Der BGH hatte kürzlich Gelegenheit, zur Rechtsscheinhaftung des Handelnden für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) zu entscheiden. Dem Urteil vom 12. 6. 2012 – II ZR 256/11, DB 2012 S. 1916 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer einer UG (haftungsbeschränkt), die im Handelsregister mit einem Stammkapital von 100 € eingetragen war. Unter der Bezeichnung „H-GmbH, u. G. (i. G.), M. H.“ hatte der Beklagte für die UG (haftungsbeschränkt) Werkverträge abgeschlossen, auf die Vorschüsse gezahlt wurden. Da die Arbeiten jedoch nie beendet wurden, kündigte der Kläger und verlangte Schadensersatz von dem Beklagten. Das Berufungsgericht hatte die Klage dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg.
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Existenzvernichtender Eingriff – BGH zeigt Grenzen auf
Sowohl der existenzvernichtende Eingriff als auch die sog. Unterbilanzhaftung von Gesellschaftern und Geschäftsführern ist seit langem immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung und juristischen Diskussion. Der BGH hatte kürzlich in einem Urteil Gelegenheit, zu beidem erneut Stellung zu nehmen und einige Streitfragen diesbezüglich zu entscheiden.
Hintergrund des Urteils vom 23. 4. 2012 – II ZR 252/10, DB 2012 S. 1261) war die Klage eines Insolvenzverwalters gegen die Gesellschafter und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin. Diese hatten zunächst eine Vorabgewinnausschüttung an sich ausgezahlt, aber ca. 5 Monate später aufgrund der schlechten Auftragslage die Liquidation der Insolvenzschuldnerin beschlossen. Wenige Tage später wurde die Geschäftsausstattung der Insolvenzschuldnerin an eine Verwertungsgesellschaft veräußert und wiederum wenige Wochen später gründeten sie eine neue Kommanditgesellschaft mit gleichgelagertem Geschäftszweck. Diese neue Gesellschaft trat in die bestehenden Verträge der Insolvenzschuldnerin ein und übernahm deren Mitarbeiter.
Zur Errichtung von Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften
Die Errichtung von Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften hat in den letzten Jahren, unter anderem bedingt durch die Flucht in die Limited, stark zugenommen. Dennoch ist sie immer wieder mit Hindernissen behaftet. Dies betrifft sowohl die Errichtung von Zweigniederlassungen einer englischen Limited, die von deutschen Gesellschaftern gegründet wurde, um die früher strengen Kapitalanforderungen bei der Errichtung einer GmbH zu umgehen und die letztlich ausschließlich in Deutschland tätig ist, als auch die tatsächliche Errichtung der Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens. Was sonst als einfacherer Weg im Vergleich zur Errichtung einer Gesellschaft, z. B. einer GmbH gesehen wird, erweist sich oft als langwieriger und mühsamer, von hohem Verwaltungsaufwand begleiteter Prozess. Dies liegt nicht zuletzt an einer sehr uneinheitlichen Rechtspraxis der Registergerichte.
Keine Erweiterung des Aufsichtsrates einer mitbestimmten GmbH um Mitglieder mit beratender Funktion
Der Aufsichtsrat bei kommunalen Unternehmen ist immer wieder Gegenstand von Rechtsprechung und Literatur. So war im vergangenen Jahr die Weisungsgebundenheit von kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern Gegenstand der Rechtsprechung. In einer kürzlich verkündeten Entscheidung hatte der BGH über eine Satzungsbestimmung zu entscheiden, die die Berufung weiterer Aufsichtsratsmitglieder mit beratender Funktion vorsah.
Dem Beschluss vom 30. 1. 2012 – II ZB 20/11, DB 2012 S. 568 lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die alleinige Gesellschafterin der Beteiligten, eine Stadt, hatte eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dahingehend beschlossen, dass dem mitbestimmten Aufsichtsrat der Gesellschaft künftig neben den 20 stimmberechtigten Mitgliedern bis zu vier weitere Mitglieder mit beratender Funktion angehören sollten. Die beratenden Mitglieder sollten jeweils von den Ratsfraktionen, die im Aufsichtsrat noch nicht vertreten waren, benannt und dann vom Rat der Stadt entsandt werden. Das Registergericht beanstandete die beschlossene Erweiterung als unzulässige Satzungsänderung und lehnte die Eintragung ab. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte in keiner Instanz Erfolg.
BGH stärkt Stellung des Geschäftsführers bei Haftungsfällen aus fehlerhafter Steuerberatung
Die Haftung und Haftungsbeschränkung von Geschäftsführern ist immer wieder Gegenstand von Rechtsprechung und Literatur. Wird ein Mitglied der Geschäftsführung in Anspruch genommen, so stellt sich für ihn bzw. sie die Frage, ob er oder sie Berater der GmbH in Anspruch nehmen kann, wenn diese falsch beraten haben und die Haftung der Geschäftsführung darauf beruht. Dies ist selbstverständlich dann der Fall, wenn direkt mit dem Geschäftsführer ein Beratungsmandat abgeschlossen wurde. Allerdings ist dies in den seltensten Fällen so, vielmehr wird in aller Regel der Beratungsvertrag mit der GmbH geschlossen, für die das Mitglied der Geschäftsführung als Organ tätig ist. Fraglich ist daher, ob über die Konstruktion des „Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ ein Rückgriff des in Anspruch genommen Geschäftsführers gegenüber den Beratern möglich ist.
