Noch wenige Tage, dann trifft das Wahlgeschenk „Rente63“ bei den Empfängern ein. Nicht überall macht sich Wohlgefallen breit. Auf den letzten Zentimetern vor der Beschlussfassung im Bundestag hat sich jedoch in den Gesetzestext verirrt, dass die beiden letzten Jahre vor Rentenbeginn nicht zu den 45 Beitragsjahren gerechnet werden, wenn diese mit Arbeitslosigkeit belegt sind. Das soll „Missbrauch“ verhindern und eine befürchtete Frühverrentungswelle stoppen. Woher die Angst vor dem Stellenabbau, konnte man doch wochenlang nichts anderes lesen, als dass die sozialpolitische Welt aus den Angeln gerät durch dieses Gesetz und eigentlich alle Welt händeringend Arbeitskräfte sucht, die bis weit über die 63 hinaus arbeiten wollen. Also was jetzt: Angst vor Frühverrentung oder vor dem Fachkräftemangel? » weiterlesen
Archiv der Kategorie: Allgemein
Aktuelle Gesetzgebung im Gesellschaftsrecht
Was ist in der Pipeline? Auf einer Veranstaltung des Instituts für Unternehmensrecht in Düsseldorf skizzierte Prof. Dr. Ulrich Seibert (Bundesjustizministerium) die Vorhaben in diesem Jahr:
Geschlechterquote im Aufsichtsrat: Der Referenten-Gesetzentwurf des BMJV „für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst“ ist hausintern fertiggestellt; er befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Seine Zuleitung an die „interessierten Kreise“ ist noch in diesem Monat zu erwarten.
Vorstandsvergütung: Insoweit ist in nächster Zeit kein Gesetzentwurf vorgesehen. Die Vereinbarung im Koalitionsvertrag lautet, die Entscheidung der Hauptversammlung zuzuweisen. Das sieht auch der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vom April 2014 vor (Rechtsboard vom 19. 5. 2014).
Beschlussmängelrecht: Eine große Reform ist nicht geplant. Die Änderungen durch das ARUG wirken. Über Einzeleingriffe wird nachgedacht (insbesondere: fehlerhafte Aufsichtsratswahl). » weiterlesen
Social Media am Arbeitsplatz: Kann der Betriebsrat bei der Aufstellung von Social Media Guidelines mitbestimmen?
Die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook, LinkedIn, Xing, Twitter und Co. auch am Arbeitsplatz und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis hat längst in den Alltag vieler Arbeitgeber und Arbeitnehmer Einzug gehalten. Die Nutzungsmöglichkeiten sind zahlreich; arbeitnehmerseitig werden Kollegen über soziale Netzwerke „kontaktet“, es wird nach neuen (potentiellen) Arbeitgebern gesucht, der eine oder andere „Frust“ über den Arbeitgeber gepostet oder aber auch Kunden für den Arbeitgeber akquiriert. Zuweilen ermuntern Arbeitgeber die Arbeitnehmer sogar explizit, soziale Netzwerke aktiv zum Ausbau auch des beruflichen Kontaktnetzwerks zu nutzen und damit auch die Interessen des Arbeitgebers (z.B. Employer-Branding, Kundenakquise etc.) zu fördern.
Ebenso zahlreich wie die Nutzungsmöglichkeiten von Social Media sind jedoch auch die tatsächlichen und rechtlichen Probleme, die sich für Arbeitgeber hieraus ergeben können. Unternehmen stellen daher zunehmend Social Media Richtlinien auf. Sie zielen darauf ab, einer unkontrollierten und die Interessen des Unternehmens beeinträchtigenden Nutzung von Social Media durch die Arbeitnehmer entgegenzuwirken. Social Media Guidelines können dabei Hinweise auf gesetzlich bestehende Begrenzungen, z.B. aus Urheber- oder Persönlichkeitsrechten, unverbindliche Nutzungsempfehlungen aber auch konkrete Verhaltenspflichten für Arbeitnehmer, an deren Verletzung arbeitsrechtliche Maßnahmen gekoppelt sind, beinhalten.
