Kein Schadensersatz für Geschäftsführer nach außerordentlicher Kündigung

RA Horst Grätz, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Der BGH hat am 6. 3. 2012 (Az. II ZR 76/11, DB 2012 S. 973) entschieden, dass ein Geschäftsführer einer GmbH keinen Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft hat, wenn er selbst wegen einer massiven Beschränkung seiner Kompetenzen außerordentlich kündigt.

 Im zugrundeliegenden Fall waren der klagende Geschäftsführer und seine Ehefrau Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Nachdem beide sämtliche ihrer Geschäftsanteile an eine andere Gesellschaft, eine GmbH & Co. KG, verkauft und abgetreten hatten, waren beide weiterhin als Geschäftsführer in der Gesellschaft tätig. Beide schlossen für die Laufzeit von fünf Jahren einen neuen Anstellungsvertrag, wonach sie die Geschäfte „selbstständig“ und „verantwortlich“ führen sollten.

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Diskriminierungsschutz für Geschäftsführer – Konsequenzen für Altersgrenzen?

RA Dr. Hans-Peter Löw, Partner, Allen & Overy, Frankfurt/M.

Auf den Geschäftsführer einer GmbH, dessen Bestellung und Anstellung infolge einer Befristung abläuft und der sich erneut um das Amt des Geschäftsführers bewirbt, sind die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) anwendbar. Dies hat der BGH in einem viel beachteten Urteil vom 23. 4. 2012 entschieden.

Zur Entscheidung stand folgender Fall: Der Kläger war medizinischer Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH, die mehrere kommunale Krankenhäuser betrieb. Alleingesellschafterin ist die Stadt L. Der Dienstvertrag des Klägers war auf fünf Jahre befristet. Der Aufsichtsrat der Beklagten lehnte eine Verlängerung des Dienstvertrags mit der Begründung ab, der Kläger sei mit 62 Jahren zu alt. Die „Umbruchsituation im Gesundheitsmarkt“ und die „Herausforderungen im Gesundheitswesen“ verlangten eine Kontinuität in der Geschäftsführung über das 65. Lebensjahr des Klägers hinaus. Der BGH sah darin eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters und sprach dem Kläger Schadenersatz zu.

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Geschäftsführerhaftung wegen Insolvenzverschleppung – lückenhafte Buchführung rettet nicht

RA Horst Grätz, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Im Falle der Insolvenz einer GmbH droht dem Geschäftsführer u. U. die Inanspruchnahme wegen Insolvenzverschleppung und / oder Eingehungsbetrug. Doch was passiert, wenn die Umstände, die die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin belegen würden, den Büchern der Gesellschaft nicht zu entnehmen sind, eine ausreichende Dokumentation der Vermögensverhältnisse schlichtweg nicht vorhanden ist oder sogar vorsätzlich vernichtet wurde?

Der Gläubiger, der den Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung in die Haftung nehmen möchte, steckt dann in einem Dilemma. Er kann unter diesen Umständen kaum nachweisen, dass die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig oder überschuldet war und der Geschäftsführer längst Insolvenzantrag hätte stellen müssen. Als Anspruchssteller wäre er jedoch grundsätzlich verpflichtet, die anspruchsbegründenden Voraussetzungen im Prozess darzulegen und zu beweisen.

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BGH behindert Generationswechsel in Unternehmensleitung

Der II. Zivilsenat hat entschieden, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auf die Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers anzuwenden (Urt. v. 23.4.2012; II ZR 163/10: „Kliniken Köln“, Urteilsgründe noch nicht veröffentlicht). Ein 62-Jähriger klagte erfolgreich, weil ihm ein 41-Jähriger vorgezogen wurde. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hatte erklärt, man wolle einen Jüngeren „in den Wind stellen“. Dies wurde offenbar als Indiz für eine Altersdiskriminierung gewertet. Aber warum eigentlich? Denn umgekehrt wäre der Jüngere „diskriminiert“, wenn man den Älteren nimmt. Ein anderes Beispiel: Wenn ein Unternehmen einen Frauenförderplan verkündet und bei der Besetzung der Führungspositionen beachtet, wird ein männlicher Kandidat die Gerichte mit Blick auf das AGG erfolgreich anrufen (§§ 1, 6, 22 AGG). Hier beißen sich offenbar zwei gutgemeinte Linien des rechtspolitischen Zeitgeistes. » weiterlesen

Der Teilzeitvorstand und sein Dienstvertrag

Kann ein Mitglied der Geschäftsführung einer GmbH oder des Vorstands einer AG in Teilzeit tätig sein? Grundsätzlich soll zwar die ganze Arbeitskraft der Top-Führungskraft dem Unternehmen gewidmet werden. Das gilt für den Regelfall, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Der insbesondere im Konzern vorkommende Mehrfach-Geschäftsführer/-Vorstand zeigt, dass eine Aufteilung möglich ist. Eine Reduktion der auf eine Gesellschaft bezogenen Arbeitszeit ist also auch bei Organpersonen nicht ausgeschlossen. Eine Teilzeitvorstandschaft wäre familienfreundlich und würde die gesellschaftspolitisch gewünschte Beförderung von Frauen in die Leitungsorgane flankieren. Freilich sind die organschaftlichen Pflichten nicht auszublenden. Immerhin gilt das Prinzip der Gesamtverantwortung. Wenn eine dringende Beschlussfassung ansteht, kann das arbeitsfreie Mitglied der Geschäftsleitung gehalten sein, daran mitzuwirken. In diesem Sinne besprechen die Kommentare die Pflichtenlage beurlaubter und dienstbefreiter Organpersonen. Der Pflicht zum Insolvenzantrag wäre jedenfalls nicht mit dem Hinweis auf Freizeittage zu entkommen. » weiterlesen

