Schützt ausländisches Insolvenzverfahren vor Geschäftsführerhaftung wegen vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge?

RA Dr. Klaus U. Eyber, Partner, Kaye Scholer, Frankfurt/M.

RA Dr. Klaus U. Eyber, Partner, Kaye Scholer, Frankfurt/M.

Das mehr oder weniger seriöse Geschäft des sog. „Insolvenz-Tourismus“ ist schon länger bekannt. Im Kern geht es darum, den sog. COMI (Center of Main Interest) eines deutschen Schuldners in das EU-Ausland zu verlegen und dort die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einzuleiten. Das bevorzugte Ziel entsprechender Sanierungen ist dabei u. a. England, und zwar insbesondere wegen der sog. Restschuldbefreiung, die dort lediglich ein Jahr beträgt, dh nach Ablauf eines Jahres nach Eröffnung des Verfahrens ist der Schuldner schuldenfrei. Das ist aufgrund der europäischen Insolvenzverordnung Nr. 1346/2000 (EuInsVO) auch im Inland – also Deutschland – anzuerkennen, obwohl hierzulande die Restschuldbefreiung erst nach drei Jahren und auch nur dann eintritt, wenn eine Mindestbefriedigungsquote von 25 % erfüllt worden ist und die Verfahrenskosten bezahlt wurden. Die Sache wird dann problematisch und für die betroffenen Gläubiger sehr ärgerlich, wenn die Insolvenz letztlich auf betrügerischen Handlungen des Schuldners beruht und der – entsprechend beratene – Schuldner seinen COMI nur zum Schein verlegt, was die ausländischen Gerichte entweder nicht prüfen oder die Gläubiger dort nicht nachweisen können.

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Englischer Administrator darf Interessenausgleich mit Namensliste schließen

Rechtsanwältin Frauke Heudtlaß, Raupach & Wollert-Elmendorff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,
Frankfurt

Mit Urteil vom 20.  9. 2012 (6 AZR 253/11, DB 2012 Heft 39 S. M 17, Pressemitteilung Nr. 67/12) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Zielsetzung der Europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO; EG Nr. 1346/2000), effiziente und grenzüberschreitende Insolvenzverfahren sicherstellen zu wollen, hervorgehoben und klargestellt, dass vor diesem Hintergrund auch ein Administrator nach englischem Recht bei grenzüberschreitenden Insolvenzen innerhalb der EU als Insolvenzverwalter i. S. des § 125 der Insolvenzordnung (InsO) anzusehen ist und somit einen Interessenausgleich mit Namensliste abschließen kann, dem die Wirkungen des § 125 InsO, insbesondere die Vermutungswirkung der dringenden betrieblichen Erfordernisse als Grundlage für Kündigungen, zukommen.
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Die Reform der Europäischen Insolvenzverordnung

RA Dr. Martin Prager, Partner, PLUTA Rechtsanwalts GmbH, München

Große Unternehmen wachsen international, aber wer ist eigentlich zuständig, wenn solche Firmen insolvent gehen, nach welchen Regeln wird das Verfahren abgewickelt und welche Befugnisse haben Insolvenzverwalter jenseits der Grenzen? Mit diesen Fragen kann man den Regelungsbereich der europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO) gut beschreiben. Vor zehn Jahren, am 31. 5. 2002, ist die Verordnung in allen Ländern der EU – mit Ausnahme Dänemarks – in Kraft getreten. Damit wurden grenzüberschreitende Insolvenzen innerhalb der EU rechtlich geregelt. Nun geht es darum, die EUInsVO zu modernisieren, insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den vergangenen Jahren. Die EU-Kommission beabsichtigt bis zum Ende des Jahres einen Entwurf zur Reform der EuInsVO vorzulegen.

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