Ist ein Betriebsrat gewählt, stehen bei der Aufstellung von Social Media Guidelines entsprechende Mitbestimmungsrechte im Raum. » weiterlesen
Das ist der Hammer! – Grenzen des Wettbewerbs
Im harten Wettbewerb um Kunden haben Unternehmen immer wieder neue Einfälle, um aus der breiten Masse des allgemeinen Angebots herauszustechen. Dies betrifft natürlich auch die Pharmabranche. Jüngst hatte ein Pharmaunternehmen sein Produkt, es ging um Blutzuckermesssysteme, dergestalt beworben, dass es niedergelassenen Ärzten in einem schmucken Geschenkkarton einen handelsüblichen Hammer in die Praxis schickte. Der Geschenkkarton trug dabei die Aufschrift „Hammerpreise schonen Ihr Budget!“. Endlich mal ein Präsent, mit dem man etwas anfangen kann, werden viele Ärzte gedacht haben. All die Mousepads, Schlüsselanhänger oder Baseballkappen gehen einem allmählich auf die Nerven!
Solchermaßen kreative Ideen bleiben natürlich selten im Kreis der Beteiligten und so bekam auch der Wettbewerb von dieser schlagfertigen Werbung Kenntnis. Dieser fühlte sich mit unlauteren Mitteln überholt und so war es eine Frage der Zeit, bis ein Konkurrenzunternehmen Klage auf Unterlassung erhob. » weiterlesen
Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder
Mit Urteil vom 21. 5. 2014 – 4 AZR 50/13, DB0662592 u.a. entschied der für Tarifsachen zuständige Vierte Senat des BAG, dass es keinen Bedenken begegnet, wenn ein Arbeitgeber in einem Tarifvertrag den Mitgliedern der entsprechenden Gewerkschaft eine sog. „Erholungsbeihilfe“ in Höhe von EUR 200 gewährt, anderen Arbeitnehmern dagegen nicht. Insbesondere hätten die übrigen Mitarbeiter keinen Anspruch aus dem sog. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das BAG hat diese Entscheidung einer Presseerklärung für würdig erachtet. Sie bringt zwar nichts Neues, doch ist sie ein weiteres Beispiel für den seit einigen Jahren unter dem Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden bereits begonnenen Schwenk des Senats hin zur erlaubten Ungleichbehandlung von Gewerkschaftsmitgliedern. » weiterlesen
Aktienrechtsnovelle 2014 wieder auf dem Wege
Was lange währt wird endlich gut. So könnte es mit einer Aktienrechtsreform gehen, die vor vier Jahren begann. Schon 2010 wurde der erste Entwurf einer Aktienrechtsnovelle vorgelegt, die ausdrücklich als „klein“ bezeichnet wurde. Aufregend war im Grunde nur die Abschaffung der Inhaberaktie für börsenferne Gesellschaften (Noack DB 2010, 2657). Im Verlauf der Gesetzesberatungen wurde daraus lediglich eine Einschränkung bei der Gründung (keine Einzelverbriefung mehr). Die Überfrachtung der kleinen Novelle mit der umstrittenen Vorstandsvergütung war im vergangenen Jahr auch Ursache ihres Scheiterns. In der neuen Wahlperiode wird die Aktienrechtsnovelle mit ihrem ursprünglichen Inhalt neu eingebracht. Ende April hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Referentenentwurf vorgestellt, für den „Anregungen und Anmerkungen“ bis Mitte Juni 2014 erbeten sind. » weiterlesen
Änderung der Aktionärsrechterichtlinie – Kritische Bestandsaufnahme des Entwurfs der EU-Kommission
Anfang April hat die EU-Kommission ihren mit großem Interesse erwarteten Entwurf einer Richtlinie (2014/0121 [COD]) zur Änderung der aus dem Jahre 2007 stammenden Aktionärsrechterichtlinie (2007/36/EG) vorgelegt. Die in der Änderungsrichtlinie enthaltenen Regelungen sollen v. a. zu einer stärkeren Überwachung der Vergütungspolitik börsennotierter Unternehmen sowie zu einer erhöhten Transparenz und Kontrolle bei Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen und Personen durch die Aktionäre führen. Die Änderungsrichtlinie soll zudem die „wahren“ Aktionäre leichter identifizierbar machen und die Transparenz mit Blick auf das Tätigkeitsfeld institutioneller Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater erhöhen.
