GmbH-Gründung durch Videochat mit dem Notar – das DiRUG kommt

Was vor „Corona“ die Ausnahme war, ist jetzt selbstverständlich: die Videokommunikation. Daher empfindet man es nicht mehr als Sensation, dass künftig die GmbH-Gründung mittels Videokommunikation mit dem Notar möglich sein soll. Warum auch nicht? Doch der Reihe nach: Das Bundesjustizministerium macht sich daran, die Digitalisierungs-Richtlinie (DigRL) der EU in das deutsche Recht umzusetzen. Zu diesem Zweck hat das BMJV jetzt einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) vorgelegt (der innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt ist). Das Gesetz soll bis zum 1.August 2022 in Kraft treten (Art. 30 – Verlängerungsoption nach Art. 2 Abs. 3 DigRL) und für die GmbH ab dem 1. August 2023 anzuwenden sein (Art. 23). Da bleibt also noch genügend Zeit, um sich gründlich auf die „Revolution“ vorzubereiten. » weiterlesen

Der Sportwettenbetrug und die Registeranmeldung als Geschäftsführer

Weniger wegen der praktischen (wer wird schon wegen Sportwettenbetrugs zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt?), sondern wegen der rechtsmethodischen Bedeutung sei auf einen Beschluss des OLG Oldenburg v. 8.1.2017 (12 W 126/17) aufmerksam gemacht. Da möchte ein GmbH-Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen werden (wie es sich gehört, § 39 I GmbHG). Das Registergericht verlangt, dass der Geschäftsführer versichert, keinen der Tatbestände des § 6 II S. 2 GmbHG zu erfüllen (§ 39 III 1 GmbHG). Schlägt man im Gesetz nach, dann findet sich dort der Verweis auf „§§ 265b bis 266a“ StGB (§ 6 II 2 Buchstabe e, zweite Alt. GmbHG). Als dieser Verweis im Jahr 2008 in das Gesetz gelangte, gab es die §§ 265c-265e StGB (Sportwettenbetrug) noch nicht – diese wurden erst 2017 eingefügt. Bezieht sich jetzt die Verweisung statisch auf den damaligen StGB-Stand oder dynamisch auf den aktuellen StGB-Stand? Darüber dürfte der BGH zu entscheiden haben, denn die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen. » weiterlesen

BGH zur Einberufung der Gesellschafterversammlung durch abberufenen Geschäftsführer

In Gesellschafterkonflikten bei der GmbH kommt es vielfach auf den Geschäftsführer an. Er ist für die Einberufung und die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung zuständig, zuweilen auch für deren Leitung. Über die Abberufung des Geschäftsführers wird daher gerne gestritten. Während dieses Rechtsstreits bleibt er nicht selten im Handelsregister eingetragen. Denn die fragliche Beendigung des Amtes lässt sich im Register oft nicht durchsetzen, wenn darüber ein Prozess im Gange ist. Dann bleibt es bei seiner Vertretungsbefugnis der GmbH gegenüber gutgläubigen Dritten (§ 15 Abs. 1 HGB). Ob auch gesellschaftsinterne Vorgänge, etwa die Pflege der Gesellschafterliste, daran hängen, ist wenig geklärt. Für einen sehr wichtigen Anwendungsfall liegt aber jetzt eine höchstrichterliche Entscheidung vor. Der BGH hat entschieden (Urteil vom 8. November 2016 – II ZR 304/15), dass die Registerstellung alleine nicht ausreicht, um korrekt eine Gesellschafterversammlung einzuberufen: „§ 121 Abs. 2 Satz 2 AktG ist auf die Einberufungsbefugnis des Geschäftsführers einer GmbH nicht entsprechend anwendbar“ (amtl. Leitsatz).

» weiterlesen

EU-Aktivitäten im Bereich Digitalisierung und Unternehmensrecht

Die Digitalisierung im Unternehmensrecht war bislang im Wesentlichen auf zwei Felder beschränkt: Handelsregister und Hauptversammlung. Hier haben sich in den letzten zehn Jahre große Fortschritte ergeben. Die Handelsregister sind mittlerweile elektronisch geführt und abrufbar, die Hauptversammlung kann ggf. „im Wege elektronischer Kommunikation“ (§ 118 I 2 AktG) besucht werden. Jetzt wird eine neue Stufe gezündet. Die EU-Kommission greift die Digitalisierung im Unternehmensrecht insgesamt auf und bereitet für das kommende Jahr einen Rechtsakt dazu vor. Erste Schritte bestehen in Studien, die derzeit angefertigt werden bzw. wurden. Dann dürfte eine öffentliche Konsultation folgen. Das erklärte politische Ziel („Prioritäten der Kommission“) ist der digitale Binnenmarkt, der eine digitale Wirtschaft als Wachstumsmotor zur Grundlage hat.

