Unilaterale vs. bilaterale Steuerbefreiung – Vorrang des DBA mehrfach bestätigt!

Das FG Düsseldorf hat in einem soeben veröffentlichten Urteil (vom 16.06.2009, 8 K 3412/06 G, F) erneut sehr deutlich herausgearbeitet, dass die Normen eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Vorrang vor dem nationalen Recht haben. In der Sache stellt das FG klar, dass die DBA-rechtliche Freistellung von Dividendeneinnahmen auch für die Gewerbesteuer gilt und damit die nationale Hinzurechnungsvorschrift nach § 8 Nr. 5 Gewerbesteuergesetz (GewStG) verdrängt.

Konkurrierende Steuerbefreiungen für Dividenden

In grenzüberschreitenden Sachverhalten konkurrieren zwei Steuerbefreiungsnormen um den Anwendungsvorrang. Bilateral sprechen DBA regelmäßig Steuerbefreiungen ab einer Beteiligungsquote von i.d.R. 25% und für aus dem Ausland vereinnahmte Dividenden aus. Teilweise werden zusätzlich bestimmte aktive Aktivitäten der Tochtergesellschaft verlangt. Umgangssprachlich wird diese Steuerbefreiung in Deutschland häufig auch als Schachtelprivileg oder DBA-Schachtelprivileg bezeichnet. Das ist strenggenommen falsch, da es sich nicht um ein Privileg, sondern um eine notwendige und gebotene Maßnahme zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung handelt. Sachlich richtig ist daher die Bezeichnung der Beteiligungsertragsbefreiung, wie im österreichischen, schweizerischen oder niederländischen Recht.

Im reinen Inlandsfall regelt § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) diese Steuerbefreiung, ohne dabei eine Mindestbeteiligung, eine bestimmte Haltedauer oder eine besondere Aktivität der Tochtergesellschaft zu verlangen. Dem körperschaftsteuerlichen Einkommen werden im Gegenzug allerdings nach § 8b Abs. 5 KStG 5% der Beteiligungserträge als fiktive und (vermeintlich) nicht abzugsfähige Betriebsausgaben hinzugerechnet. Im selben Atemzug stellt das Gesetz klar, dass § 3c Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG), der ein Abzugsverbot für Ausgaben normiert, die mit steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen, auf nach § 8b KStG freigestellte Beteiligungserträge nicht anwendbar ist. Steuersystematisch ist dies zweifelsfrei richtig; da diese Einnahmen ja gar nicht steuerfrei sind, sondern nur deshalb nicht noch einmal auf der Ebene der Muttergesellschaft besteuert werden, weil sie auf Ebene der Tochter einer Körperschaftsteuer unterliegen. Sogenannte Streubesitzdividenden werden allerdings gewerbesteuerlich nach § 8 Nr. 5 GewStG hinzugerechnet und daher bewusst und systemwidrig doppelt mit Gewerbesteuer belastet.

Vorrang des DBA-Rechts

Mit seinem Urteil folgt das FG Düsseldorf der vom Bundesfinanzhof (BFH) in mehreren aktuellen Entscheidungen vorgezeichneten Linie. Nach § 2 Abgabenordnung (AO) ist die Normhierarchie eindeutig: Das DBA-Recht hat im grenzüberschreitenden Fall als lex specialis Vorrang vor dem nationalen Recht. Die Folge hiervon ist, dass für DBA-Schachteldividenden sowohl die gewerbesteuerliche Hinzurechnung als auch die 5%ige Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG nicht mehr greifen; soweit die Voraussetzungen der DBA-rechtlichen Steuerbefreiung vorliegen, schützt das DBA-Recht die Beteiligungserträge vor einer nochmaligen Besteuerung im Inland.

Folgeprobleme hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben

§ 8b Abs. 5 KStG stellte aber auch klar, dass § 3c Abs. 1 EStG nicht anzuwenden ist. Ist § 8b Abs. 5 KStG nun für DBA-Schachteldividenden nicht mehr anwendbar, so könnte man meinen, dass damit auch die gesetzliche Klarstellung zur Nichtanwendbarkeit von § 3c Abs. 1 EStG nicht mehr gilt. Das gäbe Raum für die Renaissance einer alten und leidigen Diskussion darüber, ob § 3c Abs. 1 EStG überhaupt auf steuerbefreite Beteiligungserträge anwendbar ist. Mehr dazu nächste Woche …

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