Überschuldungsprüfung bei Start-ups: unverbindliche Finanzierungszusagen von Gesellschaftern

RA Judith Schmid, Counsel / RA Dr. Gesine von der Groeben, Partnerin bei Dentons

Für Start-ups sind Finanzierungszusagen ihrer Gesellschafter regelmäßig überlebenswichtig. Diese Zusagen bleiben aber häufig zunächst unverbindlich. Kürzlich hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 09.02.2022 – 12 U 54/21, DB 2022 S. 1829 dazu entschieden, was in einer solchen Konstellation bei der Überschuldungsprüfung zu beachten ist.

Gerade in dieser Situation begibt sich die Geschäftsführung eines Start-ups aber in die größte Gefahr. Nur, wenn die unverbindlich zugesagte Finanzierung tatsächlich kommt, ist der Geschäftsführer auch in der Lage, das Unternehmen solvent fortzuführen. Das häufige Szenario: Nach einigen Finanzierungsrunden und trotz (unverbindlicher) Zusagen weiterer Mittel durch die Gesellschafter ist doch Schluss. Es gibt keine weitere Finanzierung durch die Gesellschafter, das Start-up ist pleite. Das Unternehmen ist zwar möglicherweise nicht sofort zahlungsunfähig, aber dennoch überschuldet. Es besteht dann für den Geschäftsführer die Pflicht zur Insolvenzantragstellung.

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Beschränkte Haftung und Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung: Zwei Seiten derselben Medaille

RA Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV)

In der Lehman-Krise wurde der Überschuldungsbegriff nachhaltig aufgeweicht. Man befürchtete, dass durch eine temporäre Wertreduktion etwa von Anleihen und Aktien eine Überschuldung eintreten könnte und damit die Finanzinstitute zum Insolvenzantrag verpflichtet würden – also ein Dominoeffekt eintritt. Zehn Jahre später sind die Insolvenzantragpflichten in der Finanzwirtschaft gesondert, das heißt spezialgesetzlich geregelt. Es gibt keine Veranlassung mehr, die Überschuldung als Insolvenzantragsgrund auch zukünftig durch eine Prognoseentscheidung der Geschäftsleiter praktisch auszuschließen. Es bietet sich an, zum alten Überschuldungsbegriff zurückzukehren.

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Rücktrittsvereinbarungen: Insolvenzrechtliche Anforderungen weitestgehend geklärt

RA Dr. Steffen Kleefass, LL.M. (UC Hastings) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Hamburg

RA Dr. Steffen Kleefass, LL.M. (UC Hastings)
Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Hamburg

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einem Urteil vom 5. März 2015 (Az.: IX ZR 133/14, DB 2015 S. 732) zu den insolvenzrechtlichen Anforderungen an Rangrücktrittsvereinbarungen geäußert und darin einige in der Rechtslehre bisher umstrittene Fragen geklärt. Rangrücktrittsvereinbarungen sind nach herrschender Meinung Schuldänderungsverträge (§ 311 Abs. 1 BGB), durch die der Gläubiger eines Unternehmens sich bereit erklärt, im Falle der Insolvenz des Unternehmens seine Forderung erst nach Zahlung aller übrigen Verbindlichkeiten zu erhalten.

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Entfristung des insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffes

RA Dr. Peter de Bra, Partner, Schultze & Braun, Achern

Am 9. 11. 2012 hat der Deutsche Bundestag – versteckt im „Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess“ – in zweiter und dritter Lesung die Entfristung des insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffes (§ 19 Abs. 2 InsO) beschlossen. Der in Folge der Weltwirtschaftskrise mit Wirkung ab 18. 10. 2008 durch Art. 5 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes in die Insolvenzordnung eingefügte Wortlaut, der ursprünglich auf einen Zeitraum von zwei Jahren bis zum 31. 12. 2010 befristet war und zwischenzeitlich bis zum 31. 12. 2013 verlängert wurde, wird nun auch über das Jahresende 2013 hinaus unbefristet Bestand haben. Danach liegt Überschuldung (nur) vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

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