Die Gründe der Regierung Schröder, den Spitzensteuersatz zu senken, sind heute aktueller denn je

Derzeit überbieten Politiker aller Parteien sich darin, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes zu fordern. Ein höherer Spitzensteuersatz soll dafür sorgen, dass es bei den Anstrengungen zur Einhaltung der Schuldenbremse gerecht zugeht. Gegen Gerechtigkeit hat natürlich niemand etwas einzuwenden. Allerdings hilft der Appell an Gerechtigkeit in dieser Frage nicht wirklich weiter.

Die Einkommensteuer in Deutschland ist schon heute so progressiv, dass die zehn Prozent Steuerzahler mit dem höchsten Einkommen mehr als die Hälfte des gesamten Einkommensteueraufkommens zahlen. Ob Gerechtigkeit erfordert, dass diese Steuerzahler mehr zahlen, ob diese Belastung im Gegenteil ungerecht hoch oder gerade angemessen ist, darüber zu streiten ist nicht sehr fruchtbar. Jede Antwort auf diese Frage ist letztlich ein politisches Werturteil, dem notwendigerweise eine gewisse Willkür zu Grunde liegt.

Die Diskussion sollte sich eher auf die Gründe konzentrieren, welche die immerhin von Sozialdemokraten geführte Regierung unter Kanzler Schröder veranlasst haben, den Spitzensteuersatz von 53% auf 42% zu senken. Hier ging es nicht um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. Maßgeblich war die Überlegung, dass hohe Einkommensteuersätze unter Wachstums- und Beschäftigungsaspekten mehrere handfeste Nachteile haben. Erstens sind Unternehmen – und dabei nicht nur Kapitalgesellschaften – sowie zunehmend auch hoch qualifizierte Arbeitnehmer international mobil. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist im internationalen Wettbewerb um Talente und Kapital ein schlechtes Signal. Zweitens wirken hohe Steuersätze auch auf international weniger mobile Unternehmer und andere Leistungsträger demotivierend. Drittens treiben sie die Steuerpflichtigen in Steuergestaltungen, die den Fiskus viel Geld kosten und oft zu Fehlinvestitionen führen. Seit der Einführung der Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte kommt dazu, dass das Ziel, die Gruppe mit den höchsten Einkommen und Vermögen zu belasten, nur teilweise erreicht wird, weil in dieser Gruppe Kapitaleinkünfte eine große Rolle spielen.

Diese Gründe, hohe Spitzensteuersätze zu vermeiden, sind heute aktueller denn je. Vor allem die internationale Mobilität von Kapital, Unternehmern und Arbeitnehmern hat in den letzten zehn Jahren noch einmal deutlich zugenommen. Deshalb wäre es wirtschaftlich vernünftig, den Spitzensteuersatz dort zu lassen, wo er ist – inklusive Solidaritätszuschlag ist er zumindest im Bereich der “Reichensteuer” ohnehin nicht weit von 50% entfernt.

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