Was ist von den FDP-Steuerplänen zu halten?

Die am 13. 4. 2010 vorgestellten Steuerpläne der FDP sehen im Wesentlichen einen Ersatz des bisherigen Formeltarifs bei der Einkommensteuer durch einen Fünf-Stufen-Tarif mit unverändertem Eingangs- und Spitzensteuersatz vor. Dies diene der Steuervereinfachung und führt gleichzeitig zu einer Absenkung der Durchschnittssteuerbelastung. Darüber hinaus sollen die Gruppenbesteuerung (Organschaft) reformiert und GmbHs ein Optionsrecht zur Einkommensbesteuerung eingeräumt werden. Was ist von diesen Plänen zu halten?

Eine Reform der Gruppenbesteuerung wurde bereits im Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 in Aussicht gestellt. Hieran ist festzuhalten. Denn die sachlichen Voraussetzungen der Organschaft – der Ergebnis- bzw. Gewinnabführungsvertrag – sind unflexibel sowie streitanfällig. Zudem kollidiert die Begrenzung der Organschaft auf das Inland mit dem Europarecht; diese Kollisionen strahlen indirekt auf die Verlustverrechnung über die Grenze und die Zinsschranke aus.

Der Gedanke, (kleineren) Kapitalgesellschaften ein Optionsrecht zur Einkommensbesteuerung einzuräumen und hierdurch eine Gleichstellung mit Personengesellschaften zu erreichen, ist nicht neu. Er findet sich auch im steuerpolitischen Teil des FDP-Wahlkampfprogramms. Ein solches Optionsrecht führt aber weder zu einer rechtsformneutralen Besteuerung noch dient es dem der FDP so wichtigen Ziel einer Steuervereinfachung. Vielmehr wäre das Gegenteil der Fall. Es verwundert daher nicht, dass dieser Gedanke in Wissenschaft und Steuerverwaltungspraxis seit Jahren nicht weiter verfolgt wird.

Die angestrebte Reform des Einkommensteuertarifs fußt auf zwei Begründungen. Zum einen sei hierin ein Symbol für die versprochene Steuervereinfachung zu sehen. Allerdings darf Steuervereinfachung nicht erst am Tarif ansetzen. Ernst gemeinte Steuervereinfachung muss vielmehr die vorgelagerte Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Visier haben. Hierin ist die eigentliche Komplexität des Einkommensteuerrechts mit seinen sieben Einkunftsarten und mittlerweile zahlreichen weiteren Schedulen verborgen. Zum anderen geht es um Steuerentlastungen, konkret soll die Durchschnittssteuerbelastung, also die Relation von absoluter Steuerzahlung zum zu versteuernden Einkommen, sinken. Die Notwendigkeit einer Einkommensteuerentlastung wird indes nicht begründet. Zahlen Deutsche im Vergleich zu Einkommensteuerpflichtigen anderer Länder etwa zu viel Einkommensteuer? Festzustellen ist zunächst, dass der 14%ige Eingangssteuersatz der niedrigste in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist. Im Vergleich der EU-27 Mitgliedstaaten weisen nur vier Länder einen niedrigeren Eingangssteuersatz auf, der durchschnittliche Eingangssteuersatz beläuft sich auf 20%. Beim Spitzensteuersatz steht Deutschland mit 45% hingegen ungünstiger da, hier beträgt der EU-Durchschnitt lediglich 36%. Beim FDP-Konzept bleiben Eingangs- und Spitzensteuersatz unverändert. Aussagekräftiger ist die Durchschnittssteuerbelastung im internationalen Vergleich. Diese hängt bei progressivem Tarifverlauf bekanntlich von der Höhe des zu versteuernden Einkommens ab. Legt man hierbei einen Ledigen mit einem zu versteuernden Einkommen mit 25.000, 50.000, 75.000 oder 100.000 € exemplarisch zugrunde, ergeben sich in Deutschland Belastungen von 16,7%, 25,9%, 31,2% und 33,9%. Damit weist Deutschland im EU-Vergleich für mittlere und kleine Einkommen eine durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Belastung auf; die EU-Durchschnittswerte für 25.000 € betragen 19,7% und für 50.000 € 25,2%. Lediglich für höhere Einkommen ist die Belastung im EU-Ausland im Durchschnitt geringer, für zu versteuernde Einkommen von 75.000 bzw. 100.000 € ergeben sich Werte von 28,5% bzw. 30,4%.

Deutschland hat also international gesehen kein Tarif- und Belastungsproblem bei der Einkommensteuer. Offen bleibt auch, wie die zu erwartenden Steuerausfälle finanziert werden sollen. Die knappen Steuermittel werden an anderen Stellen dringender benötigt.

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