Jahresrückblick 2012 und Ausblick 2013

Das Jahr 2012 ist aus unternehmensrechtlicher Warte ohne Höhepunkte verlaufen. Die Gesetzgebung hat eine Pause eingelegt. Die Aktienrechtsnovelle, vgl. Merk­ner/Schmidt-Ben­dun, DB 2012, 98   (zuerst 2011, dann 2012) ändert abermals ihre Jahreszahl und wird wohl im Jahr 2013 das eine und andere renovieren (auch im Umwandlungsrecht). Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) ist überwiegend am 1. 3. 2012 in Kraft getreten und hat neben einem lebhaften fachwissenschaftlichen Echo (z.B. Brinkmann DB 2012, 1313; Marotzke, DB 2012, 560; Vallender, DB 2012, 1609) schon einige praktische Anwendung erfahren. Rechtspolitisch hat die Geschlechterquote für den Aufsichtsrat/Vorstand die Gemüter bewegt, was sich im Wahljahr 2013 fortsetzen dürfte. Der 69. Deutsche Juristentag lehnt eine gesetzliche Quotierung ab, im Übrigen fasste er moderate Beschlüsse zur Corporate Governance. » weiterlesen

„Crisis Management Directive“ – Ein letzter Wille, der es in sich hat

RA Dr. Berthold Kusserow, LL.M. (McGill), Partner, Allen & Overy LLP

Kürzlich veröffentlichte die Europäische Kommission den mit Spannung erwarteten Entwurf einer RL „zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen“, die unter dem Namen „Crisis Management Directive“ (CMD) bekannt wurde. Sie erweitert bereits bestehende Krisenbewältigungstools erheblich und verpflichtet Banken und Finanzdienstleister (Institute), sich präventiv mit möglichen Krisenszenarien auseinanderzusetzen – wie dies in den USA und in UK heute schon verpflichtend ist.

Institute müssen unter der CMD einen sog. „Living Will“ (Sanierungsplan) erstellen, der auf der Basis unterschiedlicher (Krisen-)Szenarien Rettungsmaßnahmen und deren Umsetzung aufzeigt. Er unterscheidet sich grundlegend von den im deutschen Recht vorgesehenen Krisenbekämpfungs- und -bewältigungsplänen, insbesondere auch vom deutschen Sanierungs- bzw. Reorganisationsplan gemäß den Regelungen des Kreditinstitute-Reorganisationsgesetzes. Ein „Living Will“ ist präventiv vorzuhalten und laufend zu aktualisieren. Er beinhaltet Vorkehrungen und Maßnahmen, die es dem Institut im Falle einer wesentlichen Verschlechterung seiner Finanzlage ermöglichen, seine langfristige Lebensfähigkeit wiederherzustellen.

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Sanierungsfalle Vorsatzanfechtung?

RA Dr. Sven-Holger Undritz, Partner, White & Case Insolvenz GbR, Hamburg

Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), das in weiten Teilen am 1. 3. 2012 in Kraft tritt, schafft mehr Freiräume für eine Sanierung innerhalb des Insolvenzverfahrens. Die Rahmenbedingungen für eine Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens bleiben von den Reformbemühungen unberührt. Die außergerichtliche Sanierung kann von den Beteiligten im Ausgangspunkt unverändert mit den Mitteln des Vertragsrechts frei gestaltet werden, insbesondere können die Beteiligten ihre eigenen Sanierungsbeiträge durch vertragliche Vereinbarungen weitgehend frei bestimmen. Die Unternehmenssanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens verspricht daher ein äußerstes Maß an Flexibilität und Effizienz. Gelingt die Sanierung, lösen sich die für Sanierungssituationen typischen Interessengegensätze der Beteiligten in Wohlgefallen auf.