BGH stärkt Stellung des Geschäftsführers bei Haftungsfällen aus fehlerhafter Steuerberatung

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Die Haftung und Haftungsbeschränkung von Geschäftsführern ist immer wieder Gegenstand von Rechtsprechung und Literatur. Wird ein Mitglied der Geschäftsführung in Anspruch genommen, so stellt sich für ihn bzw. sie die Frage, ob er oder sie Berater der GmbH in Anspruch nehmen kann, wenn diese falsch beraten haben und die Haftung der Geschäftsführung darauf beruht. Dies ist selbstverständlich dann der Fall, wenn direkt mit dem Geschäftsführer ein Beratungsmandat abgeschlossen wurde. Allerdings ist dies in den seltensten Fällen so, vielmehr wird in aller Regel der Beratungsvertrag mit der GmbH geschlossen, für die das Mitglied der Geschäftsführung als Organ tätig ist. Fraglich ist daher, ob über die Konstruktion des „Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ ein Rückgriff des in Anspruch genommen Geschäftsführers gegenüber den Beratern möglich ist.

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Die Geschäftsführerauswahl und das AGG

Inwieweit gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für Organmitglieder von Kapitalgesellschaften? § 6 Abs. 3 AGG ordnet eine entsprechende Geltung an, die sich auf „Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg“ bezieht. Das OLG Karlsruhe befand am 13.9.2011 (DB 2011, 2256) über den Fall einer Bewerberin, die sich vergeblich auf eine Stellenanzeige für einen „Geschäftsführer“ beworben hatte. Ihr wurde wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung ein Strafschadensersatz i.H. eines Monatsgehalts (ca. 13 000 €) zugesprochen. Das OLG Karlsruhe erklärt mit einem einzigen Satz den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des AGG gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 3 für eröffnet. Das Gericht umgeht die vorgelagerte Frage, ob sich der „Zugang zur Erwerbstätigkeit“ nur auf den entgeltlichen Dienstvertrag bezieht, während die Bestellung als korporativer Akt gerade nicht dem AGG-Reglement unterfällt. » weiterlesen

Han­deln­den­haf­tung des Geschäftsführers bei wirt­schaft­li­cher Neu­gründung

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Trotz Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) spielt im Wirtschaftsleben der Kauf von Vorratsgesellschaften nach wie vor eine wichtige Rolle, stellen Vorratsgesellschaften doch eine einfache und rasche Möglichkeit zum Aufbau einer Gesellschaft dar. Unter Vorratsgesellschaft versteht man eine Gesellschaft, die entweder von einem Unternehmen selbst oder einem kommerziellen Dienstleister gegründet wurde, zu dem Zweck, sie selbst zu einem späteren Zeitpunkt schnell einsetzen oder einem Erwerber, z. B. einem Investor aus dem Ausland, rasch zur Verfügung stellen zu können. » weiterlesen

Keine Geschäftsführerhaftung bei Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife

RA/StB/FBIStR Prof. Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg

Mit Urteil vom 25. 1. 2011 (Az. II ZR 196/09, DB 2011 S. 462) stellte der BGH fest, dass der Geschäftsführer nicht nach § 64 Satz 1 GmbHG haftet, wenn er die Zahlung rückständiger Umsatz- und Lohnsteuern sowie rückständiger Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nach Eintritt der Insolvenzreife leistet. In dem vorliegenden Fall hatte der von dem Insolvenzverwalter auf Ersatz der geleisteten Zahlungen verklagte Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft rückständige Steuern und rückständige Sozialversicherungsbeiträge an das zuständige Finanzamt beziehungsweise eine gesetzliche Krankenkasse geleistet. » weiterlesen

Haftung des faktischen Geschäftsführers in Sanierungssituationen

Eine neue Entscheidung des OLG München (Urteil vom 8. 9. 2010 – 7 U 2568/10) wirft ein Schlaglicht auf die schillernde Figur des faktischen Organs im Verantwortlichkeitsrecht der GmbH: Der Insolvenzverwalter der insolventen Könemann Verlagsgesellschaft mbH (KVG) hatte den Beklagten als faktischen Geschäftsführer der KVG auf Zahlung von 40 Mio. € in Anspruch genommen. Der Beklagte führte als Komplementär die Langenscheidt KG, die über eine Beteiligungsgesellschaft Geschäftsanteile in Höhe von 37,5% an der KVG erworben hatte. Zudem hatte sich die Langenscheidt KG mit einer stillen Einlage von etwa 20 Mio. € an der KVG beteiligt. Als sich die finanzielle Krise der KVG zuspitzte, schaltete sich der Beklagte durch verschiedene interne und externe Handlungen in deren Geschäftsführung ein. Der klagende Insolvenzverwalter sah bei dieser Sachlage die Voraussetzungen einer faktischen Organschaft als gegeben an und nahm den Beklagten nach § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. (= § 64 Satz 1 GmbHG n. F.) auf Erstattung von Zahlungen in Anspruch, die nach Eintritt der Insolvenzreife der KVG gezahlt worden sein sollen. » weiterlesen