Eigenverantwortliche Fortbildung des Aufsichtsrats

„Die Mitglieder des Aufsichtsrats nehmen die für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen eigenverantwortlich wahr. Dabei sollen sie von der Gesellschaft angemessen unterstützt werden.“ (Nr. 5.4.1. Deutscher Corporate Governance Kodex seit Juli 2010). Dieser Empfehlung dürfte sich keine Aktiengesellschaft ausdrücklich verweigern. Sogleich haben sich etliche Weiterbildungsangebote für den Aufsichtsrat entwickelt (s.u.). Offenbar gibt es einen Markt (bzw: es ist ein Markt eröffnet worden) – und dieser wird bedient. Gegen Qualifizierung ist gewiss nichts einzuwenden. Insbesondere kann es nützlich sein, wenn Aufsichtsratsanwärter das nötige Rüstzeug auch auf diesem Wege erwerben. Freilich ist Lebenserfahrung nicht durch Schulung vermittelbar und diese Erfahrung spielt eine große Rolle bei der Organtätigkeit. Auch wäre es misslich, wenn die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen nur als kollektives Kurserlebnis verstanden werden. Die Eigenverantwortung, die der Kodex nennt, kann sich auch im persönlichen Eigenstudium äußern. Daher darf die Antwort auf die Frage, welche Fortbildung das Mitglied des Aufsichtsrats betrieben hat, auch lauten: Es habe regelmäßig das von der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Exemplar „Der Betrieb“ (pars pro toto) gelesen.

» weiterlesen

Überwachungsorgane: Die eigene Qualifizierung im Auge behalten

 
 
 

RA Peter Lindt, Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg

Die Masternorm zu den Aufsichtsratspflichten umfasst gerade sieben Worte: Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen, § 111 Abs. 1 AktG. Die erfreuliche Knapp- und Klarheit sollte nicht dazu führen, den tatsächlichen Pflichtenumfang als Mitglied eines Überwachungsorgans zu unterschätzen. Und: Ohne ausreichende Qualifizierung kann den Pflichten kaum genügt werden. » weiterlesen

Gesetzliche Frauenquote für deutsche Aufsichtsräte?

In diesen Tagen berät der Deutsche Bundestag – auf Antrag der Opposition – über die Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote in den Aufsichtsräten deutscher Aktiengesellschaften, die bekanntermaßen die Förderung der Frauengleichstellung in den Fokus rückt. Vor allem die zwingende Quote, die Norwegen vor einiger Zeit eingeführt, wird dabei als Vorbild angeführt. Das mit den vorgeschlagenen Regelungen betreffend die Gleichstellung berufstätiger Frauen und Männer verfolgte generelle Anliegen, die Gleichstellung von Frauen in den Fokus zu nehmen und zu fördern, verdient dabei sicher nachdrückliche Unterstützung. Ob aber eine Quote hierfür das richtige Mittel ist, ist sehr fraglich. » weiterlesen

Grünbuch der EU-Kommission zur Corporate Governance

Das europäische Gesellschaftsrecht gerät wieder in Bewegung. Der letzte wichtige Rechtsakt war die Aktionärsrechte-Richtlinie im Jahr 2007 (die immer noch nicht in allen EU-Staaten umgesetzt ist). Nach vier Jahren scheint wieder Regulierungsbedarf zu bestehen. Vorige Woche hat die EU-Kommission ein „Grünbuch“ vorgelegt, in dem sie ihre weiteren Vorstellungen über einen „europäischen Corporate-Governance-Rahmen“ zur Diskussion stellt. Bis zum 22. 7. 2011 können Beiträge an markt-complaw@ec.europa.eu übermittelt werden, die auf der Internetseite der Kommission veröffentlicht werden. Zudem findet Mitte Mai 2011 eine große öffentliche EU-Konferenz in Brüssel über die „Zukunft des Europäischen Gesellschaftsrechts“ statt. Das alles ist zunächst ein lobenswertes Vorgehen, denn eine Überraschung mit legislatorischen Akten wird so eher vermieden – die nationale Gesetzgebung könnte sich hieran ein Beispiel nehmen. Warum nicht auch hierzulande ein Grünbuch, das nach den notwendigen oder auch nur wünschenswerten Fortentwicklungen im Unternehmensrecht fragt? Wenn erst einmal ein Referentenentwurf den „interessierten Kreisen“ (wie es heißt) zugeleitet wurde, ist es für eine über Diskussion, die über die Formulierungen des Entwurfs hinausreicht, zu spät. » weiterlesen

