Vertrauen auf Rechtsrat im europäischen Kartellrecht

RA Dr. Thorsten Mäger, Partner, Hengeler Müller, Düsseldorf

RA Dr. Thorsten Mäger, Partner, Hengeler Müller, Düsseldorf

Das europäische Kartellrecht ist komplex. Ob eine bestimmte Verhaltensweise zulässig oder unzulässig ist, lässt sich nicht immer leicht abschätzen. Verstößt ein Unternehmen gegen das europäische Kartellverbot, drohen hohe Bußgelder. Ob ein solcher Verstoß vorliegt, müssen die Unternehmen selbst prüfen und beurteilen („Selbsteinschätzung“). Dies ist nicht überraschend, sondern gilt seit jeher bei jeder „normalen“ Rechtsnorm. Im Kartellrecht war es früher aber anders. Denn bis zum 1. 5. 2004 konnten wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen bei der Europäischen Kommission angemeldet werden. Seitdem gilt jedoch das Prinzip des Genehmigungsvorbehalts nicht mehr, sondern das Prinzip der Legalausnahme, also die Selbsteinschätzung.

Bei schwierigen Zweifelsfragen liegt es für Unternehmen deshalb nahe, fachkundigen Rechtsrat einzuholen. Dies führt zu der Frage, ob eine Kartellbehörde ein Bußgeld gegen das Unternehmen verhängen darf, wenn es auf einen Rechtsrat vertraut hat, der sich später als unzutreffend herausgestellt hat. Darum geht es im Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen OGH im Fall Schenker, in dem die Generalanwältin Kokott am 28. 2. 2013 – Rs. C-681/11 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ihre Schlussanträge vorgelegt hat. Abzuwarten bleibt die Entscheidung des EuGH. Das Gericht folgt indessen häufig den Schlussanträgen der Generalanwälte.

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Wichtige Neuregelungen der 8. GWB-Novelle

RA Dr. Thorsten Mäger, Partner, Hengeler Müller, Düsseldorf

Die 8. GWB-Novelle war in vielen Eckpunkten heftig umstritten. Erst nach langen Diskussionen wurde sie am 18. 10. 2012 vom Bundestag beschlossen. Da nicht damit gerechnet wird, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anruft, wird sie aller Voraussicht nach am 1. 1. 2013 in Kraft treten. Gegenüber dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom November 2011 (vgl. dazu den Beitrag von Grave) hat sich eine Reihe von wichtigen Änderungen ergeben.

Pressespezifische Regelungen 

Eine wichtige Neuregelung betrifft das Presse-Grosso. Der Großhandel mit Zeitungen und Zeitschriften erfolgt in Deutschland seit Jahrzehnten im Presse-Grosso-System. In Deutschland gibt es ca. 70 weit überwiegend mittelständisch strukturierte Grossisten, die fast alle jeweils über ein ausschließliches Vertriebsgebiet verfügen und dort sämtliche Presseerzeugnisse aller Verlage flächendeckend an die Verkaufsstellen des Einzelhandels ausliefern.

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BGH äußert sich zum Oligopol auf dem deutschen Tankstellenmarkt

RA Dr. Thorsten Mäger, Partner, Hengeler Müller, Düsseldorf

In einer Entscheidung vom 6. 12. 2011 – KVR 95/10, DB0479373, die erst jetzt veröffentlicht wurde, neigt der BGH der Auffassung des Bundeskartellamtes („BKartA“) zu, dass der Tankstellenmarkt in Deutschland von einem Oligopol beherrscht wird, das aus den fünf großen Betreibern besteht, also BP/Aral, Shell, ExxonMobil/Esso, Total und ConocoPhillips/Jet. Ein marktbeherrschendes Oligopol ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Mitglieder des Oligopols untereinander keinen Wettbewerb machen (kein Binnenwettbewerb) und die übrigen Konkurrenten auf dem Markt zu schwach sind, um ausreichenden Wettbewerbsdruck auszuüben (kein Außenwettbewerb). Diese Einschätzung des Tankstellenmarktes dürfte den Beifall vieler Kommentatoren aus Politik und Medien finden, die sich regelmäßig zur Entwicklung der Kraftstoffpreise in Deutschland äußern. Betrachtet man die Gerichtsentscheidung jedoch näher, ergeben sich offene Fragen.

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