Der Bundestag hat am 17. 5. 2013 mit den Stimmen der Regierungskoalition ein „Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Abwicklung und Sanierung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“ (Trennbankengesetz) beschlossen, dessen Entwurf am 6. 2. 2013 von der Bundesregierung veröffentlicht worden war. Nachdem der RegE im Konsultationsverfahren vor dem Finanzausschuss des Bundestages teilweise erheblicher Kritik aus der Wissenschaft und der Finanzbranche ausgesetzt war, schien die Zukunft des Trennbankengesetzes zeitweise unsicher. Mit dem Beschluss des Bundestages hat das Gesetzgebungsvorhaben wieder Fahrt aufgenommen. Allerdings bleibt fraglich, ob es am 7. 6. 2013 auch den Bundesrat passieren wird.
Steuergerechtigkeit um jeden Preis!?
Vor einigen Tagen hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalerträgen, die einem Steuerpflichtigen vor dem 1. Januar 2009 zugeflossen sind, weiterhin unbeschränkt als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden können. Das im Jahr 2009 mit der Abgeltungssteuer bei den Einkünften aus Kapitalvermögen eingeführte Abzugsverbot für Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 EStG) finde auf diese Ausgaben keine Anwendung (FG Köln v. 17.4.2013 – 7 K 244/12 [nicht rechtskräftig]).
Die auf den ersten Blick technische Aussage wird interessant, wenn man den Hintergrund näher betrachtet: » weiterlesen
Vertrauen auf Rechtsrat im europäischen Kartellrecht
Das europäische Kartellrecht ist komplex. Ob eine bestimmte Verhaltensweise zulässig oder unzulässig ist, lässt sich nicht immer leicht abschätzen. Verstößt ein Unternehmen gegen das europäische Kartellverbot, drohen hohe Bußgelder. Ob ein solcher Verstoß vorliegt, müssen die Unternehmen selbst prüfen und beurteilen („Selbsteinschätzung“). Dies ist nicht überraschend, sondern gilt seit jeher bei jeder „normalen“ Rechtsnorm. Im Kartellrecht war es früher aber anders. Denn bis zum 1. 5. 2004 konnten wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen bei der Europäischen Kommission angemeldet werden. Seitdem gilt jedoch das Prinzip des Genehmigungsvorbehalts nicht mehr, sondern das Prinzip der Legalausnahme, also die Selbsteinschätzung.
Bei schwierigen Zweifelsfragen liegt es für Unternehmen deshalb nahe, fachkundigen Rechtsrat einzuholen. Dies führt zu der Frage, ob eine Kartellbehörde ein Bußgeld gegen das Unternehmen verhängen darf, wenn es auf einen Rechtsrat vertraut hat, der sich später als unzutreffend herausgestellt hat. Darum geht es im Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen OGH im Fall Schenker, in dem die Generalanwältin Kokott am 28. 2. 2013 – Rs. C-681/11 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ihre Schlussanträge vorgelegt hat. Abzuwarten bleibt die Entscheidung des EuGH. Das Gericht folgt indessen häufig den Schlussanträgen der Generalanwälte.
Rentenversicherung: Die fehlgeschlagene berufsständische Versorgung
Bestimmte „Arbeitnehmer der freien Berufe“ können sich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, wenn sie Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und – kraft Gesetzes – einer berufsständischen Kammer sind. Typischerweise wird eine solche Befreiung von Rechtsanwälten, die bei einem Unternehmen beschäftigt sind (sog. „Syndikusanwälte“), beantragt. Aber auch für alle anderen Angehörigen der kammerfähigen Berufe (wie z. B. Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Architekten) ist regelmäßig eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Angestelltenverhältnis wirtschaftlich interessant. Die in Aussicht gestellte Altersrente der Versorgungswerke ist bei gleichem Beitragsaufkommen regelmäßig höher als die zu erwartende Altersrente der staatlichen Rentenversicherung.
Lange Zeit war es allgemeiner Konsens, dass für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht lediglich eine „berufsspezifische Tätigkeit“ erforderlich sei. In den letzten Jahren hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ihre diesbezügliche Beurteilung aber augenscheinlich geändert. Die Folge sind aktuell zahlreiche Verfahren vor den Sozialgerichten, die Angehörige der sogenannten Kammerberufe gegen ablehnende Befreiungsbescheide der DRV führen.
