BGH: Anforderungen an Plausibilitätsprüfung eines Prospekts durch Anlageberater

RA Dr. Thorsten Voß, Partner, Mayer Brown LLP, Frankfurt/M.

Der BGH hat mit Urteil vom 15. 11. 2012 – III ZR 55/12, DB 2012 S. 2862 entschieden, dass die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektgerechten Beratung sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts bezieht, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können.

Deshalb sei ein Anlageberater verpflichtet, ein Kapitalanlageprodukt, das er empfehlen möchte, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen. Je nach Ausgang der Prüfung sei der Anleger auch auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen. Jedoch könne eine unterlassene Prüfung nur dann zu einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar war, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist.

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Keine Aufklärungspflicht über Provisionen beim Vertrieb von Lehman-Zertifikaten

RA/FA f. GesellR Michael K. Schneider, Partner, Raupach & Wollert-Elmendorff, Stuttgart

Gleich vier bankenfreundliche Urteile hat der XI. Zivilsenat des BGH am 26. 6. 2012 gefällt (XI ZR 316/11, DB 2012 S. 1862, XI ZR 259/11, DB0485140, XI ZR 355/11, DB0485141, XI ZR 356/11, DB0485142).

 In den zugrunde liegenden Sachverhalten ging es jeweils um Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Lehmann-Zertifikaten. Die Anleger hatten jeweils Anfang 2007 unterschiedliche Beträge – bis zu 300.000 € – in „Global Champion Zertifikate“ investiert. In den vorangegangenen Beratungsgesprächen zwischen den Anlegern und Mitarbeitern der beklagten Bank, deren Inhalt im Einzelnen streitig blieb, waren die Anleger nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Bank von der Emittentin der Zertifikate eine Vertriebsprovision i. H. von 3,5% erhielt.

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BGH weist Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern ab

RA Dr. Sylko Winkler, Partner bei BMH Bräutigam & Partner, Berlin

In zwei lang erwarteten Urteilen hat der BGH am 27. 9. 2011 – XI 182/10, DB 2011 S. 2649 und  XI ZR 178/10, DB 0459112 über die Klagen zweier Bankkunden entschieden, die als „Zertifikate“ bezeichnete Anleihen der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend nur „Emittentin“) im Zweiterwerb von ihrer Bank erworben hatten. Die Rückzahlung sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung eines virtuellen Aktienkorbes erfolgen. Im ungünstigsten „Normalfall“ wäre lediglich das eingesetzte Kapital zurückbezahlt worden. Nach der Insolvenz der Emittentin waren die Anleihen weitestgehend wertlos. Die Kläger behaupteten, die Bank habe ihre Aufklärungspflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt und machten Schadensersatz geltend. Das LG hatte den Klägern zunächst Recht gegeben, in der Berufung vor dem OLG Hamburg unterlagen sie jedoch. Der BGH wies die Revisionen der Kläger als unbegründet zurück. Zusammengefasst führte er folgende Gründe an:

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