Betriebsübergang: Verwirkung des Rechts zum Widerspruch

RA Dr. Rüdiger Hopfe, Partner, SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

RA Dr. Rüdiger Hopfe, Partner, SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

Mit seinem Urteil vom 17.10.2013 (Az: 8 AZR 974/12, DB0617148) hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zur Verwirkung des Widerspruchsrechts nach einem Betriebsübergang weiter konkretisiert.Nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB kann der von einem Betriebs(teil)übergang betroffene Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber schriftlich widersprechen. Dieser Widerspruch hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer unverändert fortgeführt wird. Der Betriebsveräußerer wird den widersprechenden Arbeitnehmer in der Folge entweder einsetzen oder das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt beenden. Der Widerspruch kann grundsätzlich nur innerhalb eines Monats ab Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erklärt werden. Ein nach Ablauf dieser Frist erklärter Widerspruch ist grundsätzlich unwirksam. » weiterlesen

Keine Barabfindung beim Delisting – BGH ändert Rechtsprechung

RA Dr. Cornelius Götze, Partner, Gleiss Lutz, Frankfurt/M.

RA Dr. Cornelius Götze, Partner, Gleiss Lutz, Frankfurt/M.

Der BGH hat mit Beschluss vom 8. 10. 2013 – II ZB 26/12; DB 2013 S. 2672 entschieden, dass Unternehmen beim Rückzug von der Börse (sog. „Delisting“) den Aktionären kein Barabfindungsangebot für ihre Aktien machen müssen. Auch ein Beschluss der Hauptversammlung ist nicht erforderlich. Mit dieser wegweisenden Entscheidung gibt der BGH seine bisherige Rechtsprechung zum Delisting auf.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Tiefkühlproduzent FRoSTA AG den Wechsel vom regulierten Markt der Wertpapierbörse Berlin in den Entry Standard des Freiverkehrs (Open Market) der Frankfurter Wertpapierbörse vollzogen, ohne zuvor die Hauptversammlung zu befragen. Auch ein Abfindungsangebot wurde nicht unterbreitet. Dies hielt eine Reihe von Aktionären für rechtswidrig und beantragte die Durchführung eines gerichtlichen Spruchverfahrens, um eine angemessene Barabfindung für ihre Aktien bestimmen zu lassen. Die Instanzgerichte hatten diese Anträge abgelehnt: Da der Wechsel vom regulierten Markt in den qualifizierten Freihandel (das sog. „Downgrading“) in seinen Auswirkungen auf die Rechte der Minderheitsaktionäre nicht mit einem vollständigen Delisting vergleichbar sei, bedürfe es in diesem Fall keines Abfindungsangebots; dementsprechend finde auch kein Spruchverfahren statt. Der BGH schloss sich dem im Ergebnis an, ging in seiner Begründung aber noch deutlich weiter, indem er nicht nur das bloße Downgrading, sondern auch das vollständige Delisting für hauptversammlungs- und abfindungsfrei erklärte.

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Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung

RA, FAfArbR Dr. Gero Ludwig, Partner, BMH Bräutigam, Berlin

RA, FAfArbR Dr. Gero Ludwig, Partner, BMH Bräutigam, Berlin

Am 1. 8. 2013 hatte das LAG Baden-Württemberg (Az. 2 Sa 6/13, DB0605717 ) über die Abgrenzung von Werk- oder Dienstvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung bei einem sog. Ticketsystem zu entscheiden. In dem zugrunde liegenden Fall hatte das beklagte Einsatzunternehmen mit einem Werkunternehmen einen IT-Service-Rahmenvertrag geschlossen. Jeder Einzelauftrag wurde in ein digitales Ticketsystem eingestellt und durch das Werkunternehmen mit eigenen Mitarbeitern oder Subunternehmern bearbeitet. Ein solches Subunternehmen wiederum beauftragte die beiden Kläger. Diesen stellte das Einsatzunternehmen auf seinem Betriebsgelände ein eingerichtetes Büro mit Computerarbeitsplätzen zur Verfügung. Sie hatten ihre IT-Leistungen vor Ort montags bis freitags von 8.00-17.00 Uhr zu erbringen. Auch außerhalb des Ticketsystems erteilten verschiedene Arbeitnehmer des Auftraggebers (weisungswidrig, aber mit Kenntnis der zuständigen Personalverantwortlichen) dem Kläger arbeitsrechtliche Weisungen (Direktbeauftragungen). Die Kläger machten geltend, dass zwischen ihnen und dem Einsatzunternehmen ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei, weil sie tatsächlich nicht aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages dort tätig gewesen seien, sondern im Rahmen einer unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung.

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Insolvenzanfechtung: Risiken der Abtretung eines Gesellschafterdarlehens

RA Dr. Klaus U. Eyber, Partner, Kaye Scholer, Frankfurt/M.

