Am 26. 5. 2013 beschloss der Bundestag das CRD IV-Umsetzungsgesetz. Der Bundesrat wird am 7. 6. 2013 über die Einberufung des Vermittlungsausschusses entscheiden. Damit soll die grundlegende Neugestaltung des EU-Bankenaufsichtsrechts in deutsches Recht umgesetzt werden. Änderungen ergeben sich im Wesentlichen hinsichtlich der Höhe und der Anforderungen an die aufsichtsrechtlich bereitzuhaltenden Eigenmittel und der eigenmittelbezogenen Risikovorschriften. Zudem werden Vorgaben für die Zulassung und Beaufsichtigung von Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen sowie für die Struktur der mit der Leitung und Aufsicht von Instituten vorgesehenen Organe gemacht.
Archiv der Kategorie: Gastbeiträge
Kapitalanlagegesetzbuch: Chancen, enttäuschte Hoffnungen, viel Arbeit
Am 16. 5. 2013 hat der Bundestag das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) verabschiedet, welches ab dem 22. 7. 2013 Anwendung finden wird. Das KAGB ist ein einheitliches Gesetzbuch für kollektive Vermögensanlagen und erfasst die Verwalter von OGAW einerseits und offenen und geschlossenen Immobilienfonds, Private Equity Fonds sowie anderen alternativen Investmentvermögen (AIF) andererseits. Zudem werden für Verwalter sog. Risikokapitalfonds (Venture Capital Fonds) und Europäischer Fonds für soziales Unternehmertum Verweisungen in die ohnehin unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EU geltenden EU-Verordnungen vorgenommen und das diesbezügliche Registrierungsverfahren normiert. Der Bundesrat wird am 7. 6. 2013 noch über das Gesetz zu entscheiden haben, Branchenvertreter rechnen aber nicht mehr mit einem Einspruch.
Das „richtige“ Gericht bei Klagen von GmbH-Geschäftsführern
Für Klagen von GmbH-Geschäftsführern sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Dies ist keine neue Erkenntnis und doch mussten sich die Gerichte für Arbeits- und Zivilsachen in den vergangenen Jahren wiederholt mit der Frage des „richtigen“ Rechtswegs auseinandersetzen. Klassiker bei Rechtswegstreitigkeiten sind die Fälle der Beförderung von Arbeitnehmern auf die Position des Geschäftsführers. Genau mit einem solchen Sachverhalt – in der Insolvenz der GmbH – hatte sich das BAG in seinem jüngsten Beschluss vom 4. 2. 2013 (Az.: 10 AZB 78/12, DB 2013 S. 521) zu befassen. Danach steht fest: Auf die Organstellung kommt es an. Ist der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Klageerhebung (noch) nicht vom Amt abberufen, sind die Landgerichte zuständig. » weiterlesen
Wann haften Bankmitarbeiter für die Steuerhinterziehung ihrer Kunden?
Wer einem anderen hilft, Steuern zu hinterziehen, haftet gegenüber dem Fiskus für die verkürzten Steuern und die Hinterziehungszinsen (§ 71 AO). Kürzlich hatte der Bundesfinanzhof (BFH) darüber zu entscheiden, ob der Bereichsleiter der Wertpapieradministration einer Bank als Haftungsschuldner nach dieser Regelung in Anspruch genommen werden durfte (BFH-Urteil vom 15. 1. 2013 – VIII R 22/10, DB 2013 S. 796).
Der Bereichsleiter hatte mit mehreren Organisationsanweisungen den anonymen Transfer von Kapital und Wertpapieren zu ausländischen Tochterunternehmen der Bank ermöglicht, was viele Kunden genutzt hatten. Dem Finanzamt gelang es trotz der Verschleierung, 75% der Transaktionen einzelnen Kunden zuzuordnen. Die wenigsten Kunden hatten ihre ausländischen Erträge versteuert, allerdings resultierte daraus in 6% der Fälle kein Steuerschaden. Die übrigen Kunden konnten nicht ermittelt werden.