Rechtsanwalt und Aufsichtsrat – eine brisante Kombination

Nicht selten ist ein die Gesellschaft betreuender Rechtsanwalt auch Mitglied im Aufsichtsrat. Der mit dem Vorstand geschlossene Mandatsvertrag bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 114 Abs. 1 AktG); eine ohne Zustimmung gewährte Vergütung ist zurückzugewähren, „es sei denn, dass der Aufsichtsrat den Vertrag genehmigt“ (§ 114 Abs. 2 S. 1 AktG). Eine solche Genehmigung hat der Aufsichtsrat der Fresenius SE am Jahresende 2008 für die Zahlung von ca. 1 Mio. € Honorar an die Kanzlei Noerr erteilt, deren Partner Dr. Schenk im Aufsichtsrat der SE sitzt. Das OLG Frankfurt (Urteil vom 15. 2. 2011 – 5 U 30/10) sieht darin „schwere und eindeutige Gesetzesverstöße, die zur Versagung der (Gesamt-) Entlastung nach § 120 Abs.1 AktG führen mussten, denn einen Anspruch auf diese Zahlungen hatte die Anwaltspartnerschaft nicht, wie aus § 114 Abs.1 AktG folgt“. § 114 Abs.1 AktG sei nicht nur eine als „verfügungswirksame Bestimmung zu verstehen, sondern als Verhaltensnorm auszulegen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich ein Verbot, ohne wirksamen (Dritt-) Vertrag Zahlungen an ein Aufsichtsratsmitglied zu leisten.“ Der OLG-Senat setzt sich mit dem zweiten Absatz des § 114 AktG (Genehmigung!) nicht weiter auseinander, was durchaus erstaunlich ist. » weiterlesen

Kodex-Verstoß: ein Anfechtungsgrund für die Aufsichtsratswahl?

Ist die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds anfechtbar, weil ein Verstoß gegen die Entsprechungserklärung zum Corporate Governance Kodex vorliegt? Das ist ein neuerdings vieldiskutiertes und ersichtlich brisantes Thema. Das Landgericht Hannover urteilte vor Jahresfrist: „Werden … durch den Hauptaktionär benannte Mitglieder, bei denen ein dauerhafter Interessenkonflikt nicht auszuschließen ist, in den Aufsichtsrat gewählt, ohne dies durch Änderung der gemäß § 161 AktG abzugebenden Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex bekannt zu machen, ist dies als Gesetzesverstoß i.S.d. §§ 243 Abs. 1 S. 1, 252 Abs. 1 S. 1 AktG zu bewerten, der die Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses zum Aufsichtsrat zur Folge hat.“ (Urteil v. 17.03.2010, Az. 23 O 124/09 – Continental AG). » weiterlesen

Öffentliche Aufsichtsratssitzungen?

Der Aufsichtsrat tagt hinter verschlossener Tür. Aber dieser eherne Grundsatz des Gesellschaftsrechts gerät bei kommunalen Unternehmen in Konflikt mit dem Bedürfnis nach Öffentlichkeit. Hier schwelt schon lange ein Streit zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der kommunalrechtlichen Konzeption einer „good governance“. Denn was macht es für einen Unterschied mit Blick auf das Bürgerinteresse, ob das Stadtbad als Eigenbetrieb organisiert ist oder eine städtische GmbH der Träger ist? Im ersten Fall wird darüber im Gemeinderat öffentlich verhandelt, im zweiten Fall wird der Aufsichtsrat bislang nichtöffentlich tagen – doch damit könnte bald Schluss sein, wenn die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Aktienrechtsnovelle zum Gesetz wird. » weiterlesen

Kommt aus Brüssel eine Empfehlung zur externen Evaluierung von Aufsichtsräten?

Die Effizienzprüfung der Aufsichtsratstätigkeit gehört seit dem Jahre 2002 zum festen Bestandteil der Corporate Governance für börsennotierte Gesellschaften. Nach Ziffer 5.6 des Deutschen Corporate Governance Kodex soll der Aufsichtsrat regelmäßig die Effizienz seiner Tätigkeit überprüfen. Diese Empfehlung wird nach den Befunden des Kodex Reports 2009 in hohem Maße akzeptiert (100% im DAX, 97% im MDAX, 80% im TecDAX, vgl. v. Werder/Talaulicar, DB 2009, 193). Sie ist nach Entstehungsgeschichte und Wortlaut der Idee einer Selbstbewertung verpflichtet, auch wenn die Mitwirkung Dritter nicht verboten ist. Nach einer aktuellen Erhebung belassen es daher 70% der DAX und MDAX-Aufsichtsräte bei einer Eigenbeurteilung; eine externe Evaluierung erfolgt nur in etwa 16% der Fälle. » weiterlesen

Verdoppelung der aktienrechtlichen Verjährungsfrist auf 10 Jahre!

Am 26. 11. 2010 hat der Bundesrat das Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung zugestimmt (BR-Drucks. 681/10). Das Gesetz soll am 31. 12. 2010 in Kraft treten. Zur Organhaftung bestimmt  § 93 Aktiengesetz (AktG), dass die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben (Abs. 1). Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast (Abs. 2). Nach dem jetzt neu gefassten § 93 Abs. 6 AktG verjähren derartige Organhaftungsansprüche bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften – wie bisher – in fünf Jahren. Über § 116 AktG gilt dies auch für Mitglieder des Aufsichtsrates.

» weiterlesen

Muss der Aufsichtsrat bei Zahlungen im Stadium der Insolvenzreife haften?

Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 20. 9. 2010 (II ZR 78/09, DB 2010 S. 2270) ein Grundsatzurteil zur Haftung des Aufsichtsrats bei Insolvenzreife gefällt. Das Urteil betrifft die insolvente Stadtwerke Doberlug-Kirchhain GmbH in Brandenburg. Die Gesellschaft war seit Jahresanfang 2002 insolvenzreif, worüber im Aufsichtsrat seit Frühjahr 2002 beraten wurde. » weiterlesen