RA Dr. Klaus U. Eyber, Partner, Kaye Scholer, Frankfurt/M.

Die Fremdfinanzierung eines Unternehmens durch Gesellschafter ist im Falle der Insolvenz des Unternehmens besonders kritisch. Handelt es sich bei den Unternehmen um eine AG, GmbH oder GmbH & Co. KG, sind die entsprechenden Kredite gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger nachrangig und alle Tilgungsleistungen innerhalb eines Jahres vor dem Insolvenzantrag können vom Insolvenzverwalter im Wege der sog. Insolvenzanfechtung zurückverlangt werden.

Gleichwohl ist die Fremdfinanzierung durch den Unternehmenseigner oft unverzichtbar: Die klassischen Fälle sind der Start-up, wenn das Unternehmen noch nicht kreditwürdig ist, und die Krise des Unternehmens, weil keine Bank mehr finanziert und alle Sicherheiten schon vergeben sind. Beides – Start-up und Krise – kann ein böses Ende nehmen und dann schlägt das Insolvenzrecht zum Nachteil des finanzierenden Gesellschafters zu. Überlegungen zu Ausweich-Szenarien sind die Folge.

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Fusionskontrolle: Die Bagatellmarktklausel in neuem Gewand

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery

RA Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery Belgium LLP, Brüssel

Die am 30. 6. 2013 dieses Jahres in Kraft getretene 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen („GWB“) hat die sog. Bagatellmarktklausel von einem Aufgreifkriterium zu einem materiellen Ausschlusskriterium reduziert (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Das bedeutet, dass ein Zusammenschlussvorhaben, auch wenn es einen Bagatellmarkt betrifft, beim Bundeskartellamt vor dem Vollzug angemeldet werden muss. Allerdings darf das Bundeskartellamt einen Zusammenschluss nicht untersagen, wenn dieser einen Bagatellmarkt betrifft, auch dann nicht, wenn i. Ü. die Untersagungsvoraussetzungen vorliegen würden. Diese Änderung ist i. S. der Rechtssicherheit zu begrüßen, auch wenn sie für die betroffenen Unternehmen zu einem prozeduralen Mehraufwand führt.

Als sog. Bagatellmarkt bezeichnet das GWB einen betroffenen Markt, auf dem seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf dem im letzten Kalenderjahr weniger als 15 Mio. € umgesetzt wurden.

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Höchstrichterlicher „Ritterschlag“ für Contractual Trust Arrangements

Bernd Klemm, Partner im Münchener Büro der internationalen Kanzlei Hogan Lovells

Bernd Klemm, Partner, Hogan Lovells, München

Treuhandkonstruktionen (sog. Contractual Trust Arrangements – CTA) zur bilanziellen Auslagerung und privatrechtlichen Insolvenzsicherung von Verpflichtungen von Arbeitgebern für Arbeitnehmeransprüche (z.B. Versorgungs- oder Altersteilzeitverpflichtungen) erfreuen sich insbesondere bei international tätigen Unternehmen bereits seit Jahren hoher Beliebtheit, da sie eine sehr flexible Bilanzverkürzungsmethode darstellen, bei der im Gegensatz zu vielen anderen Insolvenzsicherungsmodellen eine weitgehende Kapitalanlagefreiheit besteht. Bereits seit rund einem Jahrzehnt bestand dabei in der juristischen Literatur weitgehend Einigkeit, dass CTAs bei einer entsprechend sorgfältigen Gestaltung auch tatsächlich als insolvenzfest anzusehen sind. Gleichwohl verblieben in Ermangelung einer einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gewisse Restunsicherheiten bezüglich der Insolvenzfestigkeit von CTA-Modellen.

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Kooperationspflicht bei Durchsuchungen durch die Kartellbehörden

RA Annette Luise Schild, Partner, Arnold & Porter, Brüssel

RA Annette Luise Schild,
Partner, Arnold & Porter, Brüssel

Fast jeden Monat sind die Beamten der europäischen und deutschen Kartellbehörden unterwegs, um Unternehmen der verschiedensten Branchen zu durchsuchen. Den Startschuss in diesem Jahr gab das Bundeskartellamt im Februar mit Durchsuchungen in der Stahlbranche, gefolgt vom Sanitärgroßhandel im März. Im Mai durchsuchte es Unternehmen der Kartoffelbranche. Im selben Monat fanden Dawn Raids der europäischen Kommission bei Unternehmen der Zucker- bzw. der Öl- und Biospritindustrie statt. Im Juni standen Transportunternehmen im Fokus.  Zu guter Letzt durchsuchte die Kommission im Juli drei große Telekommunikationsunternehmen wegen deren Preisgestaltung beim Internetzugang. Die Regelmäßigkeit und Bandbreite der Durchsuchungen zeigt, dass Unternehmen aller Branchen jederzeit mit Durchsuchungen der Kartellbehörden rechnen müssen und deshalb entsprechend vorbereitet sein sollten.