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung scheint dabei zunehmend ebenfalls der Auffassung zu sein, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht alles andere als selbstverständlich ist. » weiterlesen
SEPA und die Folgen für die Internet-Einzugsermächtigung
Das Konzept der Single European Payment Area (SEPA) soll europaweit den Zahlungsverkehr für alle Beteiligten vereinheitlichen und vereinfachen. Auf Unternehmensseite löst es derzeit eher Sorgen aus, vor allem, soweit es um die Zahlung per Einzugsermächtigung geht und diese vom Kunden nicht schriftlich erteilt wurde (vgl. dazu auch den Beitrag von Walter in DB 2013 S. 385 (390)). Das vom deutschen Bundestag am 28. 2. 2013 zuletzt verabschiedete SEPA-Begleitgesetz ändert daran nichts. Dort werden insbesondere Übergangsfristen geregelt. Eine verbindliche Vorgabe zur Form bei Einrichtung des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens findet sich nicht. Bis zum 1. 2. 2014 wird es noch ein Nebeneinander des bisherigen Einzugsermächtigungsverfahrens und des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens geben.
Die Beschallungsrüge …
… scheint ihr Ende gefunden zu haben. Dabei handelt es sich um eine besonders skurrile Erscheinung im Kontext der aktienrechtlichen Anfechtungsklage. Seit das Landgericht München im Jahr 2009 die Nicht-Beschallung des Foyers als Anfechtungsgrund für HV-Beschlüsse ansah, wird immer mal wieder der fehlende gute Ton beklagt. Jetzt hat das OLG München befunden, dass der laute Handtrockner auf dem Klo die Eintragung der Beschlüsse der Siemens-Hauptversammlung (OSRAM-Abspaltung) nicht hindert (Freigabebeschluss v. 10.4.2013). Zu leise oder zu laut, das wollte das Gericht offenbar nicht im Ernst für justitiabel halten. Die klagenden Aktionäre hätten sich in der HV schließlich nicht zu Wort gemeldet und Fragen gestellt (mitgeteilt von Wilsing, Gastkommentar DB v. 3.5.2013). Diese Erwägung des Senats deutet auf das zutreffende Verständnis hin, dass der Aktionär nicht freudig vermeintliche Fehler registrieren und für seine Klage notieren darf. Vielmehr ist er gehalten, in zumutbarer Weise an der Mängelbeseitigung mitzuwirken, etwa durch Hinweise an die Versammlungsleitung (s. Noack/Zetzsche, Kölner Kommentar, 3. Aufl. 2011, vor §§ 121 ff AktG, Rn. 24). Ist also der Ton im Versammlungsraum tatsächlich unverständlich, so muss dies an Ort und Stelle moniert werden. » weiterlesen
Betriebliche Altersversorgung: Kehrtwende des BAG zur gespaltenen Rentenformel
Viele Versorgungsordnungen enthalten eine sog. „gespaltene Rentenformel“. Nach einer solchen gespaltenen Rentenformel fällt der Teil des ruhegehaltsfähigen Einkommens, der oberhalb der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) liegt, bei der Bemessung der Leistungshöhe überproportional ins Gewicht. Vor vier Jahren, am 21. 4. 2009, hat der Ruhegeldsenat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in diesem Kontext zwei Entscheidungen (3 AZR 471/07 = DB0334673 und 3 AZR 695/08 = DB0334672) getroffen, die in der Praxis der betrieblichen Altersversorgung für erhebliches Aufsehen gesorgt haben. Die Erfurter Richter entschieden seinerzeit, Versorgungsordnungen mit einer „gespaltenen Rentenformel“ seien durch die außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze (um 6.000 Euro proJahr) im Jahr 2003 regelmäßig lückenhaft geworden und entsprechend dem ursprünglichen Regelungsplan im Wege der Auslegung zu ergänzen (detaillierter hierzu Rößler, DB 2009 S. 2490 = DB0338616). Die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze war nicht vorhersehbar, da der Gesetzgeber von der gesetzlichen Berechnungsmethode (vgl. § 159 SGB VI) abgewichen ist, nach der die BBG für das Jahr 2003 auf Grund der Gehaltsentwicklung auf 55.200 Euro jährlich festzusetzen gewesen wäre – tatsächlich wurde sie aber auf 