Vertrauen auf Rechtsrat im europäischen Kartellrecht
Das europäische Kartellrecht ist komplex. Ob eine bestimmte Verhaltensweise zulässig oder unzulässig ist, lässt sich nicht immer leicht abschätzen. Verstößt ein Unternehmen gegen das europäische Kartellverbot, drohen hohe Bußgelder. Ob ein solcher Verstoß vorliegt, müssen die Unternehmen selbst prüfen und beurteilen („Selbsteinschätzung“). Dies ist nicht überraschend, sondern gilt seit jeher bei jeder „normalen“ Rechtsnorm. Im Kartellrecht war es früher aber anders. Denn bis zum 1. 5. 2004 konnten wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen bei der Europäischen Kommission angemeldet werden. Seitdem gilt jedoch das Prinzip des Genehmigungsvorbehalts nicht mehr, sondern das Prinzip der Legalausnahme, also die Selbsteinschätzung.
Bei schwierigen Zweifelsfragen liegt es für Unternehmen deshalb nahe, fachkundigen Rechtsrat einzuholen. Dies führt zu der Frage, ob eine Kartellbehörde ein Bußgeld gegen das Unternehmen verhängen darf, wenn es auf einen Rechtsrat vertraut hat, der sich später als unzutreffend herausgestellt hat. Darum geht es im Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen OGH im Fall Schenker, in dem die Generalanwältin Kokott am 28. 2. 2013 – Rs. C-681/11 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ihre Schlussanträge vorgelegt hat. Abzuwarten bleibt die Entscheidung des EuGH. Das Gericht folgt indessen häufig den Schlussanträgen der Generalanwälte.
Rentenversicherung: Die fehlgeschlagene berufsständische Versorgung
Bestimmte „Arbeitnehmer der freien Berufe“ können sich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, wenn sie Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und – kraft Gesetzes – einer berufsständischen Kammer sind. Typischerweise wird eine solche Befreiung von Rechtsanwälten, die bei einem Unternehmen beschäftigt sind (sog. „Syndikusanwälte“), beantragt. Aber auch für alle anderen Angehörigen der kammerfähigen Berufe (wie z. B. Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Architekten) ist regelmäßig eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Angestelltenverhältnis wirtschaftlich interessant. Die in Aussicht gestellte Altersrente der Versorgungswerke ist bei gleichem Beitragsaufkommen regelmäßig höher als die zu erwartende Altersrente der staatlichen Rentenversicherung.
Lange Zeit war es allgemeiner Konsens, dass für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht lediglich eine „berufsspezifische Tätigkeit“ erforderlich sei. In den letzten Jahren hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ihre diesbezügliche Beurteilung aber augenscheinlich geändert. Die Folge sind aktuell zahlreiche Verfahren vor den Sozialgerichten, die Angehörige der sogenannten Kammerberufe gegen ablehnende Befreiungsbescheide der DRV führen.
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung scheint dabei zunehmend ebenfalls der Auffassung zu sein, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht alles andere als selbstverständlich ist. » weiterlesen
SEPA und die Folgen für die Internet-Einzugsermächtigung
Das Konzept der Single European Payment Area (SEPA) soll europaweit den Zahlungsverkehr für alle Beteiligten vereinheitlichen und vereinfachen. Auf Unternehmensseite löst es derzeit eher Sorgen aus, vor allem, soweit es um die Zahlung per Einzugsermächtigung geht und diese vom Kunden nicht schriftlich erteilt wurde (vgl. dazu auch den Beitrag von Walter in DB 2013 S. 385 (390)). Das vom deutschen Bundestag am 28. 2. 2013 zuletzt verabschiedete SEPA-Begleitgesetz ändert daran nichts. Dort werden insbesondere Übergangsfristen geregelt. Eine verbindliche Vorgabe zur Form bei Einrichtung des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens findet sich nicht. Bis zum 1. 2. 2014 wird es noch ein Nebeneinander des bisherigen Einzugsermächtigungsverfahrens und des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens geben.