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Stiftung Warentest führt kostenpflichtige Werbelizenzen ein

RA Dr. Jakob Guhn, Of Counsel, Jones Day, Düsseldorf

RA Dr. Jakob Guhn, Of Counsel, Jones Day, Düsseldorf

Die Testergebnisse der Stiftung Warentest haben einen hohen Stellenwert bei Verbrauchern. Bei gutem Abschneiden verwenden die Unternehmen entsprechend gerne die Testergebnisse in der Werbung. Bisher konnten diese gegen eine Bearbeitungsgebühr von € 500 mitsamt der Testlogos verwendet werden. Dies ist nun Geschichte. Die Stiftung hat zum 1. 7. 2013 ein Lizenzsystem eingeführt: Die Verwendung des Testlogos kostet jetzt für Warenhersteller eine Lizenzgebühr von mindestens 7.000 €, verbunden mit genauen Vorgaben zu Art und Dauer der Werbung mit ihnen. Die Einnahmen sollen dazu dienen, rechtliche Schritte gegen unlautere Werbung mit den Testlogos zu finanzieren. Etwaige Überschüsse sollen der Stiftung zufließen.

Das neue Vorgehen der Stiftung Warentest – sowohl in Bezug auf die Gebühren als auch im Hinblick auf die Rechtsverfolgung in eigener Sache – wirft allerdings einige rechtliche Fragen für Unternehmen auf, die von dieser Umstellung betroffen sind.

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Aus für dynamische Bezugnahmeklauseln?

RA/FAArbR Dr. Rolf Kowanz, Partner bei Heisse Kursawe Eversheds, München

RA/FAArbR Dr. Rolf Kowanz, Partner bei Heisse Kursawe Eversheds, München

Relativ unbemerkt hat der Europäische Gerichtshof kürzlich ein Urteil gefällt, das Sprengkraft birgt und das Recht der Betriebsübergänge womöglich auf den Kopf stellen kann (Urteil vom 18. 7. 2013 – C‑426/11, DB 2013 S. 1851; vgl. dazu auch Forst, DB 2013 S. 1847).

Dem Ausgangsfall lagen zunächst zwei normale Betriebsübergänge von scheinbar untergeordneter Wichtigkeit zugrunde: Eine kommunale Einrichtung in England wurde an einen privaten Träger veräußert und von diesem wiederum an einen ebenfalls privaten Dritten weiterverkauft. In den Arbeitsverträgen der Beschäftigten war über eine dynamische Bezugnahmeklausel geregelt, dass der jeweils gültige Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, dem der Betrieb ursprünglich angehörte, Anwendung findet. Der dort geltende Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes wurde nun neu verhandelt und sah Lohnsteigerungen vor, nachdem der Betrieb bereits in die Privatwirtschaft übergegangen war. Der Erwerber sah sich an die Lohnsteigerungen nicht gebunden. Er argumentierte, dass eine dynamische Bezugnahme nicht so weit gehen könne, dass sie ihn an Tarifverträge binde, auf deren Entstehung und Gestaltung er gar keinen Einfluss habe.

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Die verkannte Notwendigkeit des Terrorlisten-Screenings von Mitarbeitern

Christian Gleich Rechtsanwalt  McDermott Will & Emery München

Dr. Christian Gleich
Rechtsanwalt
McDermott Will & Emery
München

Das Thema Terrorlisten-Screening von Mitarbeitern, d.h. der Abgleich der eigenen Arbeitnehmer mit den auf der sog. Terrorliste genannten Personen, wird in vielen Unternehmen in Deutschland noch immer stiefmütterlich oder überhaupt nicht behandelt. Der Grund hierfür ist, dass von Unternehmen die Notwendigkeit der Durchführung eines Terrorlisten-Screenings oft mangels Kenntnis der weitreichenden Folgen verkannt und deswegen auf die leichte Schulter genommen wird oder ihnen teilweise schlichtweg unbekannt ist.

Hintergrund des Terrorlisten-Screenings

Die Notwendigkeit des Terrorlisten-Screenings von Mitarbeitern ist auf zwei europäische Verordnungen, die sog. Anti-Terror-Verordnungen (VO (EG) Nr. 2580/2001 und Nr. 881/2002), und dem in diesen jeweils normierten Bereitstellungsverbot zurückzuführen. Das Bereitstellungsverbot untersagt natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen finanzielle Mittel jeglicher Art Personen oder Organisationen, die dem internationalen Terrorismus zuzurechnen sind, zur Verfügung zu stellen oder zugute kommen zu lassen. Das Bereitstellungsverbot gilt uneingeschränkt für alle Unternehmen in Deutschland und erfasst auch Gehaltszahlungen an Mitarbeiter. » weiterlesen