Haftung von Vereinsmitgliedern – BGH bestätigt Beschränkung
Die Haftung von ehrenamtlich Tätigen, sei es als Vereinsvorstand oder Vereinsmitglied, ist seit einigen Jahren Gegenstand sowohl von Rechtsprechung als auch von Gesetzesinitiativen. So liegt seit letztem Jahr ein Gesetzentwurf des Bundesrates beim Bundestag, der die Haftung von ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern beschränken soll (siehe dazu auch den Beitrag von Noack im Rechtsboard vom 27. 6. 2011).
Für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder wurde im Jahr 2009 mit dem neuen § 31a BGB eine Haftungsbeschränkung eingeführt. Diese haften dabei für Schäden, die sie in Wahrnehmung ihrer Vorstandspflichten verursacht haben, nur dann, wenn dies vorsätzlich oder grob fahrlässig geschah. Dies gilt sowohl gegenüber dem Verein als auch gegenüber seinen Mitgliedern. Wird ein Vorstandsmitglied von einer außenstehenden Person für Schäden in Anspruch genommen, die in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten entstanden sind, so muss der Verein das Vorstandsmitglied von der Verbindlichkeit freistellen, es sei denn, es hat vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt.
Zulässigkeit einer Rechtsanwaltsgesellschaft bestehend aus Patent- und Rechtsanwälten
Die Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung ist erst seit 1998 im Gesetz geregelt. Damals wurden in die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) die §§ 59c ff. eingeführt. Danach kann eine sog. Rechtsanwalts-GmbH unter bestimmten Voraussetzungen zur Berufsausübung zugelassen werden. Zu diesen gehört u. a., dass Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie die entsprechenden Berufsangehörigen aus dem europäischen Ausland sein dürfen
(§§ 59a, 59e). Gemäß § 59f BRAO muss die Rechtsanwaltsgesellschaft darüber hinaus von Rechtsanwält(inn)en verantwortlich geführt werden und muss die Geschäftsführung mehrheitlich aus Rechtsanwält(inn)en bestehen.
Die gesetzlichen Regelungen hat der Anwaltssenat des BGH in einem Urteil vom Oktober letzten Jahres im Hinblick auf die Beteiligung von Patentanwälten bestätigt (Urteil vom 10. 10. 2011 – AnwZ (Brfg) 1/10, DB0463376). Hintergrund war die beantragte Zulassung einer GmbH als Rechtsanwaltsgesellschaft. Die GmbH war von zwei Patentanwälten und einem Rechtsanwalt gegründet worden, von denen jeder einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer war. Die Gesellschaft hatte gegen die Ablehnung ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft geklagt. Unter anderem wurde argumentiert, dass die zitierten Vorschriften gegen das Grundgesetz, namentlich die Berufswahl- und die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, verstießen. » weiterlesen
Rechtskraft eines Urteils gegen die Gesellschafter erstreckt sich nicht auf die GbR
Trotz der jüngeren Rechtsprechung des BGH, die die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als eigenes Rechtsubjekt anerkannt hat, ist im Verhältnis zwischen Gesellschafterin und Gesellschaft – jedenfalls im Prozess – noch längst nicht alles geklärt. Bereits Anfang des Jahres hat der BGH Gläubigern einer GbR quasi eine zweite Chance eingeräumt, wenn ein Anspruch gegen die GbR-Gesellschafter aus persönlicher Haftung für eine Gesellschaftsschuld abgelehnt wird.
Hintergrund des Urteils vom 22. 3. 2011 (Az.: II ZR 249/09 = DB0422771) war die Nichterfüllung eines Grundstückskaufvertrages der mit einer GbR und ihren vier Gesellschaftern geschlossen worden war. Die Klägerin hatte zunächst die vier Gesellschafter als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns aus einem ihr möglichen Weiterverkauf des Grundstückes in Anspruch genommen. Diese Klage war in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen worden. Daraufhin verfolgte die Klägerin den Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft. Das Berufungsgericht hatte die Klage als unzulässig abgewiesen, weil über denselben Streitgegenstand bereits im Vorprozess zur Lasten der Klägerin entschieden worden sei.
Unteilbarkeit der Mitgliedschaft bei einer Personengesellschaft
Das OLG Jena hat kürzlich in einem Beschluss (vom 31. 8. 2011 – 6 W 181/11) die in der Rechtsprechung und in der Literatur bestehende herrschende Meinung bestätigt, wonach die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft nicht teilbar ist. In dem Beschluss zugrundegelegten Sachverhalt war die Beteiligte zunächst als persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden. Einige Jahre später wurde sie zusätzlich als Kommanditistin eingetragen. Knapp vier weitere Jahre später teilte ihr das Registergericht mit, dass es beabsichtige, ihre Eintragung als Kommanditistin zu löschen. Hiergegen hatte die Beteiligte Beschwerde erhoben. Das OLG Jena bestätigte die Entscheidung des Registergerichts, wonach grundsätzlich der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft nicht gleichzeitig auch der Kommanditist dieser sein kann. » weiterlesen
GbR im Mietrecht – Stolpersteine im Zusammenhang mit dem Schriftformerfordernis
Sowohl das mietrechtliche Schriftformerfordernis in § 550 BGB als auch die Rechtsfähigkeit und Vertretungsberechtigung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sind seit Jahren Dauerbrenner in der Rechtsprechung. In Kombination potenziert sich die Gefahr eines Fehlers und bedarf daher in der Praxis besonderer Aufmerksamkeit. Das OLG Hamm hat sich Anfang des Jahres (Urteil vom 16. 2. 2011, Az. I-30 U 53/10) in eine lange Reihe BGH-Entscheidungen zum Thema eingeordnet und die vom BGH aufgestellten strengen Anforderungen bestätigt. » weiterlesen