Sanierung und Abwicklung von Banken – EU-Parlament beschließt zweite Säule der Bankenunion
Das EU-Parlament hat am 15. 4. 2014 in erster Lesung den Entwurf für eine Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (Banking Resolution and Restructuring Directive – „BRRD“) und den Entwurf für eine Verordnung für den Einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – „SRM“) angenommen. Es ist zu erwarten, dass diese Gesetzesvorhaben noch im Juni verkündet werden, wobei die Umsetzung der BRRD in nationales Recht bereits bis Ende 2014 zu erfolgen hat. Wesentliche Teile des SRM werden hingegen erst ab 2016 Anwendung finden.
Geldwäsche und Kapitalgesellschaften
Geldwäsche und Gesellschaftsrecht: immer wieder ein Thema. Internationale Bestrebungen zielen auf die völlige Offenlegung der Anteilseigner von Kapitalgesellschaften. Die G8-Staaten haben 2013 beschlossen, „eine bessere Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen zu erzielen. Unternehmen müssen Informationen darüber haben und zeitnah zur Verfügung stellen können, wem sie tatsächlich gehören und wer sie tatsächlich kontrolliert. Diese Informationen müssen zum Zwecke der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden.“ Die Medien berichten von einem Brief, den der Finanzminister jüngst an den Justizminister gesandt hat, um „Sofortmaßnahmen“ anzumahnen. Hintergrund ist die Drohung einer Unterorganisation der OECD, Deutschland als Hochrisikoland betr. Geldwäsche einzustufen. In erster Linie geht es um Strafrecht, aber auch gesellschaftsrechtliche Sachverhalte sind betroffen. Besonders kritisch wird die „anonyme Inhaberaktie“ beäugt. Daher war in der Aktienrechtsnovelle der vergangenen Wahlperiode vorgesehen, dass nichtbörsennotierte Gesellschaften nur dann mit Inhaberaktien gegründet werden können, wenn der Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen und die Sammelurkunde bei einer Wertpapierbank hinterlegt ist. Die Aktienrechtsnovelle ist aber im September 2013 gescheitert, weshalb in dieser Wahlperiode ein neuer Anlauf unternommen wird. Soeben ist ein Referentenentwurf einer Aktienrechtsnovelle 2014 vorgelegt worden, der die besagten Einschränkungen für Inhaberaktien enthält. Die Frage ist, ob der Regelungsvorschlag angesichts einer bislang kaum beachteten europäischen Normsetzung ausreicht. » weiterlesen
Schützt ausländisches Insolvenzverfahren vor Geschäftsführerhaftung wegen vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge?
Das mehr oder weniger seriöse Geschäft des sog. „Insolvenz-Tourismus“ ist schon länger bekannt. Im Kern geht es darum, den sog. COMI (Center of Main Interest) eines deutschen Schuldners in das EU-Ausland zu verlegen und dort die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einzuleiten. Das bevorzugte Ziel entsprechender Sanierungen ist dabei u. a. England, und zwar insbesondere wegen der sog. Restschuldbefreiung, die dort lediglich ein Jahr beträgt, dh nach Ablauf eines Jahres nach Eröffnung des Verfahrens ist der Schuldner schuldenfrei. Das ist aufgrund der europäischen Insolvenzverordnung Nr. 1346/2000 (EuInsVO) auch im Inland – also Deutschland – anzuerkennen, obwohl hierzulande die Restschuldbefreiung erst nach drei Jahren und auch nur dann eintritt, wenn eine Mindestbefriedigungsquote von 25 % erfüllt worden ist und die Verfahrenskosten bezahlt wurden. Die Sache wird dann problematisch und für die betroffenen Gläubiger sehr ärgerlich, wenn die Insolvenz letztlich auf betrügerischen Handlungen des Schuldners beruht und der – entsprechend beratene – Schuldner seinen COMI nur zum Schein verlegt, was die ausländischen Gerichte entweder nicht prüfen oder die Gläubiger dort nicht nachweisen können.