61.200 Euro erhöht. Deshalb führt diese Auslegung in den meisten Fällen dazu, dass die Betriebsrente ohne Berücksichtigung der Anhebung der BBG zu berechnen ist. Von dieser errechneten Rente wird sodann der Betrag abgezogen, um den sich die gesetzliche Rente infolge höherer Beitragszahlungen erhöht hat.Nachdem das LAG Niedersachsen bereits im Dezember 2009 (11 Sa 1783/07) und die LAG Baden-Württemberg (2 Sa 115/10) und Hessen (8 Sa 1832/10) im Mai bzw. Juni 2011 die BAG-Entscheidungen nicht übernommen und eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt haben, haben nunmehr auch die Erfurter Richter eine Kehrtwende vollzogen. In ihrer Entscheidung 3 AZR 475/11 vom 23. 4. 2013 (DB0589663) geben sie ausdrücklich die bisherige Rechtsprechung zu diesem Thema auf. » weiterlesen
Kein Auskunftsanspruch für abgelehnte Bewerber
Bewerbungsunterlagen anderer Personen bleiben auch weiterhin vertraulich. Unternehmen müssen diese nicht an abgelehnte Mitbewerber herausgeben. Nach dem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. 4. 2013 (Az.: 8 AZR 287/08, DB v. 25. 4. 2013 = DB0590393 ) können Arbeitgeber aufatmen: Sie müssen weder Informationen aus dem Bewerbungsprozess noch nähere Gründe dafür preisgeben, ob und nach welchen Kriterien sie Bewerber eingestellt oder abgelehnt haben. » weiterlesen
Der Gesetzgeber muss die Abgeltungsteuer zu Ende denken!
Die Abgeltungsteuer vereinfacht zwar die Steuererhebung, nicht aber die Abwicklung streitiger Verfahren – und von diesen gibt es immer noch (zu) viele.
Die mit dem UntStRefG 2008 eingeführte und seit 2009 geltende Abgeltungsteuer hat von juristischer wie ökonomischer Seite Lob wie Kritik erfahren. Vernachlässigt wurde aber bisher die Frage, ob das vom Gesetzgeber mit der Abgeltungsteuer verfolgte Ziel, nämlich die Kapitalertragsteuer effizienter zu erheben, erreicht wurde.
Die Effizienz bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer wurde vordergründig zwar zweifellos verbessert; doch auf den zweiten Blick zeigt sich, dass ein zentrales Problem der Besteuerung der Kapitalerträge nicht gelöst wurde: die vielen finanzgerichtlichen Verfahren, die nach wie vor im Zusammenhang mit Kapitalerträgen entstehen. Ursache ist teilweise die mangelhafte Abstimmung des Steuer- auf das Gesellschaftsrecht, teilweise liegen sie aber auch in Abzugsbeschränkungen begründet. Diese Verfahren führen nach wie vor zu erheblichem Arbeits- und Verwaltungsaufwand – sowohl bei den Steuerpflichtigen als auch bei den Finanzämtern. Sie konterkarieren Sinn und Zweck der Abgeltungsteuer. » weiterlesen
Verzinsung kartellrechtlicher Geldbußen verfassungsgemäß
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Verzinsung von kartellrechtlichen Geldbußen mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Beschluss vom 19. 12. 2012 – 1 BvL 18/11; dazu unter 1.). Praktische Folge dieser Entscheidung ist, dass die betroffenen Unternehmen nun noch mehr als bisher den Faktor Zeit – die Verfahrensdauer – in ihre Überlegungen einstellen müssen, ob sie gegen eine Bußgeldentscheidung des Bundeskartellamts (BKartA) ein Rechtsmittel einlegen (dazu unter 2.). Gegenwärtig belaufen sich die in Rede stehenden Zinsen der bereits laufenden Verfahren auf etwa 50 Mio. €.
1. Am 17. 3. 2005 setzte das BKartA gegen ein betroffenes Unternehmen wegen Kartellverstößen eine Geldbuße von 6,4 Mio. € fest. Das Unternehmen legte Einspruch ein. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens stellte das OLG Düsseldorf das Verfahren hinsichtlich einer Tat ein, auf die ein Teilbetrag der Geldbuße von 0,4 Mio. € entfiel. Im Juli 2009 nahm das Unternehmen wegen der Gefahr einer Erhöhung der verbleibenden Geldbuße durch das OLG Düsseldorf („Verböserung“ oder reformatio in peius) den Einspruch zurück und zahlte die vom Bundeskartellamt festgesetzte Geldbuße für die übrigen Taten.