Betriebliche Altersversorgung: Kehrtwende des BAG zur gespaltenen Rentenformel
Viele Versorgungsordnungen enthalten eine sog. „gespaltene Rentenformel“. Nach einer solchen gespaltenen Rentenformel fällt der Teil des ruhegehaltsfähigen Einkommens, der oberhalb der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) liegt, bei der Bemessung der Leistungshöhe überproportional ins Gewicht. Vor vier Jahren, am 21. 4. 2009, hat der Ruhegeldsenat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in diesem Kontext zwei Entscheidungen (3 AZR 471/07 = DB0334673 und 3 AZR 695/08 = DB0334672) getroffen, die in der Praxis der betrieblichen Altersversorgung für erhebliches Aufsehen gesorgt haben. Die Erfurter Richter entschieden seinerzeit, Versorgungsordnungen mit einer „gespaltenen Rentenformel“ seien durch die außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze (um 6.000 Euro proJahr) im Jahr 2003 regelmäßig lückenhaft geworden und entsprechend dem ursprünglichen Regelungsplan im Wege der Auslegung zu ergänzen (detaillierter hierzu Rößler, DB 2009 S. 2490 = DB0338616). Die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze war nicht vorhersehbar, da der Gesetzgeber von der gesetzlichen Berechnungsmethode (vgl. § 159 SGB VI) abgewichen ist, nach der die BBG für das Jahr 2003 auf Grund der Gehaltsentwicklung auf 55.200 Euro jährlich festzusetzen gewesen wäre – tatsächlich wurde sie aber auf 61.200 Euro erhöht. Deshalb führt diese Auslegung in den meisten Fällen dazu, dass die Betriebsrente ohne Berücksichtigung der Anhebung der BBG zu berechnen ist. Von dieser errechneten Rente wird sodann der Betrag abgezogen, um den sich die gesetzliche Rente infolge höherer Beitragszahlungen erhöht hat.Nachdem das LAG Niedersachsen bereits im Dezember 2009 (11 Sa 1783/07) und die LAG Baden-Württemberg (2 Sa 115/10) und Hessen (8 Sa 1832/10) im Mai bzw. Juni 2011 die BAG-Entscheidungen nicht übernommen und eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt haben, haben nunmehr auch die Erfurter Richter eine Kehrtwende vollzogen. In ihrer Entscheidung 3 AZR 475/11 vom 23. 4. 2013 (DB0589663) geben sie ausdrücklich die bisherige Rechtsprechung zu diesem Thema auf. » weiterlesen
Kein Auskunftsanspruch für abgelehnte Bewerber
Bewerbungsunterlagen anderer Personen bleiben auch weiterhin vertraulich. Unternehmen müssen diese nicht an abgelehnte Mitbewerber herausgeben. Nach dem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. 4. 2013 (Az.: 8 AZR 287/08, DB v. 25. 4. 2013 = DB0590393 ) können Arbeitgeber aufatmen: Sie müssen weder Informationen aus dem Bewerbungsprozess noch nähere Gründe dafür preisgeben, ob und nach welchen Kriterien sie Bewerber eingestellt oder abgelehnt haben. » weiterlesen
Verzinsung kartellrechtlicher Geldbußen verfassungsgemäß
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Verzinsung von kartellrechtlichen Geldbußen mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Beschluss vom 19. 12. 2012 – 1 BvL 18/11; dazu unter 1.). Praktische Folge dieser Entscheidung ist, dass die betroffenen Unternehmen nun noch mehr als bisher den Faktor Zeit – die Verfahrensdauer – in ihre Überlegungen einstellen müssen, ob sie gegen eine Bußgeldentscheidung des Bundeskartellamts (BKartA) ein Rechtsmittel einlegen (dazu unter 2.). Gegenwärtig belaufen sich die in Rede stehenden Zinsen der bereits laufenden Verfahren auf etwa 50 Mio. €.
1. Am 17. 3. 2005 setzte das BKartA gegen ein betroffenes Unternehmen wegen Kartellverstößen eine Geldbuße von 6,4 Mio. € fest. Das Unternehmen legte Einspruch ein. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens stellte das OLG Düsseldorf das Verfahren hinsichtlich einer Tat ein, auf die ein Teilbetrag der Geldbuße von 0,4 Mio. € entfiel. Im Juli 2009 nahm das Unternehmen wegen der Gefahr einer Erhöhung der verbleibenden Geldbuße durch das OLG Düsseldorf („Verböserung“ oder reformatio in peius) den Einspruch zurück und zahlte die vom Bundeskartellamt festgesetzte Geldbuße für die übrigen Taten.