Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25. 5. 2009 wurde die Anwendung des Maßgeblichkeitsprinzips für die steuerliche Gewinnermittlung geändert. Danach ist steuerlich das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt. Damit gilt das Maßgeblichkeitsprinzip nur noch vorbehaltlich der abweichenden Ausübung steuerlicher Wahlrechte. Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass bestimmte Aufzeichnungspflichten (Führen von Verzeichnissen) erfüllt werden. Das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit, nach dem steuerliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuüben sind, wurde durch das BilMoG abgeschafft.
Unter Geltung des BilMoG stellt sich die Frage, ob es sich bei der Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG) um ein eigenständiges steuerliches Wahlrecht handelt, das unabhängig von der handelsrechtlichen Bilanzierung ausgeübt werden darf. Das BMF hat mit Schreiben vom 12. 3. 2010 zu der geänderten Anwendung des Maßgeblichkeitsprinzips Stellung genommen. Danach muss eine außerplanmäßige Abschreibung in der Handelsbilanz nicht zwingend in der Steuerbilanz durch eine Teilwertabschreibung nachvollzogen werden. Das BMF erkennt somit die Teilwertabschreibung als eigenständiges steuerliches Wahlrecht an, welches unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden kann.
Somit wird dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, eine Teilwertabschreibung zu unterlassen oder diese wieder aufzuholen, wenn zwar die handelsrechtlichen Voraussetzungen einer außerplanmäßigen Abschreibung gegeben sind, aber der steuerlich zwingend erforderliche Nachweis eines niedrigeren Teilwerts nicht erbracht wird. Steuerlich kann der Verzicht der Teilwertabschreibung vorteilhaft sein, wenn durch die Teilwertabschreibung ein Verlust entstünde oder sich erhöhte, der in den Folgejahren nur unter Berücksichtigung der Mindestbesteuerung genutzt werden könnte oder in Fällen des § 8c KStG anteilig bzw. vollständig unterzugehen drohte. Die Wertaufholung einer früheren Teilwertabschreibung kann insbesondere zur Nutzung von Verlustabzügen zweckmäßig sein.
Insbesondere bei Anteilen an Kapitalgesellschaften kann das Unterlassen einer Teilwertabschreibung zielführend sein, da diese bei der Ermittlung des Einkommens unberücksichtigt (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG) bleibt, während eine spätere Wertaufholung dem pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbot in Höhe von 5% unterliegen würde.
Das BMF versucht in seinem Schreiben diese Gestaltungsfreiheiten in gewisser Hinsicht einzugrenzen. Es sei zu prüfen, ob eine willkürliche Gestaltung vorliege, wenn der Steuerpflichtige eine Teilwertabschreibung vorgenommen habe und in einem darauf folgenden Jahr auf den Nachweis der dauernden Wertminderung mit dem Ziel einer Wertaufholung verzichte. Damit soll in erster Linie eine vom Steuerpflichtigen beabsichtigte Gewinnsteuerung durch sich wiederholende Abschreibungen und Wertaufholungen verhindert werden.
Geplante gesetzliche Regelung im Jahressteuergesetz 2010
In seiner Stellungnahme zum Entwurf des Jahressteuergesetztes 2010 (JStG 2010) hat der Bundesrat das Wahlrecht zur Teilwertabschreibung aufgegriffen. Der Bundesrat sieht insbesondere in der Prüfung der Frage, ob die Nichterbringung des Nachweises willkürlich erfolgte, einen großen Unsicherheitsfaktor. Da diese Prüfung nur auf Basis von Indizien erfolgen könne, kann dies sowohl für die Finanzverwaltung als auch für den Steuerpflichtigen zu Rechtsunsicherheiten führen.
Aus diesen Gründen soll nach der Stellungnahme des Bundesrates § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG durch das JStG 2010 dahingehend geändert werden, dass der Steuerpflichtige an ein einmal ausgeübtes Wahlrecht zur Teilwertabschreibung auch in den folgenden Wirtschaftsjahren gebunden ist, wenn die Gründe für die Wertminderung nicht entfallen sind. Die Fortführung einer vorgenommen Teilwertabschreibung wird somit nicht mehr an einen fakultativ zu erbringenden Nachweis geknüpft, sondern an das tatsächliche Weiterbestehen der Wertminderung.
Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit die mit der Änderung verbundenen Ziele der Rechtssicherheit, der administrativen Vereinfachung und der Verfestigung des Steueraufkommens erreicht werden können. Strebt der Steuerpflichtigen eine Wertaufholung an, bleibt es ihm unbenommen, den Wegfall der für die ursprüngliche Wertminderung maßgeblichen Gründe anzuführen. In diesen Fällen kommt es lediglich zu einer veränderten Prüfung seitens des Finanzamtes. Anstelle des Vorliegens einer willkürlichen Gestaltung muss das Finanzamt zukünftig prüfen, ob die Gründe für die Wertminderung auch tatsächlich entfallen sind. Die Frage, wer in solchen Fällen die Beweislast trägt, wird von hoher praktischer Relevanz sein. Auseinandersetzungen im Zuge einer Betriebsprüfung und der damit verbundene administrative Aufwand dürften sich insbesondere bei objektiv nur schwer nachweisbaren Werten nicht vermeiden lassen.