» weiterlesen

EuGH zur grenzüberschreitenden Umwandlung („VALE“)

Der EuGH hat am 12.7.2012 entschieden, dass die grenzüberschreitende Umwandlung (Wechsel in eine ausländische Rechtsform) grundsätzlich möglich ist. Darunter ist die Verlegung des Satzungs-/Registersitzes zu verstehen. Die Gesellschaft erlischt im Herkunftsstaat (nach dessen Regeln) und entsteht neu im Aufnahmestaat (nach dessen Regeln). Der Witz an der Sache ist, dass Alt- und Neugesellschaft im Verhältnis Rechtsvorgänger/Rechtsnachfolger stehen (Universalsukzession) bzw. es sich (nach hiesiger Umwandlungsterminologie und -dogmatik) um denselben Rechtsträger handelt. » weiterlesen

Kleine GmbH künftig ohne Bundesanzeigerpublizität ihrer Bilanz

Kapitalgesellschaften, die „Kleinstbetriebe“ sind, können künftig von der Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse im elektronischen Bundesanzeiger (s. § 325 HGB) ausgenommen werden. Zur neuen Kategorie der Kleinstbetriebe gehören Unternehmen, die mindestens zwei der drei Schwellenwerte nicht überschreiten: 350.000 Euro Bilanzsumme, 700.000 Euro Jahresumsatz, zehn Mitarbeiter; in Deutschland sollen das über 1 Mio. sein. Die Änderungs-Richtlinie 2012/6/EU vom 14.3.2012 eröffnet die Option für die mitgliedstaatliche Gesetzgebung zur Befreiung von der regulären Offenlegung (gem. Richtlinie 78/660/EWG). Die Bundesregierung wird davon voraussichtlich Gebrauch machen; jedenfalls hat das BMJ die neue Richtlinie sehr gelobt und Berlin als treibende Kraft für die Ausnahmeregelung bezeichnet.

» weiterlesen

Haftung bei unterlassener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung

RA Horst Grätz, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 6. 3. 2012 – II ZR 56/10 einen weiteren Schritt zur Klärung der Haftung im Fall der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH getätigt. Bereits seit einiger Zeit ist klar, dass die Gesellschafter einer GmbH eine etwaige wirtschaftliche Neugründung der Gesellschaft gegenüber dem Handelsregister offenlegen müssen. Welche Folgen allerdings das Versäumnis der für die Haftung der Gesellschafter hat, ist noch nicht in allen Details entschieden.

Wirtschaftliche Neugründung bedeutet, dass entweder eine nicht mehr aktiv am Geschäftsleben teilnehmende GmbH (eine sog. Mantelgesellschaft) oder eine als leere Hülle gegründete Vorratsgesellschaft aufgekauft und durch diverse Satzungsanpassungen und Organisationsakte an die Bedürfnisse des Erwerbers angepasst wird, so z. B. die Anpassung des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes, Verlegung des Geschäftssitzes, Bestellung neuer Geschäftsführer etc. Ein zuvor unternehmensloser Rechtsträger wird wieder mit einem Unternehmen ausgestattet. Da dieser wirtschaftliche Neustart mit einer formellen Neugründung einer Gesellschaft vergleichbar ist, sind nach inzwischen ständiger Rechtsprechung die Gründungsvorschriften zum Teil entsprechend anwendbar, so auch die Kapitalaufbringungs- und Haftungsvorschriften in der Gründungsphase. So bedarf es bei der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG der Versicherung der Geschäftsführer über den ungeschmälerten Bestand des Stammkapitals. Ist im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung das Gesellschaftsvermögen nicht mehr in dem Umfang des satzungsmäßigen Stammkapitals vorhanden, ist das Gesellschaftsvermögen wieder bis zu dieser Grenze aufzufüllen (sog. Unterbilanzhaftung). » weiterlesen

Eintragungsfähigkeit von Gewinnabführungsverträgen bei der GmbH

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Die Eintragungsfähigkeit von Unternehmensverträgen, also insbesondere Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträgen, ist gesetzlich nur für die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien geregelt (vgl. § 294 AktG). Für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gibt es dagegen keine gesetzliche Regelung. Allerdings ist von der herrschenden Meinung anerkannt, dass eine Eintragung von Unternehmensverträgen ins Handelsregister dann notwendig ist, wenn der Unternehmensvertrag materiell einer Satzungsänderung gleichkommt und damit die hierfür geltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG) anzuwenden sind. Zur Frage, auf welche Unternehmensverträge dies zutrifft, herrscht jedoch weitgehend Unsicherheit. » weiterlesen