Ende April hat der EuGH eine weitere nationale Regelung als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gekippt (Az. Rs. C-510/08, DB 2010 S. 931). Dies betrifft sowohl Erbschaften und Schenkungen nach dem alten, bis 2008 geltenden Recht, als auch die neuen Vorschriften der Erbschaftsteuerreform 2009. Dabei geht es um nicht gerechtfertigte Nachteile, sofern Verstorbener und Erbe oder Schenker und Beschenkter im Ausland wohnen, da diese Personen unabhängig vom Verwandtschaftsgrad lediglich einen persönlichen Freibetrag von 2.000 € abziehen können – bis Ende 2008 waren es sogar nur 1.100 €. Leben die Parteien hingegen in München oder Hamburg, kann dieser bis zu 500.000 € betragen und sogar Nicht-Verwandte können hier einen Freibetrag von 20.000 € geltend machen.Diese Diskriminierung von sogenannten beschränkt Steuerpflichtigen haben die Luxemburger Richter als einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und damit als nicht mit dem EU-Recht vereinbar eingestuft. Denn durch die Regelung werden Bürger mit unterschiedlichem Wohnort verschieden behandelt, was eine gravierende Benachteiligung für Erben oder Beschenkte mit ausländischem Wohnort darstellt.
Der EuGH lehnte eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen ab, weil der Wohnort des Erben oder Beschenkten keinen objektiven Unterschied darstellt, der eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit rechtfertigt. Die Gleichbehandlung bezüglich der Steuerpflicht verlangt daher auch identische Freibeträge. In der Praxis dürfte dies zumeist Fälle betreffen, in denen Deutsche mit Eintritt des Ruhestands in den sonnigen Süden ziehen, Immobilien oder Anteile an Unternehmen jedoch zurück in Deutschland bleiben. Nunmehr kann zumindest derselbe Freibetrag wie bei inländischen Erbschaften und Präsenten geltend gemacht werden.
Allerdings verstößt nicht alles gegen EU-Recht. Wer beispielsweise ausländisches Sparguthaben erbt, darf im Ergebnis im In- und Ausland Erbschaftsteuer zahlen. Befinden sich die Konten oder Depots im Nachlass dagegen bei inländischen Banken, fällt die Steuer nur einmal an. Nach Auffassung des EuGH verstößt die zweifache Belastung nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Denn beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts ist Deutschland nicht verpflichtet, die Konflikte unterschiedlicher nationaler Steuersysteme zwingend lösen zu müssen (Az. C-67/08).