Die Begriffe „Junior Consultant“ und „Berufseinsteiger“ indizieren keine Altersdiskriminierung

RA Dr. Thomas Gennert, McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP, Düsseldorf

RA Dr. Thomas Gennert, McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP, Düsseldorf

Erneut musste sich ein Landesarbeitsgericht mit der Frage beschäftigen, ob bestimmte Formulierungen in Stellenausschreibungen Indizien für eine Altersdiskriminierung von potentiellen Stellenbewerbern nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellen.

Konkret ging es im Urteil des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.11.2015 – 6 Sa 68/14), dessen Entscheidungsgründe inzwischen veröffentlicht wurden, um die Begriffe „Junior Consultant“ und „Berufseinsteiger“. » weiterlesen

Mindestgröße für Piloten – Lufthansa zahlt

RAin/FAinArbR Constanze Grosch, BMH Bräutigam, Berlin

RAin/FAinArbR Constanze Grosch, BMH Bräutigam, Berlin

Viele haben gespannt auf das BAG-Urteil in Sachen AGG-Klage einer abgewiesenen Bewerberin für eine Pilotenausbildung bei der Lufthansa gewartet. Nun hat die Klägerin die Klage am 18.2.2016 gegenüber der Lufthansa Flight Training (einer Tochtergesellschaft) zurückgenommen (Geschäftszeichen des BAG: 8 AZR 770/14) und sich mit der Lufthansa selbst am 18.2.2016 auf die Zahlung eines Betrags von 14.175 € geeinigt (Geschäftszeichen des BAG: 8 AZR 638/14). » weiterlesen

Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder

Dr. Paul de Beauregard

RA/FAArbR Dr. Paul Melot de Beauregard, LL.M., Partner, McDermott Will & Emery, München

Mit Urteil vom 21. 5. 2014 – 4 AZR 50/13, DB0662592 u.a. entschied der für Tarifsachen zuständige Vierte Senat des BAG, dass es keinen Bedenken begegnet, wenn ein Arbeitgeber in einem Tarifvertrag den Mitgliedern der entsprechenden Gewerkschaft eine sog. „Erholungsbeihilfe“ in Höhe von EUR 200 gewährt, anderen Arbeitnehmern dagegen nicht. Insbesondere hätten die übrigen Mitarbeiter keinen Anspruch aus dem sog. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das BAG hat diese Entscheidung einer Presseerklärung für würdig erachtet. Sie bringt zwar nichts Neues, doch ist sie ein weiteres Beispiel für den seit einigen Jahren unter dem Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden bereits begonnenen Schwenk des Senats hin zur erlaubten Ungleichbehandlung von Gewerkschaftsmitgliedern. » weiterlesen

Rentennahe Mitarbeiter ziehen bei Sozialplanabfindungen den Kürzeren

Eva Wißler, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei Schmalz Rechtsanwälte, Frankfurt

Eva Wißler, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei Schmalz Rechtsanwälte, Frankfurt

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält die Gestaltungshoheit von Arbeitgebern und Betriebsräten bei Sozialplanabfindungen weiter hoch. Am 26. 3. 2013 hat das BAG entschieden, dass die Abfindung eines über 58-jährigen Mitarbeiters eines Luft- und Raumfahrtunternehmens nach einer anderen Formel berechnet werden darf als die Abfindung für jüngere Mitarbeiter. Sozialpläne dürfen bei der Bemessung der Abfindungssumme die Möglichkeit der Mitarbeiter berücksichtigen, eine vorgezogene gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen zu können. Dies gilt auch dann, wenn der vorzeitige Rentenbezug für den betroffenen Mitarbeiter eine lebenslange Rentenkürzung zur Folge hat, im entschiedenen Fall in Höhe von 7,2%. Der seit knapp 37 Jahren im Unternehmen angestellte Mitarbeiter empfand die Bestimmungen im Sozialplan als altersdiskriminierend, weil diese eine andere Formel für die Abfindungsberechnung für über 58-jährige Mitarbeiter vorsahen. Dies führte dazu, dass der betreffende Mitarbeiter nach der für ihn anwendbaren Formel nur eine Abfindung von rund 5.000 Euro erhielt, während die reguläre Formel eine Zahlung in Höhe von rund 235.000 Euro ergeben hätte. Die Differenz machte er gerichtlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend. » weiterlesen

Kein Auskunftsanspruch abgelehnter Bewerber – aber eine Auskunftsempfehlung für Arbeitgeber

Dr. Gudrun Germakowski, RAin, FAinArbR, McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP, Düsseldorf

Ein abgelehnter Bewerber hat keinen Anspruch auf Auskunft darüber, warum er den erhofften Arbeitsplatz nicht erhalten hat.

Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG schreiben einen solchen Anspruch auch dann nicht vor, wenn kein Grund für die fehlende Berücksichtigung des Bewerbers ersichtlich ist. Dies sagt die Entscheidung des EuGH vom 19. 4. 2012 (Az.: C-415/10 „Meister“, DB0470840). Dem Urteil liegt eine Vorlage des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zugrunde. » weiterlesen

Diskriminierungsvorwürfe bei Nichteinstellung: Auskunftsansprüche abgelehnter Bewerber?

 

RA Dr. Hans-Peter Löw, Partner, Allen & Overy, Frankfurt/M.

Mit den viel beachteten Schlussanträgen vom 12. 1. 2012 verneint der Generalanwalt des EuGH in der Rechtssache Galina Meister (C 415/10) einen allgemeinen Auskunftsanspruch für abgelehnte Bewerber über den erfolgreichen Konkurrenten, weil sich der abgelehnte Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) benachteiligt fühlt. Kann die Praxis jetzt aufatmen? Dafür besteht leider kein Grund. Die Sache ist nämlich komplizierter: Das Schweigen des Arbeitgebers bleibt nicht notwendig ohne rechtliche Folgen. » weiterlesen

Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine betriebsbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Mit anderen Worten: Die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl ist in Zusammenhang mit dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung unabdingbare Voraussetzung. » weiterlesen

Die Geschäftsführerauswahl und das AGG

Inwieweit gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für Organmitglieder von Kapitalgesellschaften? § 6 Abs. 3 AGG ordnet eine entsprechende Geltung an, die sich auf „Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg“ bezieht. Das OLG Karlsruhe befand am 13.9.2011 (DB 2011, 2256) über den Fall einer Bewerberin, die sich vergeblich auf eine Stellenanzeige für einen „Geschäftsführer“ beworben hatte. Ihr wurde wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung ein Strafschadensersatz i.H. eines Monatsgehalts (ca. 13 000 €) zugesprochen. Das OLG Karlsruhe erklärt mit einem einzigen Satz den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des AGG gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 3 für eröffnet. Das Gericht umgeht die vorgelagerte Frage, ob sich der „Zugang zur Erwerbstätigkeit“ nur auf den entgeltlichen Dienstvertrag bezieht, während die Bestellung als korporativer Akt gerade nicht dem AGG-Reglement unterfällt. » weiterlesen

Sind feste Altersgrenzen für alle Berufsgruppen pauschal noch haltbar?

Daniela Gunreben, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Rödl & Partner Nürnberg

RAin/FAArbR Daniela Gunreben, Rödl & Partner Nürnberg

Das vollständige Flugverbot für Verkehrspiloten über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus ist eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gab in seinem Urteil vom 13. 9. 2011 (Az. Rs. C-447/09, DB0458798) der Klage von drei Piloten gegen eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa AG statt. Der Tarifvertrag ging hier weiter als die gesetzliche deutsche und internationale Regelung (LuftVZO i. V. mit IAR-FCL), die im Alter von 60 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur eine Einschränkung vorsah. » weiterlesen

Sozialplanabfindungen dürfen für ältere Arbeitnehmer höher ausfallen

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz und insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) finden in den unterschiedlichsten Bereichen des Arbeitsrechts Anwendung. Vor allem auch kollektivrechtliche Regelungen, wie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, aber auch Interessenausgleichsvereinbarungen und Sozialpläne müssen den entsprechenden Maßstäben gerecht werden. So finden sich in der betrieblichen Praxis regelmäßig Sozialpläne, bei denen die Höhe der Sozialplanabfindungen proportional zum Alter und/oder zu der Betriebszugehörigkeit steigen, in Rentennähe indes wieder abnehmen. » weiterlesen