Hessen-Entwurf eines modernen Gruppenbesteuerungssystems

Vom hessischen Ministerium der Finanzen ist ein interessanter Entwurf zur Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems vorgestellt worden. Bemerkenswert an diesem Entwurf ist, dass die beiden fundamentalen Mängel der geltenden ertragsteuerlichen Organschaft aufgegriffen werden, nämlich die Notwendigkeit eines Gewinnabführungsvertrages und die überzogene Binnenorientierung.Zur Auflockerung der überzogenen Binnenorientierung sieht der Entwurf vor, dass als Gruppengesellschaften „unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland und inländische Betriebstätten von Kapitalgesellschaften aus anderen EU/EWR-Ländern“ fungieren können. Der Verzicht auf den doppelten Inlandsbezug (Sitz und Geschäftsleitung) sowie die Einbeziehung inländischer Betriebstätten ausländischer EU/EWR-Kapitalgesellschaften sind Schritte in die richtige Richtung. Ergänzt werden sollte diese Neuorientierung noch durch die Einbeziehung von beschränkt steuerpflichtigen Gruppenträgern aus anderen EU/EWR-Ländern, die eine inländische Betriebstätte unterhalten und die Beteiligungen an den Gruppengesellschaften zum Betriebsvermögen dieser Betriebstätten zählen.

Der Verzicht auf den Gewinnabführungsvertrag korrespondiert mit dem Übergang zu einem Gruppenbeitragsmodell nach finnischem Vorbild (Group-Contribution-System), wobei die Gruppenbeiträge als Betriebsausgaben bei der leistenden und als Betriebseinnahmen bei der empfangenden Einheit berücksichtigt werden, wobei bestimmte Restriktionen zu beachten sind. Der Verzicht auf den Gewinnabführungsvertrag ist ausdrücklich zu begrüßen, allerdings stellt sich die Frage, ob der Übergang zu einem Gruppenbeitragsmodell wirklich ein zukunftsweisender Weg ist. Zweifel ergeben sich insbesondere aus der Sicht von Minderheitsgesellschaftern sowie unter Praktikabilitätsaspekten wegen der Auseinanderentwicklung des  körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Regimes.

Ausgleichszahlungen benachteiligen die Minderheitsgesellschafter der leistenden Einheit und führen zu positiven Effekten bei den Minderheitsgesellschaftern der empfangenden Einheit. Zwar wird diese Problematik reduziert durch die Forderungen, dass der Gruppenträger an der Gruppengesellschaft mindestens 95% des Beteiligungskapitals und der Stimmrechte halten muss. Für die verbleibenden 5% bleibt die aufgezeigte Problematik bestehen und außerdem schränkt die 95 %-Hürde die Gruppenbildung unnötig ein.

Für Zwecke der Gewerbesteuer kann das Ergebnis des Gruppenbeitragsmodells nicht akzeptiert werden, deswegen sieht auch der Hessen-Entwurf Sonderregelungen für Zwecke der Gewerbesteuer vor, die in die Richtung eines Zurechnungsmodells zielen. Damit wird einer Auseinanderentwicklung der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft Vorschub geleistet, was unter praktischen und systematischen Aspekten problematisch ist.

In dem Entwurf wird ein weiteres zentrales Problem für die Fortentwicklung der Konzernbesteuerung in Deutschland angesprochen, nämlich die international unübliche Einbeziehung von Personenunternehmen in die Gruppenbesteuerung. Diese Einbeziehung von Personenunternehmen ist in Deutschland steuerpolitisch unverzichtbar, sie macht aber Sonderregelungen an der Grenze zwischen der körperschaftsteuerlichen und der einkommensteuerlichen Sphäre erforderlich, wenn auf den Gewinnabführungsvertrag verzichtet wird. In diesem Punkt muss weiterhin an sachgerechten Lösungen gearbeitet werden.

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