Dienstleistungskonzessionen – mehr Bürokratie aus Brüssel?

RA Holger Schröder, Rödl & Partner, Nürnberg

Kurz vor den vergangenen Weihnachtsfeiertagen, am 20. 12. 2011, hat die Europäische Kommission [KOM(2011) 897 endgültig] erstmals einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe veröffentlicht. Konzessionen unterfallen grundsätzlich nicht dem europäischen Vergaberecht; sie sind keine öffentlichen Aufträge. Für Konzessionen gelten daher generell keine europäischen Vergaberichtlinien. Lediglich Baukonzessionen unterliegen bislang einigen wenigen Bestimmungen des europäischen Vergaberechts. Die Europäische Kommission meint, mit der Richtlinie deshalb eine für den EU-Binnenmarkt bedeutsame Regelungslücke schließen zu können. Die Reaktionen auf den Richtlinienentwurf könnten allerdings unterschiedlicher nicht sein. Während die einen (i. d. R. Unternehmen) auf eine größere Transparenz und Fairness bei Konzessionsvergaben hoffen, lehnen die anderen (in der Hauptsache öffentliche Auftraggeber) den Richtlinienvorschlag reflexartig als zusätzliche „bürokratische Fessel“ ab.

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Diskriminierungsvorwürfe bei Nichteinstellung: Auskunftsansprüche abgelehnter Bewerber?

 

RA Dr. Hans-Peter Löw, Partner, Allen & Overy, Frankfurt/M.

Mit den viel beachteten Schlussanträgen vom 12. 1. 2012 verneint der Generalanwalt des EuGH in der Rechtssache Galina Meister (C 415/10) einen allgemeinen Auskunftsanspruch für abgelehnte Bewerber über den erfolgreichen Konkurrenten, weil sich der abgelehnte Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) benachteiligt fühlt. Kann die Praxis jetzt aufatmen? Dafür besteht leider kein Grund. Die Sache ist nämlich komplizierter: Das Schweigen des Arbeitgebers bleibt nicht notwendig ohne rechtliche Folgen. » weiterlesen

Unwirksamkeit von Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Bereits mit Beschluss des 1. Senats vom 14. 12. 2010 (1 ABR 19/10, DB 2011 S. 593, DB0407999) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht im eigenen Namen Tarifverträge schließen kann. Diese Entscheidung stellte für die betroffenen Personaldienstleister in der Zeitarbeitsbranche einen Paukenschlag dar. » weiterlesen

Bankenregulierung: Trennung des Kreditgeschäfts vom Investmentbanking

Nicolai Moriz Mertz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bucerius Law School, Hamburg

Das Augenmerk der Medien liegt gegenwärtig auf der Bewältigung der Staatsschuldenkrise. Das lenkt die öffentliche Diskussion von der Frage ab, wie es zu den Verwerfungen im Bankensektor, die eine der Hauptursachen der Staatsschuldenkrise sind, kommen konnte und wie ähnliche Entwicklungen in Zukunft effektiv verhindert werden können. Analysiert man die Bankenregulierung von einem ordnungsökonomischen Standpunkt aus, zeigt sich einer der wahren Schwachpunkte: im Bankensektor wird – legal – das marktwirtschaftliche Grundprinzip der Haftung durchbrochen.

Banken sind Finanzintermediäre, die Geld von Sparern einsammeln und gebündelt an Kreditsuchende gegen Zahlung eines Zinses weiterreichen. Problematisch ist daran, dass die Kredite an die Realwirtschaft risikobehaftet sind – sie können ausfallen -, während die Sicht- und Spareinlagen der Bankkunden, mit denen die Kredite finanziert werden, risikolose Geldanlagen sind. Das ist solange vernachlässigbar, wie die Bank den Ausfall eines Kredites durch Gewinne aus anderen Krediten und insbesondere Eigenkapital ausgleichen kann. Eine Eigenkapitalquote von ca. 8% der ausstehenden risikogewichteten Kredite, wie sie mit Basel III geplant ist, stellt für das klassische Kreditgeschäft eine recht hohe Sicherheit dar. Auf diese Weise lässt sich mit relativ geringem Haftungskapital ein hohes Kreditvolumen zu günstigen Zinssätzen bewältigen – was einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen darstellt.

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Grenzen der kartellrechtlichen Bußgeldhaftung bei Verschmelzung von Unternehmen

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem im August 2011 ergangenen Beschluss (KRB 55/10 – HDI-Gerling = DB0462305) die Grenzen der Bußgeldhaftung nach deutschem Kartellrecht bei der Verschmelzung von Unternehmen aufgezeigt.