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Liberalisierung der Auswahl bei Insolvenzverwaltern

Am 23. 2. 2011 hat die Bundesregierung ihren Entwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vorgelegt. Er soll im Juni 2011 zur Abstimmung in den Bundestag und Anfang September 2011 in den Bundesrat eingebracht werden. Die Reform will u. a. die Instrumente zur Sanierung überlebensfähiger Unternehmen verbessern. Durch die Einführung eines dem amerikanischen Chapter-11-Verfahren vergleichbaren „Schutzschirmverfahrens“ sowie mit einer Stärkung der Eigenverwaltung werden zusätzliche Anreize für eine rechtzeitige Einleitung von Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen geschaffen. Zugleich ist eine stärkere Mitwirkung der Gläubiger vorgesehen: So sollen für das Insolvenzplanverfahren die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital („Debt-Equity-Swaps“) erleichtert und Eingriffe in die Rechte von Altgesellschaftern ermöglicht werden. Besonders wichtig  ist die stärkere Beteiligung der Gläubiger an der Auswahl des Verwalters.

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Haftung des faktischen Geschäftsführers in Sanierungssituationen

Eine neue Entscheidung des OLG München (Urteil vom 8. 9. 2010 – 7 U 2568/10) wirft ein Schlaglicht auf die schillernde Figur des faktischen Organs im Verantwortlichkeitsrecht der GmbH: Der Insolvenzverwalter der insolventen Könemann Verlagsgesellschaft mbH (KVG) hatte den Beklagten als faktischen Geschäftsführer der KVG auf Zahlung von 40 Mio. € in Anspruch genommen. Der Beklagte führte als Komplementär die Langenscheidt KG, die über eine Beteiligungsgesellschaft Geschäftsanteile in Höhe von 37,5% an der KVG erworben hatte. Zudem hatte sich die Langenscheidt KG mit einer stillen Einlage von etwa 20 Mio. € an der KVG beteiligt. Als sich die finanzielle Krise der KVG zuspitzte, schaltete sich der Beklagte durch verschiedene interne und externe Handlungen in deren Geschäftsführung ein. Der klagende Insolvenzverwalter sah bei dieser Sachlage die Voraussetzungen einer faktischen Organschaft als gegeben an und nahm den Beklagten nach § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. (= § 64 Satz 1 GmbHG n. F.) auf Erstattung von Zahlungen in Anspruch, die nach Eintritt der Insolvenzreife der KVG gezahlt worden sein sollen. » weiterlesen

Paradigmenwechsel bei der Sanierung von Kreditinstituten

Dr. Tim Oliver Brandi, Partner der internationalen Sozietät Hogan Lovells, Frankfurt/M.

Zum Jahreswechsel 2010/2011 ist das Restrukturierungsgesetz mit seinen Regelungen zum neuen Restrukturierungsfonds, zur Bankenabgabe, zum Sanierungs- und Reorganisationsverfahren für Kreditinstitute und den erweiterten aufsichtsrechtlichen Restrukturierungsbefugnissen der BaFin in Kraft getreten. Das neue Instrumentarium zur Sanierung und Reorganisation von Kreditinstituten ist als ein sinnvoller Paradigmenwechsel zu begrüßen. Es ist geeignet, negative Anreizwirkungen („moral hazard“) für Geschäftsleitung, Anteilseigner und Gläubiger hybrider Finanzierungsinstrumente von systemrelevanten Kreditinstituten zu verringern, die darauf beruhen, dass sie nach bisheriger Rechtslage davon ausgehen konnten, dass der Staat das Institut als „too big too fail“ ansehen und durch staatliche Stützungsmaßnahmen auffangen würde. » weiterlesen

Befristete Patronatserklärungen als (un)taugliches Sanierungsinstrument ?

RA Dr. Christian Tetzlaff, Partner bei Dr. Tetzlaff & Partner, Radebeul

In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat der II. Zivilsenat des BGH (Urteil vom 20. 9. 2010 – II ZR 296/08, DB 2010 S. 2381) Möglichkeiten aufgezeigt, wie der Patron auch in der Krise der Tochtergesellschaft die Patronatserklärung fristlos kündigen kann, um dadurch seine Haftung gegenüber der Tochtergesellschaft (bzw. dem Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft) zu beschränken. So erfreulich diese Entscheidung aus Sicht der Muttergesellschaft auch ist, sind die Aussagen des BGH für die Sanierungspraxis durchaus sehr gefährlich. Der BGH fordert die Praxis regelrecht dazu auf, bei Überschuldungssituationen zu befristeten Patronatserklärungen zu greifen. Diese können aber eine Überschuldung gerade nicht beseitigen. » weiterlesen