Leiharbeitnehmer: Kein Arbeitsverhältnis bei nicht nur vorübergehender Überlassung

Dr. Ulrike Schweibert Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

RAin Dr. Ulrike Schweibert,
FAArbR, Partnerin
SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

Das BAG hat mit Urteil vom 10. 12. 2013 (Az. 9 AZR 51/13, DB0638873 [PM]) eine lang erwartete Entscheidung zur Leiharbeit gefällt: Erfolgt der Einsatz eines Leiharbeitnehmers entgegen der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend, kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher dennoch nicht zustande. Leiharbeitnehmer können sich damit auch bei einer langen oder unbefristeten Einsatzdauer nicht auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher berufen.

Das BAG führt zur Begründung aus, der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis entstehen zu lassen. Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses sei lediglich bei einer fehlenden Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers vorgesehen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG). » weiterlesen

Dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ist verboten

RA, FAArbR Dr. Gero Ludwig, Partner, BMH Bräutigam, Berlin

RA, FAArbR Dr. Gero Ludwig, Partner, BMH Bräutigam, Berlin

Seit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 1. 12. 2011 enthält das Gesetz in § 1 Abs. 1 S. 2 die Aussage, die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolge vorübergehend. In früheren Fassungen sah das Gesetz zunächst noch konkrete zeitliche Grenzen für die Überlassung vor, die im Lauf der Jahre mehrmals erhöht, im Zug der Hartz-Gesetze dann aber beseitigt wurden. Seit der letzten Reform ist die damals auch mögliche dauerhafte Überlassung nicht mehr zulässig: In seinem Beschluss vom 10. 7. 2013 hat das Bundesarbeitsgericht (Az. 7 ABR 91/11, DB 2013 S. 2629) hierzu nun erstmals entschieden, dass der Gesetzgeber die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung verboten habe. Aus diesem Grund könne ein beim Entleiher bestehender Betriebsrat der Übernahme eines Leiharbeitnehmers widersprechen, wenn dieser dem Entleiher nicht lediglich vorübergehend überlassen werden solle. Bedauerlicherweise musste das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht konkretisieren, wann eine Überlassung noch vorübergehend ist, und hat diese Frage offengelassen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der potentielle Entleiher grundsätzlich entschieden, neue Stellen nur noch mit Leiharbeitskräften zu besetzen. Dementsprechend plante er, auf einem Stammarbeitsplatz unbefristet eine Leiharbeitnehmerin zu beschäftigen und teilte dies seinem Betriebsrat mit. Dieser verweigerte jedoch die Zustimmung zur Übernahme – zu Recht, wie das BAG nun entschieden hat. » weiterlesen

LAG Berlin-Brandenburg setzt Leiharbeit enge Grenzen

Rechtsanwältin Lioba Grünberg, Noerr LLP, Berlin

Die Arbeitnehmerüberlassung kommt nicht zur Ruhe. Der Gesetzgeber hat bei seiner letzten Novellierung des AÜG einige Änderungen und Ergänzungen vorgenommen, deren Bedeutung und Folgen in Literatur und Rechtsprechung strittig sind und in der Praxis für Unsicherheit sorgen.

So hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ergänzt, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher „vorübergehend“ erfolgt. Was aber ist „vorübergehend“? Und was gilt, wenn ein Leiharbeitnehmer nicht nur „vorübergehend“ überlassen wird? Das AÜG schweigt sich hierzu aus. Es enthält weder eine Definition, noch eine Rechtsfolgenanordnung für den Fall einer nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung. In der Literatur gibt es unterschiedliche Meinungen und eine höchstrichterliche Entscheidung, die in der Praxis für Klarheit sorgen würde, gibt es noch nicht – scheint durch zwei widersprüchliche Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg nun aber in greifbare Nähe zu rücken: » weiterlesen

Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes: Vorübergehende Überlassung – Der Nebel beginnt sich zu lichten

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Im Kalenderjahr 2011 hat der Gesetzgeber das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in vielerlei Hinsicht reformiert. Anlass für die Reform war einerseits der Zwang zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie Leiharbeit bis zum 5. 12. 2011, andererseits jedoch auch die teilweise sehr intensive Berichterstattung über vermeintliches Lohndumping durch Leiharbeit. Aber auch die vollumfängliche Geltung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für acht osteuropäische EU-Mitgliedstaaten zum 1. 5. 2011 hat den Gesetzgeber dazu bewogen, das AÜG zu überarbeiten.

Ein Baustein der Gesetzes-Reform ist die Neufassung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, wonach die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher nunmehr „vorübergehend“ erfolgen muss. Im Gegensatz dazu war es bisher zulässig, Arbeitnehmer unbefristet zu überlassen. Mit der zeitlichen Einschränkung auf eine vorübergehende Überlassung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, zu verhindern, dass Stammarbeitnehmer eines Betriebs durch Leiharbeitnehmer substituiert werden.

Leider hat es der Gesetzgeber – sei es unbewusst oder bewusst – versäumt, den Begriff „vorübergehend“ zu definieren. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die einzige Unsicherheit, mit der der Gesetzgeber den Anwender des Gesetzes allein lässt. » weiterlesen