Nach §§ 81f. GWB i.V. mit  § 30 OWiG kann das Bundeskartellamt (BKartA) Geldbußen gegen Unternehmen verhängen, deren Organe oder leitende Mitarbeiter einen Kartellrechtsverstoß begangen haben. Ist das Unternehmen erloschen, etwa durch Verschmelzung des Unternehmens mit einem anderen Unternehmen, haftet der Gesamtrechtsnachfolger nur im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn „zwischen der früheren und der neuen Vermögensverbindung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nahezu Identität besteht.“ Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Identität besteht etwa bei bloßer Änderung der Firma oder Wechsel der Rechtsform. Eine weitergehende Haftung scheitert nach BGH am Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, da der Wortlaut von § 30 Abs. 1 OWiG die Verhängung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen wegen einer Organtat nur bei Identität des Rechtsträgers erlaubt. » weiterlesen

BGH: Schadenersatzpflicht wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilung

RA Dr. Sylko Winkler, Partner bei BMH Bräutigam & Partner, Berlin

Am 13. 12. 2011 hat der Bundesgerichtshof ein maßgebliches Grundsatzurteil zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen der Haftung wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen nach § 37b WpHG gefällt (XI ZR 51/10). In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin Schadenersatz aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der beklagten IKB am 26. 7. 2007. Mitte 7. 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals sogenannte Subprimes (Hypothekenkredite minderer Qualität) wegen erhöhter Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sank auch der Preis der von der Beklagten emittierten Anleihen und es gab Gerüchte, dass die Beklagte substantielle Risiken im Hinblick auf den US-Subprime-Markt treffen. Um die Gerüchte auszuräumen und die Marktsituation zu beruhigen, veranlasste der damalige Vorstandsvorsitzende der IKB am 20. 7. 2007 die Herausgabe einer Pressemitteilung, in der nur eine geringe Betroffenheit der Beklagten durch US-Subprimes behauptet wurde.

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Zulässiger Vergleich über Differenzhaftungsanspruch

Dr. Cédric Müller, Rechtsanwalt, Hogan Lovells International LLP, Düsseldorf

Bei der Gründung einer Aktiengesellschaft oder bei einer späteren Kapitalerhöhung können Aktionäre ihre Einlageverpflichtungen in bar oder in Form von Sachwerten erbringen. Bei Sacheinlagen kann es allerdings sein, dass der als Sacheinlage eingebrachte Vermögensgegenstand nicht den dafür angegebenen Wert erreicht. In einem solchen Fall haftet der Aktionär auf die Wertdifferenz, wenn der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem Ausgabebetrag der ausgegebenen Aktien zurückbleibt. Diesbezüglich hat der BGH mit Urteil vom 15. 11. 2011 (II ZR 149/10) entschieden, dass eine Aktiengesellschaft mit ihrem Aktionär über den Anspruch der Aktiengesellschaft auf Zahlung der Wertdifferenz zwischen der bei einer Sachkapitalerhöhung übernommenen Einlageverpflichtung und dem tatsächlichen Wert der zur Erfüllung erbrachten Sachleistung (Differenzhaftung) einen Vergleich schließen kann.

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Rechtskraft eines Urteils gegen die Gesellschafter erstreckt sich nicht auf die GbR

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Trotz der jüngeren Rechtsprechung des BGH, die die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als eigenes Rechtsubjekt anerkannt hat, ist im Verhältnis zwischen Gesellschafterin und Gesellschaft – jedenfalls im Prozess – noch längst nicht alles geklärt. Bereits Anfang des Jahres hat der BGH Gläubigern einer GbR quasi eine zweite Chance eingeräumt, wenn ein Anspruch gegen die GbR-Gesellschafter aus persönlicher Haftung für eine Gesellschaftsschuld abgelehnt wird.

Hintergrund des Urteils vom 22. 3. 2011 (Az.: II ZR 249/09 = DB0422771) war die Nichterfüllung eines Grundstückskaufvertrages der mit einer GbR und ihren vier Gesellschaftern geschlossen worden war. Die Klägerin hatte zunächst die vier Gesellschafter als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns aus einem ihr möglichen Weiterverkauf des Grundstückes in Anspruch genommen. Diese Klage war in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen worden. Daraufhin verfolgte die Klägerin den Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft. Das Berufungsgericht hatte die Klage als unzulässig abgewiesen, weil über denselben Streitgegenstand bereits im Vorprozess zur Lasten der Klägerin entschieden worden sei.

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Darlehen als zulässige Gegenleistung bei Ausgliederung

RA/StB/FBIStR Prof. Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg

Das OLG München hat kürzlich (Beschluss vom 15. 11. 2011 – 31 Wx 482/11) zu der umwandlungsrechtlichen Frage Stellung genommen, ob bei der Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch eine andere Gesellschaft dem übertragenden Rechtsträger neben der Gewährung von Geschäftsanteilen und Mitgliedschaftsrechten auch ein Darlehen als Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden darf. Zugrunde lag ein Fall, in dem ein Einzelkaufmann das gesamte Vermögen seines Betriebs im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme auf eine GmbH übertragen wollte. Bei der GmbH sollte die Aufnahme dieser Vermögensgesamtheit eine Kapitalerhöhung von 25.000 auf 100.000 € bewirken, wobei dem Einzelkaufmann im Gegenzug zur Vermögensübertragung ein neuer Geschäftsanteil in Höhe von 75.000 € gewährt werden sollten. Soweit der tatsächliche Wert des übertragenen Vermögens den Nennbetrag des Geschäftsanteils übersteigt, sollte der Differenzbetrag laut des Ausgliederungsvertrages wie ein von der Gesellschaft gewährtes Darlehen behandelt werden. » weiterlesen

Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine betriebsbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Mit anderen Worten: Die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl ist in Zusammenhang mit dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung unabdingbare Voraussetzung. » weiterlesen