Die Bundesregierung hat die Vorschläge von Wissenschaft und Praxis zur Einführung einer steuerlichen Förderung von FuE-Aufwendungen aufgegriffen. Dem Vernehmen nach sollen noch vor der Sommerpause konkrete Vorschläge präsentiert werden. Dabei wird es darum gehen müssen, unter den gegebenen finanziellen Restriktionen möglichst hohe Förderanreize zu setzen. Konkrete Vorschläge liegen auf dem Tisch.
Von den unterschiedlichen Formen einer steuerlichen FuE-Förderung ist aus innovationspolitischer und steuersystematischer Sicht eine Steuergutschrift in Erwägung zu ziehen, welche Aufwendungen für Grundlagenforschung, angewandte Forschung und experimentelle Entwicklung umfasst und zwar unabhängig davon, ob diese Aufwendungen im Unternehmen selbst (interne Aufwendungen) oder im Rahmen von Auftragsforschung (externe Aufwendungen) anfallen. Die Steuergutschrift ist rechtsformunabhängig allen Unternehmen (Kapitalgesellschaften / Personenunternehmen) zu gewähren. Ferner ist weder nach Größe noch Technologisierungsgrad der Unternehmen zu differenzieren.
Vorgaben zur Höhe der FuE-Förderung (d. h. Satz der Steuergutschrift) werden von wissenschaftlicher Seite nicht formuliert, sondern der Politik zur Entscheidung überlassen. Bei der erstmaligen Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung in Deutschland wird es u. a. auch darum gehen müssen, die damit verbundenen Steuerausfälle zu begrenzen. Ansatzpunkte bestünden etwa bei der Abgrenzung von FuE-Aktivitäten und FuE-Aufwendungen, der Ausgestaltung und Höhe der Steuergutschrift sowie bei der Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen, also etwa eine Begrenzung auf KMU. Selektive Begrenzungen der steuerlichen FuE-Förderung werfen jedoch zahlreiche Abgrenzungsfragen auf und verursachen zusätzliche Verwaltungskosten sowie Verzerrungen zwischen den unterschiedlichen Akteuren, die FuE-Investitionen durchführen. Derartige Differenzierungen sollten deshalb nicht vorgenommen werden, und das Maß der Förderung sollte ausschließlich über den Satz der Steuergutschrift geregelt werden.
BDI und BDA fordern eine Steuergutschrift von mindestens 10% auf sämtliche FuE-Aufwendungen, was zu geschätzten staatlichen Einnahmeausfällen von rund 3,37 Mrd. € führen könnte. Die strikten Sparzwänge begrenzen den finanziellen Spielraum zur Einführung einer zusätzlichen steuerlichen FuE-Förderung in Deutschland jedoch erheblich. Zudem bestehen Vorbehalte gegen den Einbezug einer im Ausland durchgeführten Auftragsforschung, da eine vollumfängliche Verwertung der Ergebnisse im Inland nicht sichergestellt ist.
Vor diesem Hintergrund könnte ein pragmatischer und administrierbarer Einstieg in eine steuerliche FuE-Förderung darin bestehen, die Steuergutschrift mit der abzuführenden Lohnsteuer für FuE-Personal zu verrechnen. Begünstigt sind danach in Deutschland forschende Unternehmen, und zwar unabhängig davon, ob sie FuE selbst oder als Auftragnehmer durchführen. Dies bedeutet, dass Auftragsforschung beim Auftraggeber keinen Fördertatbestand begründet. Als Bemessungsgrundlage der FuE-Förderung wären ausschließlich die Aufwendungen für FuE-Personal zu berücksichtigen, die bei durchschnittlicher Betrachtung rund 70% der gesamten FuE-Aufwendungen ausmachen. Die restlichen 30% fallen auf laufende Sachaufwendungen (ca. 20%) und Investitionsausgaben (ca. 10%). Eine Zuordnung dieser Kosten zur FuE-Tätigkeit dürfte häufig streitanfälliger sein als die Zuordnung der Personalaufwendungen. Zudem ist die Lohnsteuer durch die Finanzverwaltung flächendeckend gut administrierbar und kontrollierbar.
Die Steuergutschrift kann vom forschenden Unternehmen mit der abzuführenden Lohnsteuer für die betreffenden Mitarbeiter verrechnet werden; der Mitarbeiter rechnet die Lohnsteuer weiterhin vollständig auf seine tarifliche Einkommensteuer an. Neben einer Verringerung der Personalkosten ergibt sich hierdurch ein unmittelbarer monatlicher Liquiditätseffekt, der unabhängig von Ertragslage des Unternehmens ist. Gegenüber einer mit der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerschuld verrechenbaren Steuergutschrift liegt hierin ein beachtlicher zeitlicher Vorteil. Faktisch erfolgt die Entlastung durch die Steuergutschrift zeitgleich mit dem Anfall der Aufwendungen.
Über die Höhe der Steuergutschrift hat die Politik zu entscheiden. Steuerausfälle sollten ausschließlich durch Begrenzungen beim Satz der Steuergutschrift reguliert werden; beim Kreis der begünstigten Unternehmen sollten keine größenabhängigen Differenzierungen erfolgen. Neben dem Fördersatz könnten auch Kappungsgrenzen für den Umfang der zu berücksichtigenden Personalaufwendungen vorgesehen werden.
Eine solche Form der Steuergutschrift würde schließlich Impulse zur Beschäftigungsförderung in Deutschland setzen. Die Förderung begünstigt gezielt FuE und Beschäftigung in Deutschland und würde auch Auftragsforschung, die in Deutschland für ausländische Auftraggeber durchgeführt wird, einbeziehen. Eine Begünstigung von im Ausland durchgeführter Auftragsforschung für deutsche Unternehmen ist hingegen nicht erforderlich, da inländische Auftraggeber ebenfalls nicht für die Steuergutschrift qualifizieren. Die EU-rechtlichen Anforderungen aus den Grundfreiheiten dürften dieser Begrenzung auf inländische Beschäftigung nicht entgegen stehen. Sonderregelungen wären für FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Universitäten vorzusehen.