peter Löw, Partner, Allen & Overy, Frankfurt/M.

Mit den viel beachteten Schlussanträgen vom 12. 1. 2012 verneint der Generalanwalt des EuGH in der Rechtssache Galina Meister (C 415/10) einen allgemeinen Auskunftsanspruch für abgelehnte Bewerber über den erfolgreichen Konkurrenten, weil sich der abgelehnte Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) benachteiligt fühlt. Kann die Praxis jetzt aufatmen? Dafür besteht leider kein Grund. Die Sache ist nämlich komplizierter: Das Schweigen des Arbeitgebers bleibt nicht notwendig ohne rechtliche Folgen. (mehr …)

Unwirksamkeit von Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Bereits mit Beschluss des 1. Senats vom 14. 12. 2010 (1 ABR 19/10, DB 2011 S. 593, DB0407999) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht im eigenen Namen Tarifverträge schließen kann. Diese Entscheidung stellte für die betroffenen Personaldienstleister in der Zeitarbeitsbranche einen Paukenschlag dar. (mehr …)

Bankenregulierung: Trennung des Kreditgeschäfts vom Investmentbanking

Nicolai Moriz Mertz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bucerius Law School, Hamburg

Das Augenmerk der Medien liegt gegenwärtig auf der Bewältigung der Staatsschuldenkrise. Das lenkt die öffentliche Diskussion von der Frage ab, wie es zu den Verwerfungen im Bankensektor, die eine der Hauptursachen der Staatsschuldenkrise sind, kommen konnte und wie ähnliche Entwicklungen in Zukunft effektiv verhindert werden können. Analysiert man die Bankenregulierung von einem ordnungsökonomischen Standpunkt aus, zeigt sich einer der wahren Schwachpunkte: im Bankensektor wird – legal – das marktwirtschaftliche Grundprinzip der Haftung durchbrochen.

Banken sind Finanzintermediäre, die Geld von Sparern einsammeln und gebündelt an Kreditsuchende gegen Zahlung eines Zinses weiterreichen. Problematisch ist daran, dass die Kredite an die Realwirtschaft risikobehaftet sind – sie können ausfallen -, während die Sicht- und Spareinlagen der Bankkunden, mit denen die Kredite finanziert werden, risikolose Geldanlagen sind. Das ist solange vernachlässigbar, wie die Bank den Ausfall eines Kredites durch Gewinne aus anderen Krediten und insbesondere Eigenkapital ausgleichen kann. Eine Eigenkapitalquote von ca. 8% der ausstehenden risikogewichteten Kredite, wie sie mit Basel III geplant ist, stellt für das klassische Kreditgeschäft eine recht hohe Sicherheit dar. Auf diese Weise lässt sich mit relativ geringem Haftungskapital ein hohes Kreditvolumen zu günstigen Zinssätzen bewältigen – was einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen darstellt.

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Grenzen der kartellrechtlichen Bußgeldhaftung bei Verschmelzung von Unternehmen

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem im August 2011 ergangenen Beschluss (KRB 55/10 – HDI-Gerling = DB0462305) die Grenzen der Bußgeldhaftung nach deutschem Kartellrecht bei der Verschmelzung von Unternehmen aufgezeigt.

Nach §§ 81f. GWB i.V. mit  § 30 OWiG kann das Bundeskartellamt (BKartA) Geldbußen gegen Unternehmen verhängen, deren Organe oder leitende Mitarbeiter einen Kartellrechtsverstoß begangen haben. Ist das Unternehmen erloschen, etwa durch Verschmelzung des Unternehmens mit einem anderen Unternehmen, haftet der Gesamtrechtsnachfolger nur im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn „zwischen der früheren und der neuen Vermögensverbindung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nahezu Identität besteht.“ Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Identität besteht etwa bei bloßer Änderung der Firma oder Wechsel der Rechtsform. Eine weitergehende Haftung scheitert nach BGH am Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, da der Wortlaut von § 30 Abs. 1 OWiG die Verhängung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen wegen einer Organtat nur bei Identität des Rechtsträgers erlaubt. (mehr …)

BGH: Schadenersatzpflicht wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilung

RA Dr. Sylko Winkler, Partner bei BMH Bräutigam & Partner, Berlin

Am 13. 12. 2011 hat der Bundesgerichtshof ein maßgebliches Grundsatzurteil zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen der Haftung wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen nach § 37b WpHG gefällt (XI ZR 51/10). In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin Schadenersatz aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der beklagten IKB am 26. 7. 2007. Mitte 7. 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals sogenannte Subprimes (Hypothekenkredite minderer Qualität) wegen erhöhter Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sank auch der Preis der von der Beklagten emittierten Anleihen und es gab Gerüchte, dass die Beklagte substantielle Risiken im Hinblick auf den US-Subprime-Markt treffen. Um die Gerüchte auszuräumen und die Marktsituation zu beruhigen, veranlasste der damalige Vorstandsvorsitzende der IKB am 20. 7. 2007 die Herausgabe einer Pressemitteilung, in der nur eine geringe Betroffenheit der Beklagten durch US-Subprimes behauptet wurde.

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